Arzt und Physiotherapeut: Empfehlung auf Praxisschild ist unzulässig
Fachjuristen wie die Wiesbadener Medizinrechtlerin Stefanie Pranschke-Schade sind die Wünsche von Ärzten und Physiotherapeuten nicht unbekannt: Gerne möchten die Leistungserbringer einen gemeinsamen Empfang nutzen, von dem es z.B. links durch die Flurtür zum Sportmediziner geht und rechts durch eine Tür zum Physiotherapeuten. Letzterer zahlt an den Arzt für die Räume Miete – ggf. etwas höher als ortsüblich. Schließlich ist es naheliegend, wo die Patienten ihre Krankengymnastik-Rezepte voraussichtlich einlösen werden.
Ärzte, Physiotherapeuten und Patienten finden solch eine Konstellation gut. Bei dem Juristen, an den die Aufgabe herangetragen wird, so ein Konstrukt rechtlich zu beurteilen und unangreifbar zu gestalten, läuten die Warnglocken. Denn der Vorwurf einer unzulässigen Empfehlung Dritter und einer Zuweisung gegen Entgelt liegt in der Luft. Es geht um Verstöße gegen die ärztliche Berufsordnung (§ 31) und das Antikorruptionsgesetz (§ 299a und b StGB).
Wenig geschätzt: medizinische Kooperationsgemeinschaft
Allein die Schilder zum Heil- oder Hilfsmittelerbringer in der Praxis gehen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs schon zu weit, sagt Pranschke-Schade. In dem Fall aus Bayern nutzte ein Sanitätshaus einen Raum in einer 50 km entfernten Orthopädenpraxis als Filiale, um dort Knie- und Sprunggelenksorthesen abzugeben sowie Abdrücke für Schuheinlagen zu fertigen. Das störte ein anderes, ortsansässiges Sanitätshaus. Es klagte erfolgreich. Laut BGH (Urteil vom 16.6.2016, Az.: I ZR 46/15) lag sowohl ein Verstoß gegen die Handwerksordnung (Meisterpräsenz) als auch gegen § 31 Abs. 2 der bayerischen Berufsordnung für Ärzte vor. „Überlässt ein Arzt einem Unternehmen in seiner Praxis für die Tätigkeit eines Orthopädietechnikers einen Raum und duldet er in der Praxis Schilder, die den Weg zu diesem Raum weisen, spricht er damit gegenüber seinen Patienten eine Empfehlung aus“, so der BGH.
Dass die Beheimatung eines Gewerbetreibenden in einer Arztpraxis Probleme machen kann, überrascht nicht. Doch wie sieht es z.B. mit der Einbindung eines Physiotherapeuten aus?
Das Untervermietungsmodell ist auch hier rechtlich kritisch, sagt Pranschke-Schade. Eine saubere Lösung wäre stattdessen die gemeinsame Leistungserbringung durch einen angestellten Physiotherapeuten. Das sei aufgrund der Abrechnungsmöglichkeiten für den Arzt allerdings weniger attraktiv.
Möglich wäre es auch, eine medizinische Kooperationsgemeinschaft in Form einer Partnerschaftsgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu bilden. Nach § 23a der Berufsordnung kommen als Kooperationspartner des Arztes – auch beschränkt auf einzelne Leistungen – Angehörige anderer akademischer Heilberufe oder sonstiger Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen (handwerkliche oder gewerbliche Berufe ausgenommen) sowie Naturwissenschaftler und sozialpädagogisch Tätige in Betracht. Aber auch hier bremsen Vorbehalte die Umsetzung, weiß die Rechtsanwältin. So legten Ärzte nur ungern nicht-ärztlichen Partnern ihre Einnahmen und Gewinne offen.
Ein weiteres Hindernis – zumindest bei Osteopathie – ist: Das Berufsrecht schließt eine medizinische Kooperationsgemeinschaft zwischen Arzt und Heilpraktiker aus. Da aber nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Physiotherapeuten ohne Heilpraktiker-Erlaubnis keine osteopathische Behandlung anbieten dürfen, schließt gerade das Erfüllen dieser Voraussetzung es aus, Osteopathie aufgrund der Verordnung des ärztlichen Kooperationspartners vor Ort zu erbringen.