Impfpflicht Verwaltungsgericht: Impfnachweis darf nicht per Verwaltungsakt angefordert werden
Bislang galt als klar, was ungeimpften Beschäftigten angesichts COVID-19-Impfpflicht im Gesundheitswesen bevorsteht: Sie werden vom Gesundheitsamt aufgefordert, innerhalb einer Frist einen Nachweis über ihren Impf- oder Genesenenstatus vorzulegen, ggf. ein Attest über Impfunfähigkeit. Kommen sie dem nicht nach, drohte bislang ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro, auch ein Betretungs- oder Beschäftigungsverbot ist denkbar.
Zumindest die Aufforderung zum Vorlegen eines entsprechenden Nachweises kann seitens des Gesundheitsamts allerdings nicht als Verwaltungsakt durchgesetzt werden. Widerspruch oder Klage der Betroffenen haben demnach eine aufschiebende Wirkung. Dies hat das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein im Fall einer Zahnarzthelferin aus Flensburg entschieden, die sich nicht impfen lassen will.
Der Beschluss des Gerichts beruht auf einer auf einer „umfassenden Interessenabwägung“. Fraglich war, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehung der ausgesprochenen Anordnung das Interesse der Klägerin überwiegt, von dem Vollzug verschont zu bleiben. Das Gericht meint, dies sei nicht der Fall. Die Anforderung der Unterlagen in Form eines Verwaltungsaktes sei zudem „rechtswidrig“. Ein Verwaltungsakt sei nur zulässig, wenn eine Behörde auch in dieser Handlungsform vorgehen dürfe. Aus dem Wortlaut des Infektonsschutzgesetzes lasse sich jedoch nicht ableiten, ob der Gesetzgeber dies bei der Durchsetzung der Vorlage bestimmter Nachweise ermöglichen wollte oder nicht.
Bei Betretungs- oder Beschäftigungsverboten ist der Verwaltungsakt zulässig
Die weitere Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte, seinem Zweck und anderen Regelungen lasse nur den Schluss zu, dass die Nachweispflicht als eine „vorbereitende Verfahrenshandlung“ zu betrachten sei. An sie anknüpfende Betretungs- oder Beschäftigungsverbote können allerdings per Verwaltungsakt durchgesetzt werden.
Der Beschluss des Gerichts bedeutet nur, dass der Widerspruch der Zahnarzthelferin gegen die Anordnung des Gesundheitsamts aufschiebende Wirkung hat. Mit Sanktionen muss sie trotzdem rechnen. Das Gesundheitsamt kann zudem noch innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein einlegen.
Quelle: Beschluss des Verwaltungsgerichts Schleswig Holstein vom 13. Juni 2022, Az.: 1 B 28/22