Praxisgründung und -umbau: „Viele Ärzte laufen da blind rein"
Unternehmensberater Arnd Kensy hat sich auf die Optimierung und Gründung von Arztpraxen spezialisiert. In seinem „Leitfaden Praxiskauf & Praxisgründung“ zeigt er die größten Fehler auf, die Ärzte machen können, wenn sie eine Praxis gründen oder ihre alte umbauen wollen. In welche Fallen Sie tappen können, haben wir im Folgenden zusammengefasst:
Die iilegale Praxis
Hohe Altbaudecken und optimales Licht – das ist sie, die Traumimmobilie für die neue Praxis!
In Wirklichkeit ist es laut Kensy gar nicht so einfach eine geeignete Praxisimmobilie zu finden, denn nicht alle Immobilien dürfen gewerblich genutzt werden. Aufgrund der Wohnungsknappheit dürfen in manchen Städten Wohnimmobilien gar nicht oder nur bedingt für Gewerbe umgenutzt werden. Und als praktizierender Arzt benötigen Sie eine Gewerbeimmobilie. Eine Praxis illegal zu betreiben, also ohne Genehmigung von den Behörden, kann die Existenz kosten, warnt der Unternehmensberater. Auch wenn der Irrglaube bestehe, dass der Vermieter gemäß Büro- und Praxismietvertrag verpflichtet sei, zu prüfen, ob in der Immobilie eine Praxis betrieben werden kann, so stehen Praxisinhaber und Mieter meist doch in der Pflicht, sich um alle nötigen Zulassungen für ihre Tätigkeit zu kümmern.
Der Mehrwertsteuer-Schaden
Auch wenn Sie eine Immobilie zur Gewerbenutzung gefunden haben, heißt das nicht automatisch, dass Sie dort eine Arztpraxis betreiben können. Es gibt Eigentümer, die sich bei der Gebäudeerrichtung die Option der Mehrwertsteuer-Verrechnung eingeräumt haben. Das heißt, die Mehrwertsteuer der Baurechnungen wurde bereits vom Finanzamt erstattet. Daher suchen diese Vermieter auch nur Mieter, die „vorsteuerabzugsfähig“ sind und die Mehrwertsteuer dann wieder ihren Kunden berechnen. Als Arzt tun Sie aber genau dies nicht. Sollte dennoch ein Mietvertrag zustande kommen, muss der Vermieter eine Strafe, den sogenannten „Mehrwertsteuer-Schaden“, an das Finanzamt zahlen, der sich auf bis zu 200 000 Euro belaufen kann. Für einen solchen Fall sehen die Mietverträge für gewöhnlich vor, dass Sie als Mieter dann diesen Schaden übernehmen sollen. Der Experte rät: „Streichen Sie die Immobilie von Ihrer Liste.“
Der Umbau der Praxis
Sie möchten Ihre neu erworbenen Praxisräume oder Ihre alte Praxis so richtig auf Vordermann bringen? Dann sollten Sie, wenn Sie die Bauleitung übernehmen, Handwerkerleistungen detailliert ausschreiben, erklärt der Experte. So können alle Angebote den Anforderungen nach verglichen werden.
Auch im Umgang mit den Handwerkern gibt es einiges zu beachten: Planen Sie eine komplette Sanierung, d.h. inklusive Erneuerung der Elektrik, empfiehlt Kensy, vorab einen Elektroplan zu erstellen, der aufzeigt, wo Sie welche Geräte und Steckdosen vorsehen. Bestehen Sie darauf, dass diese Pläne Bestandteil des Angebots sind und schriftlich zwischen Ihnen und dem Elektriker festgehalten werden. („wie in dem beiliegenden Bauherrenplan“).
Was Sie ein Praxisumbau kosten könnte | |
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Posten | Kosten |
Architekt | 10 000 Euro |
Innenarchitekt | 4000 Euro |
Abbruch | 5000 Euro |
Sanitär | 2000 Euro |
Fliesen | 8000 Euro |
Elektro | 23 000 Euro |
Bodenarbeiten | 17 000 Euro |
Malerarbeiten | 15 000 Euro |
Insgesamt können sich die Kosten des Praxisumbaus laut Kensy auf bis zu 200 000 Euro belaufen, inklusive 30 000 Euro für „Unvorhergesehenes“. | |
Quelle: Auszug aus Arnd Kensy, Leitfaden Praxiskauf & Praxisgründung 2017/2018. |
Baufirma erst bezahlen, wenn Mängel beseitigt wurden
Bei der Dämmung der Praxisräume rät der Experte auf „doppelt beplankte“ Trockenbauwände zu bestehen, d.h. zwei Gipskartonplatten pro Seite, samt innen liegender Schallschutzdämmung. Sobald die Wandfarbe angebracht wird, sollten Sie in den Praxisräumen auf „Staubfreiheit“ achten. Laut Kensy sollte dies auch den Handwerken mitgeteilt werden, sofern noch Arbeiten stattfinden. Denn zur Praxis(wieder)eröffnung wird man den hartnäckigen Gipsstaub selten los. Den Umbau schließen Sie ab, indem Sie die letzte Rate der Baufirma bezahlen. Dies tun Sie aber erst, nachdem Sie etwaige Mängel festgestellt und die Nachbesserungen hierzu stattgefunden haben. Laut Kensy sollte zudem eine schriftliche „Fachunternehmer-Erklärung“ von der Baufirma ausgestellt werden; sollte das Unternehmen „gepfuscht“ haben, können Sie nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Für das Ende des Praxisumbaus gibt der Experte noch einen letzten Tipp: „Planen Sie rechtzeitig Ihre Eröffnungsfeier.“Der Zeitfaktor wird von vielen Praxisinhabern unterschätzt
Arnd Kensy: Ja, ich sehe, dass viele Ärzte, wenn sie eine Praxis gründen wollen, kaufmännische Beratung benötigen. Viele laufen da mehr oder weniger blind rein. Zwar gibt es Literatur, diese stellt aber selten seine Schritt-für-Schritt-Bauanleitung für die eigene Praxis zur Verfügung. Welche Fehler bemerken Sie bei Praxisgründern?
Kensy: Viele unterschätzen den Zeitaufwand und fangen erst zu spät mit der Immobiliensuche oder dem Umbau an. Wenn die Praxis dann nicht rechtzeitig zur geplanten Eröffnung fertig wird, ist das anders als beim privaten Häuslebauer gleich mit Umsatzverlusten verbunden. Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Schwierigkeiten bei der Immobiliensuche? Kensy: Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Unwissenheit bei einigen Maklern und Vermietern über das Thema der Umnutzung einer Wohnimmobilie in eine Gewerbeimmobilie herrscht. Hier gibt es zudem viele weitere Einschränkungen. So gelten beispielsweise bei einer Praxis, in der Publikumsverkehr herrscht, andere Ansprüche an Brandschutz- und Fluchtwege als bei einer Privatimmobilie. Was sollten Praxisinhaber beim Umbau ihrer Räume beachten?
Kensy: Wenn durch den Umbau in die Statik des Hauses, den Denkmalschutz, den Brandschutz oder die Fluchtwege eingegriffen wird, ist es unumgänglich, das Bauamt über diese Änderungen zu informieren. Der Umbau wird anschließend von den Behörden abgenommen. Dieser Schritt ist wichtig, da es, zum Beispiel bei einem Brand mit Verletzten, strafrechtliche Konsequenzen für den Praxisinhaber geben kann. Auch einen örtlichen Architekten zu engagieren, ist ratsam, da es unterschiedliche Bauanträge und Verfahrensweisen für jedes Bundesland gibt.