Baclofen bei Alkoholabhängigkeit nicht besser als zugelassene Medikamente

Autor: Friederike Klein

Baclofen hilft Alkoholikern gegen ihre Suchtprobleme nicht besser als ein Placebo. Baclofen hilft Alkoholikern gegen ihre Suchtprobleme nicht besser als ein Placebo. © iStock/x-reflexnaja

Die Alkoholsucht mithilfe von Baclofen besiegen? Ein deutscher Spezialist warnt vor dem Einsatz des Muskelrelaxans, denn es wirkt nicht wirklich besser als ein Placebo und ist daher keinesfalls zugelassenen Medikamenten vorzuziehen.

Nach Erscheinen des Buchs „Das Ende meiner Sucht“ des französischen Kardiologen Dr. Olivier­ Ameisen wurde Baclofen, eine in Deutschland für die Behandlung von Spastik zugelassene Substanz, zum Wundermittel bei Alkoholabhängigkeit hochstilisiert. Professor Dr. Tom Bschor von der Schlosspark-Klinik in Berlin ging der Evidenz dafür in einer Metaanalyse nach.

Für den Gebrauch im Praxisalltag ungeeignet

Es fand sich in unterschiedlichen Analysen höchstens ein schwacher Effekt – sicher nicht größer als bei anderen Medikamenten, die zur Behandlung bei Alkoholabhängigkeit zugelassen sind, erklärte Prof. Bschor in Berlin. Für die Meta­analyse hielt er sich strikt an die Vorgaben des Handbuchs der Cochrane Collaboration.

Es ließen sich insgesamt 14 doppelblinde, randomisiert-kontrollierte Studien identifizieren, an denen 1522 Patienten teilgenommen hatten. Über alle – sehr heterogenen – Studien hinweg ergab sich mit einer standardisierten Mittelwertdifferenz von 0,22 nur ein geringer, aber gegenüber Placebo nicht statistisch signifikanter Effekt von Baclofen auf die jeweils in den Studien gewählten Endpunkte. Wurden nur Studien mit geringer Fehleranfälligkeit einbezogen, ergab sich kein Effekt.Die Analyse zur Trinkmengenreduktion zeigte einen geringen, gerade so signifikanten Effekt­ – das war auch, was Dr. Ameisen als eigene Erfahrung berichtet hatte –, die Analyse zum Endpunkt Abstinenz einen geringen, aber nicht signifikanten Effekt.

Sogar hoch dosiert kein statistisch signifikanter Effekt

Die in den Studien verwendeten Baclofen-Dosierungen waren sehr unterschiedlich. Dr. Ameisen propagiert mit einer Dosis von zunächst 270 mg/d, die im Verlauf auf 120 mg/d reduziert werden kann, eine sehr viel höhere Dosis, als sie für die Therapie der Spastik zugelassen ist. Ein solcher Einsatz sei praktisch doppelt off label, betonte Prof. Bschor. In einer Post-hoc-Analyse wertete er in der Metaanalyse separat vier Studien mit einer Hochdosistherapie (> 80 mg/d) aus, wieder nur mit dem Ergebnis eines geringen, aber nicht statistisch signifikanten Effekts.

Immerhin: Auch hinsichtlich der Nebenwirkungen unterschieden sich Baclofen und Placebo in der Metaanalyse nicht signifikant. Eine Anwendung von Baclofen in der Routineversorgung kann aber derzeit auch jenseits von Off-Label-Bedenken nicht empfohlen werden, der Einsatz sollte auf Studien beschränkt bleiben, empfiehlt Prof. Bschor.

Quelle: Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)