Training und Proteine bewahren Insuffiziente vorm Muskelschwund

Autor: Maria Weiß

Ein wichtiger Hinweis auf Sarkopenie ist, wenn es Betroffene nicht mehr schaffen, aus einem Sessel aufzustehen, ohne sich abzustützen. Ein wichtiger Hinweis auf Sarkopenie ist, wenn es Betroffene nicht mehr schaffen, aus einem Sessel aufzustehen, ohne sich abzustützen. © iStock/shapecharge

Schwächelt das Herz, gehen oft auch Körpergewicht und Muskelmasse runter – mit drastischen Folgen für Lebensqualität und Prognose des Patienten. Doch die Auszehrung und die Sarkopenie lassen sich bremsen.

Beim Patienten mit chronischer Herzschwäche verändert sich häufig die Zusammensetzung von Skelettmuskulatur, Fett und Knochendichte. Die klinischen Konsequenzen dieses Umbaus – Sarkopenie und Kachexie – werden aber häufig unterschätzt, schreiben Dr. Nicole Ebner und Prof. Dr. Dr. Stephan von Haehling, beide vom Herzzentrum der Göttinger Georg-August-Universität.

Sarkopenie bezeichnet den altersbedingten Verlust der Skelettmuskelmasse und der Muskelkraft, wobei die Muskelzellen durch Adipozyten ersetzt werden können.

Übergewicht und Kachexie können gemeinsam auftreten

Das Schwinden der Muskelmasse beginnt wahrscheinlich schon zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr und beschleunigt sich jenseits des 70. Geburtstags. Zunehmende inflammatorische Aktivität, wie sie auch bei Herzinsuffizienz nachweisbar ist, verstärkt diesen Vorgang zusätzlich. Definitionsgemäß liegt eine Sarkopenie dann vor, wenn der Skelettmuskelmasseindex mindestens zwei Standardabweichungen unter dem Mittelwert einer gesunden jungen Referenzgruppe liegt.

Zugleich ist die Ganggeschwindigkeit deutlich erniedrigt: Legt der Patient innerhalb von sechs Minuten weniger als 400 Meter zurück, gelte das als hochpathologisch, so die Autoren. Ein wichtiger klinischer Hinweis ist, wenn es Betroffene nicht mehr schaffen, aus einem Sessel aufzustehen, ohne sich abzustützen. Die Muskelkraft selbst lässt sich mit einen Griffstärketest ermitteln, alternativ über Beinkraftmessungen. Einfach und zuverlässig ist auch der Short Physical Performance Battery Test (SPPB).

Kachexie dagegen ist ein komplexes multifaktorielles Syndrom, das bei chronischen Erkrankungen zu Gewichtsverlust (> 5 % in maximal zwölf Monaten) führt. Die Gewichtsabnahme darf nicht durch eine Ödemausschwemmung oder eine freiwillige Diät ausgelöst sein. Dabei müssen die Patienten nicht unbedingt „Haut und Knochen“ sein, schreiben die Herzspezialisten.

1,0–1,2 g Protein pro kg Körpergewicht zuführen

Auch Übergewichtige können an einer Kachexie leiden. Bei der Auszehrung kommt es ebenfalls zum fortschreitenden Verlust von Skelettmuskelmasse. So gut wie immer ist die Erkrankung mit funktionellen Beeinträchtigungen und einem erhöhten Todesrisiko verbunden. Das gilt auch für die „kardiale Kachexie“ der Herzinsuffizienten.

Die Behandlung von Sarkopenie und Kachexie stellt bei Patienten mit Herzschwäche eine große Herausforderung dar. Auch bei ihnen ist ein Kraft- und Ausdauertraining angezeigt, mit dem sich die Muskelabbauprozesse abmildern lassen. Einzige Ausnahme: die kardiale Dekompensation.

Die Studienlage zur Wertigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln ist unzureichend. Empfohlen wird bei kardialer Kachexie oder Sarkopenie eine leicht erhöhte tägliche Proteinzufuhr von 1,0–1,2 g/kg Körpergewicht. Auch eine gesteigerte Energiezufuhr hat bei kardialer Kachexie gute Effekte gezeigt, wobei 35 kcal/kg pro Tag als sicher gelten.

Unter Umständen können auch hochkalorische Zusatznahrungen zum Einsatz kommen. Völlig unklar ist derzeit noch, wie sich Kachexie und Sarkopenie medikamentös angehen lassen. Zurzeit laufen dazu Studien, etwa mit anabolen Steroiden oder selektiven Androgenrezeptormodulatoren.

Quelle: Ebner N, von Haehling S. Internist 2018; 59: 439-444