Nachhaltige Arztpraxis Checkliste und Zertifikat machen Engagement sichtbar
Klimaschutz und Gesundheitsschutz hängen zusammen, erklärt Dr. Susanne Bublitz, zweite Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg. Denn klimabedingte Gesundheitsschäden führen zu zusätzlichem Versorgungsaufwand in Hausarztpraxen.
Um Kolleginnen und Kollegen auf Möglichkeiten hinzuweisen, wie sich eine Praxis nachhaltiger führen lässt und um entsprechendes Engagement sichtbar zu machen, hat der Verband zusammen mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) 28 Indikatoren festgelegt. Denn neben der Mobilität und beim Einkauf könnten Hausarztpraxen z.B. auch in ihrer Praxisorganisation und bei den Angeboten für ihre Patienten auf einen nachhaltigen Umgang achten.
Don’t worry, be „häppi“
Die Zukunft der Hausarztpraxis liegt in der interprofessionellen Zusammenarbeit als Team, ist Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg, überzeugt. Der Verband feiert dieses Jahr das 15-jährige Bestehen der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV). Für deren Weiterentwicklung in die Richtung von Primärarztzentren hat der Verband zusammen mit der Universität Heidelberg ein Konzept names „Häppi“ erstellt. Es sieht die Öffnung der Hausarztpraxen für weitere akademische Berufe wie Community Health Nurse, Physician Assistant oder einer per FOM-Bachelorstudium weiterqualifizierten Verah vor. Diese sollen als Praxisangestellte, d.h. per ärztlicher Delegation, tätig werden. Die Umsetzung soll selektivvertraglich erfolgen, erklärt Prof. Buhlinger-Göpfarth. Im HzV-System sei bereits die Interaktion des Praxisteams mit Patienten oder Angehörigen vorgesehen, während der EBM den persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt verlange. Man sei mit Krankenkassen wegen Honorarzuschlägen im Gespräch, so die Pforzheimer Hausärztin. Sie zeigt sich bezüglich einer Vereinbarung zuversichtlich.
Die 28 Indikatoren für eine nachhaltige Hausarztpraxis können Teams als Checkliste für eigene Maßnahmen nutzen. Die Liste enhält Punkte wie: Alle Mitarbeitenden nehmen mindestens einmal im Jahr an einer klimasensiblen Fortbildung zur Gesundheit teil. Es gibt für die Praxis einen Hitzeschutzplan (z.B. Getränke, Anpassung der Medikation bei vulnerablen Patienten) sowie Kälteräume, Begrünung, Beschattung. Die Praxis ermöglicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, z.B. durch Teilzeitarbeit. Bezahlt wird mindestens nach Tarif. Angeboten werden Videosprechstunde, klimasensible Gesundheitsberatung und/oder eine Klimasprechstunde. Klimabewusste Verschreibung von Inhalativa. Mülltrennung und Vermeidung von Einwegmaterial, z.B. durch Sterilisation. Wassersparmaßnahmen. Jobticket und/oder Jobrad. LED-Beleuchtungskonzept zu 100 % umgesetzt. Nutzung einer nachhaltigen Bank bzw. Versicherung. Engagement für soziale, ökologische, kulturelle Themen in der Kommune oder Region.
Wer die Checkliste für sich ausfüllt und diese an den Verband faxt oder mailt, erhält nach „erfolgreicher Prüfung“ eine Urkunde mit dem Label „Nachhaltige Hausarztpraxis“.
Fortbildung in Sachen Klimapraxis
Das heißt: Mindestens die Hälfte der Kriterien muss nach eigener Auskunft erfüllt sein. Dafür gibt es passend die Bronze-, Silber- oder Gold-Ausführung. Hinweise für die Umsetzung von Maßnahmen, z.B. zu ökologischen VAH-zertifizierten Desinfektionsmitteln oder der Bewertung von Lieferanten finden sich in der Indikatorenliste auf der Homepage. Eine mögliche Stichprobenprüfung wird zwar erwähnt, aber der Verband setzt auf Vertrauen. Es geht ja vor allem darum, die Ideen in die Praxen zu tragen, zur Umsetzung zu motivieren und das Engagement zu unterstützen (Praxismarketing). Die Pfedelbacher Hausärztin Dr. Bublitz sieht darin einen Pfeiler des Projekts „Klimapraxis“. Dessen Ziel ist es, klimamedizinische Aspekte besser in den hausärztlichen Versorgungsauftrag zu integrieren. Ein Delegiertenbeschluss sieht vor, das Curriculum „Klimapraxis“ im Fortbildungsangebot „niedrigschwellig“ zu verankern.
Quelle: Pressekonferenz des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg