Ist Ihr Praxispartner scheinselbstständig?
Streben zwei Ärzte eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) an, so gilt es „in guten wie in schlechten Zeiten alle Konsequenzen zusammen zu tragen“, sagt die Heidelberger Rechtsanwältin Vogt. Zehn bis 15 problematische Fälle von Scheinselbstständigkeit hat sie jährlich auf dem Tisch. Dabei fällt der Fachanwältin für Medizinrecht auf, dass sich Ärzte, bevor sie in eine BAG eintreten, vermehrt juristischen Rat einholen.
Indizien, die dafür sprechen, dass in der BAG-Partnerschaft keine Scheinselbstständigkeit vorliegt, sind:
- Die Gewinnverteilung
Der Juniorpartner ist am Gewinn beteiligt. Die Ausschüttung muss in Abhängigkeit zu den Kosten und dem Erfolg der Praxis stehen. Der Juniorpartner trägt somit auch das wirtschaftliche Risiko im Fall einer Insolvenz. Die Verlustbeteiligung kann auf die Vermögensbeteiligung beschränkt werden. Das heißt: Bringt der Juniorpartner 10 % seines Kapitals mit in die Praxis ein, kann er auch nur bis zu diesem Prozentsatz haftbar gemacht werden.
- Der Geschäftsbetrieb
Der Juniorpartner besitzt bei Entscheidungsfragen Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte. Er kann vom Seniorpartner nicht überstimmt werden. Außerdem hat er das Recht, seine Arbeitszeit und seinen Urlaub in Abstimmung mit dem Seniorpartner zu planen. Er muss also keinen Urlaubsantrag stellen. Auch hat der Juniorpartner die Verfügungsgewalt über die Praxiskonten.
- Die Vermögensbeteiligung
Es ist nicht zwingend notwendig, dass sich der Juniorpartner finanziell einbringt. Eine Beteiligung am immateriellen Vermögen der Praxis ist allerdings unumgänglich. Das heißt: Verlässt der Juniorpartner das Unternehmen, steht ihm eine Abfindung zu, sollte er seinen Patientenstamm nicht mitnehmen.
Bei Scheinselbstständigen fällt die Lohnsteuer an
„Der echte freie Partner einer BAG macht in der Praxis keine steuerlichen Probleme. Stellt sich aber heraus, dass der Juniorpartner scheinselbstständig ist, muss der Seniorpartner neben der Sozialversicherung auch die Lohnsteuer abführen“, weiß Steuerberater Tremmel. Er rät bei Zweifeln der Selbstständigkeit zu einer sozialversicherungsrechtlichen Statusprüfung, die bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund veranlasst werden kann. 90 % dieser Prüfungen gehen laut Tremmel „negativ“ aus, das heißt, der Praxispartner ist somit sozialversicherungspflichtig.
Rückzahlungsforderung der Sozialabgaben für vier Jahre
Die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer Scheinselbstständigkeit ergeben, reichen vom Zulassungsentzug bis zum Bußgeld. Bei einer vertragsärztlichen Tätigkeit können Honorarrückforderungen für mindestens vier Jahre entstehen. Auch eine Nachzahlung der Sozialabgaben, die durch den Seniorpartner nicht abgeführt wurden, können für mindestens vier Jahre zurückgefordert werden.