Telematikinfrastruktur-Pauschale: Kein Cent Zuzahlung!
Bis zum Jahresende müssten eigentlich alle Praxen angeschlossen sein. Hauptgrund für die Verzögerung ist der Markt. Bisher erfüllt nur ein Anbieter, die Compugroup, alle Spezifikationen der gematik für den Konnektor. Drei weitere Interessenten gibt es, die ihren Markteintritt angekündigt haben. Wann sie liefern, ist jedoch unklar.
Die Compugroup, Marktführer bei Praxisverwaltungssystemen, hat bisher laut KBV etwa 7500 Praxen an die TI angeschlossen. Das heißt: Mehr als 90 000 Praxen müssen noch den Online-Versichertenstammdatenabgleich bis Ende 2018 sicherstellen, sonst wird ihnen künftig das Honorar um ein Prozent gekürzt (§291 Abs. 2b Satz 14 SGB V). Ohne weitere Anbieter erscheint das kaum machbar.
Sind überhaupt genügend Techniker verfügbar?
KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel sieht auch die Installation der Hard- und Software an sich als Problem. Praxisinhaber werden ihre Türen für die Techniker sicher nur außerhalb der Sprechstunden oder bei wenig Patientenverkehr öffnen können. Mit etwa vier Stunden Arbeit sei zu kalkulieren. Hinzu kommt, dass genügend – auch hinsichtlich des Datenschutzes – geschulte Techniker verfügbar sein müssen. Ein zeitlicher Engpass ist deshalb zu erwarten.
Die KBV hält die Anschlussfrist bis Ende des Jahres für nicht umsetzbar, auch wenn der Gesetzgeber den Termin bereits einmal um ein halbes Jahr verschoben hat. „Angesichts der aktuellen Situation sehen wir uns gezwungen, die Fristen sowie die Finanzierung der Praxisausstattung für die TI neu zu definieren“, so Dr. Kriedel.
Sobald im neu zusammengesetzten Bundesgesundheitsministerium die Verantwortlichkeiten geklärt sind, will die KBV ihre Forderung vorlegen. Sie hofft, wegen der Lieferschwierigkeiten eine Fristverlängerung um mindestens ein halbes Jahr, also bis Mitte 2019, erwirken zu können. „Ursprünglich waren ohnehin zwei Jahre für den technischen Rollout der TI vorgesehen. Die Schuld, dass dieser Zeitraum immer weiter zusammengeschrumpft ist und die Fristen nicht eingehalten werden können, liegt nicht bei den Ärzten, sondern es ist der Markt, der aktuell nicht ausreichend liefern kann.“
Kostenerstattung ohne reale Preise ausgehandelt
Ein weiteres von ihm angesprochenes Problem ist die Finanzierung der Komponenten. Zwar gibt es eine seit Juli 2017 geltende TI-Finanzierungsvereinbarung mit dem GKV-Spitzenverband, die unter Beteiligung des Schiedsamtes zustande kam. Die Kalkulation der Erstattungsbeträge basiert jedoch nicht auf tatsächlichen Preisen, sondern auf Marktsimulationen, da es zum Verhandlungszeitpunkt keine Herstellerangebote gab.
So wurde z.B. für die Erstausstattung einer Praxis mit bis zu drei Ärzten (Konnektor, stationäres Kartenterminal, VPN-Anbindung, PVS, Installation/Einweisung) eine Kostenerstattung von 3457 Euro für Betriebsbeginn im 1. Quartal 2018 vereinbart. Beim Start im 2. Quartal gibt es 3245 Euro. Und wer erst im 3. Quartal loslegt, soll mit 2055 Euro hinkommen. Die sinkende Erstattung resultiert aus der Annahme von Kassen und KBV, dass bei mehreren Lieferanten und großen Komponenten-Stückzahlen auch der Preis nachgibt. Der Markt hat sich jedoch nicht dahingehend entwickelt – und das ist auch von einem Oligopol nicht unbedingt zu erwarten.
Inzwischen zeigt sich, dass zwischen Preisen und Erstattung eine Lücke klafft. Die KBV geht für das 3. Quartal von einer möglichen Unterdeckung von ca. 1200 Euro pro Praxisanschluss aus und hat deshalb Nachverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband aufgenommen. Das Schiedsamt ist ebenfalls angerufen. „Ich sehe keinen Grund, warum ein Arzt auch nur einen Cent zuzahlen soll“, erklärte Dr. Kriedel mit Verweis auf das eHealth-Gesetz. Hier ist verankert, dass Ärzten die Kosten für die TI-Erstausstattung zu erstatten sind.
KBV: ein Schlüssel für die elektronische Patientenakte reicht
- Für jeden Patienten darf es nur eine Akte geben
- keine Insel- oder Parallellösungen
- einheitliche technisch-semantische Standards
- ein sinnvolles Zugriffs- und Berechtigungskonzept