"Entkrampfte" Heilmittelverordnung - Lymphdrainage soll künftig ohne Regressangst verschrieben werden können
Einige der Indikationen, die neu in die Liste der Erkrankungen aufgenommen wurden, für die ein langfristiger Heilmittelbedarf als genehmigt gilt, spielen beim Hausarzt nur eine untergeordnete Rolle. Dazu gehören z. B. angeborene Fehlbildungssyndrome, schwere COPD, Chromosomenanomalien, Syringomyelie und Syringobulbie, systemischer Lupus sowie die Thalidomid-Embryopathie.
Es wurden aber auch Diagnosen aufgenommen, die ab dem vollendeten 70. Lebensjahr einen besonderen Verordnungsbedarf darstellen. Dazu gehören z.B. Demenz und Osteoporose mit pathologischer Fraktur, die Versorgung von Patienten mit Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit Beginn vor dem 65. Lebensjahr oder spezifische Diagnosen aus den Bereichen Entwicklungsstörungen bei Kindern, sekundäres Parkinson-Syndrom, chronische Atemwegserkrankungen mit Ursprung in der Perinatalperiode, die Versorgung von Schulterläsionen, Systemkrankheiten des Bindegewebes, Kyphosen, Skoliosen sowie juvenile Osteochondrosen.
Erweiterung der Liste bei lymphatischen Erkrankungen
Zu den häufig erforderlichen Verordnungen bei Erkrankungen aus dem lymphatischen Formenkreis hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Beschluss gefasst, der sich "entkrampfend" auswirken könnte. Die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf bei Lymphödemen wurde angepasst: Manuelle Lymphdrainage für Lymphödeme des Stadiums II und III unterliegen nicht mehr der Wirtschaftlichkeitsprüfung und können bei entsprechender Indikation ohne Regressangst verordnet werden.
Krankheitsbilder mit besonderem Heilmittelversorgungsbedarf | |||
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ICD-10 | Diagnose | Schlüssel | Bereits gültig |
I89.01 | Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten, Stadium II | LY2 | |
I89.02 | Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten, Stadium III | x | |
I89.04 | Lymphödem, sonstige Lokalisation, Stadium II | ||
I89.05 | Lymphödem, sonstige Lokalisation, Stadium III | x | |
I97.21 | Lymphödem nach (partieller) Mastektomie (mit Lymphadenektomie), Stadium II | ||
I97.22 | Lymphödem nach (partieller) Mastektomie (mit Lymphadenektomie), Stadium III | ||
I97.82 | Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am axillären Lymphabflussgebiet, Stadium II | ||
I97.83 | Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am axillären Lymphabflussgebiet, Stadium III | ||
I97.85 | Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am inguinalen Lymphabflussgebiet, Stadium II | ||
I97.86 | Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am inguinalen Lymphabflussgebiet, Stadium III | ||
Q82.01 | Hereditäres Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten, Stadium II | ||
Q82.02 | Hereditäres Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten Stadium III | ||
Q82.04 | Hereditäres Lymphödem, sonstige Lokalisation, Stadium II | ||
Q82.05 | Hereditäres Lymphödem sonstige Lokalisation Stadium III |
Heilmittelrezepte zu diesen Diagenosen spielen bei der Entscheidung, ob ein Regressverfahren eingeleitet werden soll, keine Rolle.
Bereits zum 1. Januar 2017 waren übergangsweise Indikationen zur Lymphdrainageverordnung auf die Diagnoseliste zum besonderen Verordnungsbedarf genommen worden (s. Tabelle). Sie gilt weiterhin und wird erst mit Inkrafttreten des neuen Beschlusses außer Kraft gesetzt.
Ausgangspunkt für den neuen Beschluss war die Aktualisierung der ICD-10-GM. Dort wurde die Codierung der Lymphödeme in Stadien und Lokalisationen aufgegliedert. Dabei haben u.a. Fachgesellschaften darauf hingewiesen, dass Lymphödeme bereits ab Stadium II einen langfristigen Behandlungsbedarf mit Heilmitteln nach sich ziehen und die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf deshalb zu ergänzen sei.
Gemäß G-BA-Beschluss ist bei der Verordnung der in der Tabelle aufgeführten Erkrankungen des Lymphsystems ein langfristiger Bedarf nach Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie zu unterstellen. Wird der Beschluss nicht vom Bundesgesundheitsministerium beanstandet, tritt er mit der Veröffentlichung in Kraft.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht