Neurodermitis Patient:innen haben hohes Risiko für okuläre Probleme

Autor: Dr. Judith Lorenz

Besonders häufig ist die Entwicklung einer Bindehautentzündung. Besonders häufig ist die Entwicklung einer Bindehautentzündung. © iStock/ViDi Studio

Das Gros der Patientinnen und Patienten mit Neurodermitis entwickelt irgendwann Erkrankungen der Augenlider und der Augenoberfläche. Entsprechende Beschwerden, sollte man daher nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Die meisten Patienten mit einer atopischen Dermatitis (AD) entwickeln im Laufe ihres Lebens Erkrankungen der Augenlider und der Augenoberfläche. Das liegt einerseits daran, dass die AD selbst mit Augenmanifestationen einhergehen kann, und andererseits Systemtherapien z.B. mit Biologika entsprechende Komplikationen offenbar begünstigen, erläutern Dr. Amalie­ Rønnstad, Abteilung für Dermatologie und Allergologie der Universität Kopenhagen und Kollegen­. 

Die Wissenschaftler befragten mehr als 16.500 erwachsene Patienten mit einer AD über einen eigens entwickelten digitalen Fragebogen zur Ausprägung der Neurodermitis, zu Begleiterkrankungen sowie zur AD-Therapie. Zusätzlich erfassten sie verschiedene okuläre Krankheitsbilder.

Insgesamt 7.044 Personen im Durchschnittsalter von 39 Jahren, (rund 67 % Frauen) nahmen an der Umfrage teil. 49 % der Teilnehmer hatten eine leichte, 35 % eine moderate und 10 % eine starke Krankheitsausprägung. In 6 % der Fälle lag eine inaktive AD vor. An einem Asthma bzw. einer allergischen Rhinitis litten jeweils 44 bzw. 56 % der Befragten. 

Die Lebenszeitprävalenz für Konjunktivitis bzw. Hordeolum betrug den Berechnungen der Forschenden zufolge 67 % bzw. 64 %. Für eine Blepharitis lag sie bei 11 %, für eine Keratitis bei 10 %, für Pterygium und Symblepharon jeweils bei 2 % und für einen Keratokonus bei 1 %. 

Rund 13 % der Kohorte litten zum Befragungszeitpunkt an einer akuten Bindehautentzündung. Die Erkrankungen der Augenoberfläche betrafen überproportional häufig Frauen und nahmen mit steigendem Alter tendenziell zu. Im Vergleich zu Teilnehmern mit inaktiver AD erhöhten eine leichte, eine mäßige und eine schwere AD das Risiko, irgendwann einmal an einer Konjunktivitis zu erkranken, um den Faktor 1,5, 1,7 bzw. 2,2. Ein Asthma mit begleitender Rhinitis erhöhte das Lebenszeitrisiko für die Bindehautentzündung um 76 %. 

Einen Einfluss hatten ebenfalls der frühe Beginn der AD im Kindesalter (+34 %) sowie eine systemische AD-Therapie (+27 %). Die Behandlung mit dem gegen IL-4- und den IL-13-Signalweg gerichteten monoklonalen Antikörper Dupilumab ging mit einem um 57 % erhöhten Risiko für eine akute Konjunktivitis einher. Im Hinblick auf eine Blepharitis erwies sich die schwere Form der AD als signifikanter Faktor. Kontaktlinsenträger hatten dagegen ein erhöhtes Risiko für Keratitiden –insbesondere bei harten Linsen war es mehr als verdreifacht. 

Wie stark die Erkrankungen jeweils ausgeprägt waren, hing mit der schwereren Krankheitsausprägung und den Begleiterkrankungen Asthma und allergische Rhinitis zusammen. Die Betroffenen haben ein erhebliches Risiko für Erkrankungen der Lider und der Augenoberfläche, betonen die Autoren abschließend. Nur wenn das Bewusstsein der behandelnden Ärzte für diese Problematik geschärft ist, können die Patienten angemessen behandelt werden.

Quelle: Rønnstad ATM et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 36: 592-601; DOI: 10.1111/jdv.17832