UV-GOÄ im Coronamodus: Behandlung von Arbeitsunfällen jetzt per Video möglich

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Aufgrund der aktuellen Umstände werden begründete Verzögerungen bei der Berichtspflicht akzeptiert. Aufgrund der aktuellen Umstände werden begründete Verzögerungen bei der Berichtspflicht akzeptiert. © agenturfotografin – stock.adobe.com

Die Coronapandemie hat auch in der Unfallversicherung zu Anpassungen geführt. Von einigen Vorgaben des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger kann nun abgewichen werden. Der Einsatz von Videosprechstunden ist übergangsweise möglich.

Die deutsche gesetzliche Unfallversicherung und der Sozialversicherungsverband für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau haben sich darauf verständigt, dass Vertragsärzte bis zum 30. Juni 2020 von Formfristen bei der Vergütung von Leistungen abweichen können.

Dies gilt z.B. bei der ärztlichen Unfallmeldung. So bleibt der Anspruch auf Erstattung der Berichtsgebühr auch dann bestehen, wenn die Berichte nicht unverzüglich erstattet wurden. Dies ist mit der Auflage verbunden, glaubhaft zu machen, dass die Abweichung durch die besondere Versorgungslage aufgrund der Coronapandemie bedingt ist. Wie diese Begründung erfolgen soll, haben die beiden Versicherungsträger offen gelassen.

Alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte – in der Regel sind dies die Hausärzte – sind verpflichtet, Patienten nach einem Arbeits- oder Wegeunfall zu behandeln. Sie übernehmen nur die Erstversorgung und lediglich bei leichteren Verletzungen auch die weitere allgemeine Heilbehandlung, sofern dies vom sog. Durchgangsarzt (D-Arzt) so veranlasst wurde.

Die Maßnahmen zur Erstversorgung sind nicht begrenzt, dürfen aber das „sofort Notwendige“ nicht überschreiten. Für die unfallbedingte Versorgung dürfen z.B. Schmerz- oder sonstige Arzneimittel sowie Verbandsstoffe verordnet werden. Dies erfolgt auf dem für den vertragsärztlichen Bereich geltenden Vordruck (Muster 16) unter Angabe des Unfallversicherungsträgers, des Unfalltages und des Unfallbetriebes.

 

Abrechnungsbeispiel für die ärztliche Erstversorgung einer Verletzung
Der Fall: Ein 32-jähriger Schlosser hat sich auf der Arbeit eine Schürfwunde an der rechten Hand zugezogen. So könnte (je nach Zeitpunkt und Umfang) seit dem 16. März 2020 die Abrechnung erfolgen.
UV-GOÄ Nr.
Legende (Kurzform)
Euro
Kosten
145Überweisung an D-Arzt (formlos)4,00
125Ärztliche Unfallmeldung Formblatt 10508,59Porto
143AU-Bescheinigung (Vordruck wie GKV)3,14
1Symptomzentrierte Untersuchung inklusive Beratung (auch als Videosprechstunde)7,12
2Leistung nach Nr. 1, jedoch außerhalb der Sprechstunde8,22
3Leistung nach Nr. 1, jedoch bei Nacht (zwischen 20 und 8 Uhr)21,99
4Leistung nach Nr. 1, jedoch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen10,44
200Verband – ausgenommen Schnellverbände, Augen-, Ohrenklappen oder Dreiecktücher3,721,28
203AKompressionsverband (auch Schaumstoffkompressionsverband)7,513,88
210Kleiner Schienenverband, auch als erster Notverband bei Frakturen6,325,43
252Injektion, subkutan, submukös, intrakutan oder intramuskulär3,16Rezept
253Injektion, intravenös5,54
375Schutzimpfung (intramuskulär, subkutan)3,96
2000Erstversorgung einer kleinen Wunde5,54
2006Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungserscheinungen oder Eiterungen aufweist, auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde4,99

Quelle: UV-GOÄ, Stand 1.1.2020 (Angaben ohne Gewähr)

Der erstbehandelnde Arzt muss spätestens am Werktag nach der Vorstellung des Patienten in der Praxis eine „Ärztliche Unfallmeldung“ nach Formtext F1050 erstellen, wenn keine Vorstellung bei einem Durchgangsarzt erfolgt. Die Leistung ist nach Nr. 125 UV-GOÄ berechnungsfähig.

Hier greift eine pandemiebedingte Sonderregelung: Ist eine solche Berichterstattung z.B. wegen einer zunächst klärungsbedürftigen Kontaktsituation mit einer infizierten Person nicht sofort möglich, verfällt der Anspruch auf das Berichtshonorar nicht.

Leistungen der Erstversorgung, wie die Behandlung einer Wunde, sind zusätzlich auf dem Formblatt „Ärztliche Unfallmeldung“ abrechenbar, zuzüglich der in der Spalte „Besondere Kosten“ abgebildeten Summen des berufsgenossenschaftlichen Nebenkostentarifs.

War doch kein Arbeitsunfall? Dann bezahlt die GKV

Zusätzlich berechnungsfähig sind hier noch Einmalinfusionsbestecke, -biopsienadeln, -katheter (außer Blasenkatheter), Fotografien, Vervielfältigungen, Telefon- und Telefaxkosten sowie Versand- und Portokosten. Wird eine sofortige Überweisung zum Durchgangsarzt erforderlich, kann diese nach Nr. 145 UV-GOÄ ggf. ebenfalls zusätzlich der Gebühren für eine Erstbehandlung berechnet werden.

Wichtig: Stellt sich nachträglich heraus, dass es kein Arbeitsunfall war, wird das Honorar trotzdem gezahlt. Hier greift ein internes Ausgleichsverfahren zwischen den Berufsgenossenschaften/ Unfallkassen und den gesetzlichen Krankenkassen, das auch die Kosten für Medikamente, die eventuell verordnet wurden, umfasst.

Seit 16. März 2020 – und zunächst begrenzt bis zum 30. Juni 2020 – kann ein Unfallverletzter auch per Videosprechstunde behandelt werden. Voraussetzung ist wie in der vertragsärztlichen Versorgung der Einsatz eines zugelassenen zertifizierten Videodienstanbieters.

Der Arzt-Patienten-Kontakt kann hier – wie ansonsten nur bei einem unmittelbaren Kontakt – nach Nr. 1 UV-GOÄ abgerechnet werden, wobei eine Kennzeichnung als Videobehandlung erfolgen muss. Eine Standardkennzeichnung ist nicht vorgeschrieben. Ausreichend wäre deshalb z.B. der Hinweis in Klammern „Videosprechstunde“.

Medical-Tribune-Bericht