Cybermobbing Verletzt, verängstigt, traumatisiert
Kinder und Jugendliche leiden seit jeher unter Mobbing und nun auch verstärkt unter Cybermobbing. Es wird beschimpft und beleidigt, ausgegrenzt. Lügen und Gerüchte verbreiten sich. Jugendliche werden unter Druck gesetzt, erpresst und bedroht. Das Internet und die sozialen Kommunikationsplattformen machen das rund um die Uhr möglich.
Cybermobbing werde auch gezielt als Vergeltung eingesetzt, angeblich „weil es diese Person verdient hat“, berichtete Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses gegen Cybermobbing, anlässlich der Vorstellung der Studie „Cybermobbing IV“. Hinter der Studie steht eine Kooperation des Bündnisses mit der Techniker Krankenkasse (TK). Gemobbt werde teilweise auch aus Langeweile und aus Spaß, so Leest. Man werde ja für das, was man anderen antue, nicht bestraft. Eine Befragung von 4.400 Schülern, Eltern und Lehrern im Mai bis Juli 2022 ergab:
- Jeder sechste Schüler (16,7 %) zwischen 8 und 21 Jahren wurde bereits Opfer von Cybermobbing. Das sind mehr als 1,8 Millionen Betroffene.
- Sieben von zehn Schülern sagen, Cybermobbing habe seit der Pandemie zugenommen; Eltern und Lehrer bestätigen das (jeweils 46 %).
- Jeder fünfte Täter war selbst ein Opfer von Cybermobbing.
- Opfer fühlen sich verletzt, wütend, verängstigt und auch über Jahre traumatisiert. Die Folge sind körperliche Beschwerden wie Kopf- oder Magenschmerzen, vor allem aber psychische Auswirkungen wie Angst- und Schlafstörungen sowie Niedergeschlagenheit oder Depressionen.
- 15 % der Kinder und Jugendlichen hat aus Verzweiflung schon mal zu Alkohol, Tabletten oder Drogen gegriffen.
- Der Anteil der Suizidgefährdeten unter Mobbingopfern ist mit 24 % hoch. Betroffen sind davon 430.000 Jugendliche.
Es seien Warnsignale, die von der Gesellschaft ernst genommen werden müssten, betonte Leest. Seit zehn Jahren werde beobachtet, wie sich das Problem verstetige, „weil wir als Gesellschaft nicht genügend Abwehrmaßnahmen eingeleitet haben“.
Das Bündnis drängt auf die Einführung eines Schulfachs Medienerziehung, eine verbesserte Lehrerfortbildung hinsichtlich Interventionen sowie regelmäßige Informationsangebote für Eltern. Täter müssten zur Verantwortung gezogen werden. Polizei und Staatsanwaltschaften hätten aber aus Gründen des Personalmangels oft nicht die Zeit, „Bagatellfälle“ zu bearbeiten.
Täter sollten eindeutig identifizierbar sein
Politisch gefordert wird ein Cybermobbing-Gesetz, eine stärkere Selbstkontrolle der Onlineanbieter sowie die Einführung des Klarnamens zur eindeutigen Identifizierung von Personen. „Wenn jemand beleidigt, belästigt, mit dem Tod droht, dann müssen wir doch in der Lage sein, herauszukriegen, wer das ist.“
Die TK verweist auf Hilfsangebote für Akutfälle wie krisenchat.de oder juuuport.de. Die Kasse beteiligt sich auch an Präventionsprojekten wie „Gemeinsam Klasse sein“.
Quelle: TK-Pressekonferenz