Das „VERAHmobil“ hat in Baden-Württemberg ein Brüderchen bekommen: das PJmobil. Neun VW Up stellt die Stiftung Perspektive Hausarzt den Lehrstühlen für Allgemeinmedizin an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen zur Verfügung, damit Studierende während ihres PJ-Tertials in Landarztpraxen pendeln können.
Richard Koch (27) ist der erste Freiburger Medizinstudent, der im freiwilligen Abschnitt seines Praktischen Jahrs in Allgemeinmedizin vier Monate lang täglich mit dem Auto zu seiner Lehrpraxis nach Titisee-Neustadt fahren darf.
Finanziell unterstützt wird das Projekt von den HzV-Vertragspartnern AOK, Hausärzteverband und MEDI sowie einem Freiburger Autohaus. Chancen auf ein Fahrzeug haben Studierende, die ihre Lehrpraxis nur schlecht mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreichen können, erklärt Dr. Klaus Böhme im Gespräch mit Medical Tribune.
Dr. Böhme arbeitet zu 75 % am Lehrbereich Allgemeinmedizin der Uni Freiburg und zu 25 % vertragsärztlich. Mit der Befragung von knapp 150 Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung (davon 60 % in allgemeinmedizinischer) wollte er feststellen, welche Faktoren dazu führen, dass sich Medizinstudenten für eine hausärztliche Tätigkeit, speziell auf dem Land, interessieren.
Positive Rollenvorbilder in akademischen Lehrpraxen
Die Ergebnisse fasst er so zusammen: Das Interesse am Hausarztberuf nimmt zu – von 30 % zu Beginn des Studiums, über 40 % nach dem Blockpraktikum bis auf 60 % nach dem PJ. Dr. Böhme erklärt das mit dem Wirken einer didaktisch guten Lehre im Bereich Allgemeinmedizin sowie mit Hausärzten in akademischen Lehrpraxen, die als positive Rollenvorbilder fungieren.
Allerdings fand er keine Personenmerkmale, die als Prädiktoren für eine spätere Hausarzttätigkeit taugen. Es lassen sich also nicht die gewünschten Kandidaten im Studium herausfischen. Aber immerhin offenbarte die Umfrage: Der Wunsch, sich haus- oder fachärztlich im ländlichen Raum oder in einer Kleinstadt niederzulassen, korreliert hoch signifikant mit der eigenen Herkunft aus solch einer Region. Die Jung-Mediziner wollen also in ein gewohntes Umfeld zurück.
Diesen Einfluss sollte man als weiteres Auswahlkriterium bei der künftigen Vergabe von Medizinstudienplätzen mitberücksichtigen, wenn man die Allgemeinmedizin, wie im Masterplan 2020 verankert, stärken möchte, rät Dr. Böhme.
Landarztquote könnte dem Hausarztimage schaden
Dagegen hält er nichts von einer Landarztquote bei der Platzvergabe. Zum einen sei es unethisch, junge Menschen darauf zu verpflichten, wie und wo sie 15 Jahre später zu arbeiten hätten. Zum andern könnte das Image der Allgemeinmedizin darunter leiden, wenn die Landarzttätigkeit als Strafe für schlechtere Abiturnoten angesehen würde.
Wichtiger sei es, die angehenden Mediziner während des Studiums und im Kontakt mit Hausärzten in Lehrpraxen zu motivieren. Auch ein Stipendium, wie es derzeit die KV als monatlichen Zuschuss (595 Euro) fürs PJ gewährt, sei hilfreich, zumal private Klinikträger sogar noch mehr Geld anböten.
Und auch das PJmobil werde helfen, große, aber von der Uni aus schlecht erreichbare Versorgerpraxen bei der wichtigen Weichenstellung für eine allgemeinmedizinische Facharztausbildung einzubinden. Denn der Status quo reicht nicht.
Laut KV scheiden in den nächsten fünf Jahren in Baden-Württemberg etwa 1600 Hausärzte altersbedingt aus dem Berufsleben aus. Es legen im Land aber jährlich nur rund 190 Ärzte ihre Facharztprüfung in Allgemeinmedizin ab.