Allgemeinmediziner Dr. Wolfgang Bosch hatte das Eichamt zu Besuch. Die Prüfer monierten ein Fieberthermometer – mit Folgen. Der Kollege berichtet:
Zum ersten Mal, seit meiner Praxisgründung vor 30 Jahren, war das Eichamt zur Kontrolle in unserer Praxis. Genauer gesagt war es das „Eich- und Beschusswesen“ des Regierungspräsidiums Tübingen.
Zuvor kam eine Ankündigung, dass der Besuch in zwei Wochen erfolge, ohne genauen Termin. An dem Tag des Besuchs fielen mir zufällig, beim Wechsel von einem zum anderen Behandlungszimmer, zwei Herren in meiner Praxis auf mit blauen Anzügen und der dicken Rückenaufschrift „EICHAMT“. Das Szenario erinnerte mich an einen Polizeieinsatz. Vorgestellt haben sich die Herren bei den Praxisinhabern nicht.
Es wurde alles kontrolliert: RR-Geräte und – Achtung! – sogar das Ergometergerät. Unsere QM-Beauftragte hatte aber gut aufgepasst und ein paar Wochen vorher den Ergometerplatz von der Herstellerfirma eichen lassen. Eine Kollegin musste wegen mangelnder Eichung 700 Euro Ordnungsstrafe zahlen.
Die große Überraschung kam vier Wochen später
Nur ein Ohr-Thermometer, das nicht kontrolliert und geeicht war, wurde beanstandet. Der Prüfer vereinbarte mit meiner MFA, dass das Thermometer entsorgt wird. Eine Bestätigung per E-Mail an ihn würde reichen.
Umso überraschter war ich, als ich vier Wochen später ein Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen erhielt mit dem Titel: „Ahndung von Ordnungswidrigkeiten – Ermittlung des Verantwortlichen“. Es wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, um den Verantwortlichen zu finden, der dem § 14 Abs. 1 i.V.m-Anlage 2 Medizinprodukte-Betreiberverordnung zuwidergehandelt hat.
Jetzt bezahlen wir mit unseren Steuergeldern eine Sekretärin, eine Beamtin oder sonstige Person, die ein Ordnungsverfahren durchführt wegen eines nicht geeichten Thermometers. „Goht‘s no?“ In einem separaten Verfahren soll dann laut Regierungspräsidium eine „Anhörung nach § 55 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten“ durchgeführt werden. Darauf freue ich mich schon!
Zerknirscht bin ich aber über den Umstand, dass in den letzten 30 Jahren meiner Praxistätigkeit das Risiko für Patienten bestand, falsch behandelt zu werden, weil das Ohrthermometer vielleicht 1 bis 2 % ungenaue Messwerte aufgewiesen hat.