Ärztlicher Bereitschaftsdienst und Terminservicestellen jetzt unter der Rufnummer 116 117 zusammengelegt
Wie dringend ist ein Arztbesuch und welche Praxis hat direkt einen Termin frei? Diese Fragen werden mit Beginn des neuen Jahres zentral unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 117 beantwortet. Nicht mehr nur der Ärztliche Bereitschaftsdienst (ÄBD), sondern auch die Terminservicestellen (TSS) der Kassenärztlichen Vereinigungen sind dort zu erreichen.
Die Kopplung der Angebote soll es ermöglichen, Patienten besser durch das Gesundheitssystem zu lotsen, vor allem hinaus aus den überlasteten Notaufnahmen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung spricht von einer Revolution. „Wir heben damit die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in ein neues Zeitalter“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende Dr. Stephan Hofmeister.
Bislang ärgerten sich die Kassenärztlichen Vereinigungen darüber, dass der Gesetzgeber sie per Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) zwang, Terminservicestellen einzurichten. Patienten nutzen das Angebot kaum: Im Jahr 2018 vermittelten die Stellen lediglich 222 000 Termine. Gemessen an einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte pro Jahr sei dies verschwindend wenig, meint Dr. Andreas Gassen, Vorsitzender der KBV. Die Zusammenlegung mit dem Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117 könne die Nachfrage allerdings steigern, hofft er.
Anrufer wählen, ob sie Termin oder ärztliche Hilfe brauchen
Die neue Rufnummer wird von einer bundesweiten Werbekampagne begleitet. Seit September 2019 werben zwei Frauen in türkis- und pinkfarbenem Kostüm – „Elf6“ und „Elf7“ – multimedial für das Angebot. Bei den Bürgern komme das gut an, meint Dr. Gassen. In der ersten Phase der Kampagne habe man bereits 370 Millionen Kontakte mit der Zielgruppe hergestellt.
Wählen Anrufer die 116 117, müssen sie zunächst über ein Sprachdialogsystem angeben, ob sie ärztliche Hilfe benötigen oder einen Termin. Geht es um akute Beschwerden, nehmen die Mitarbeiter mithilfe der Software „SmED“ eine Ersteinschätzung vor. SmED steht für „Strukturierte, medizinische Ersteinschätzung in Deutschland“. Im Verlauf der Befragung erkundigen sich die Mitarbeiter nach dem akuten Leiden, Vorerkrankungen und Medikation. Es geht dabei nicht um eine Diagnose, sondern um die Einschätzung der Dringlichkeit.
Sind Patienten tatsächlich lebensbedrohlich erkrankt oder verletzt, leiten die Mitarbeiter sie an den Notruf der Feuerwehr weiter. Im Bezirk der KV Berlin, die das System bereits seit April 2019 testet, trifft das jedoch nur auf 3 % der Anrufer zu. Rund jeder zweite Patient, der sich dort meldet, schwebt nicht in Lebensgefahr, braucht aber „schnellstmöglich“ ärztliche Hilfe. Die Mitarbeiter empfehlen dann, umgehend eine geöffnete Praxis aufzusuchen. Außerhalb der Sprechzeiten verweisen sie auf eine der KV-Notdienstpraxen. Ist keine geöffnet, empfehlen sie die Notaufnahme. Immobile Patienten besucht der fahrende Dienst der KV zu Hause.
Häufige Beschwerden sind Übelkeit, Fieber, Schmerzen
Etwa ein Drittel der Anrufer in Berlin muss nicht sofort, aber innerhalb von 24 Stunden einen Arzt konsultieren. Bei rund 17 % der Anrufer eilt die medizinische Versorgung nicht. Diese Patienten werden von den Ärzten der Leitstelle beraten oder auf geöffnete Praxen verwiesen. Die häufigsten Erkrankungen, der Anrufer sind Rücken- und Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Fieber. Von April bis Oktober 2019 wurden 200 720 Anrufe bearbeitet.
Die KV ist äußerst zufrieden mit den Ergebnissen. „Wir gehen davon aus, dass wir die Berliner Notaufnahmen bereits wirksam entlasten konnten“, bilanzierte Dr. Burkhard Ruppe, stellvertretender Vorsitzender.
Terminanfragen gelten vor allem Psychotherapeuten
Benötigt der Anrufende dagegen einen Termin, übernimmt die Terminservicestelle das Gespräch. Die Erfahrungen in Berlin zeigen: Nachgefragt werden vor allem Termine bei Psychotherapeuten, Internisten und Neurologen. Künftig sollen die TSS zudem bei der Suche nach dauerhaft versorgenden Haus-, Kinder- und Jugendärzten helfen.
Das Angebot der 116 117 ist auch online verfügbar: Über die Internetseite eterminservice.de werden Termine vermittelt, die 116117-App lokalisiert nahgelegene medizinische Einrichtungen.
Für die Zukunft sei denkbar, dass der Gesetzgeber auch die 112 mit der 116 117 koppelt, meint Dr. Hofreiter. Die KBV wünsche sich jedoch eine Verbindung, bei der die Strukturen hinter beiden Rufnummern bestehen bleiben.