Corona: „Wir können nicht so weitermachen wie bisher“
Die Mehrheit der Patienten, die aufgrund von COVID-19 hospitalisiert sind, hat nephrologische Auffälligkeiten, erklärte Professor Dr. Jürgen Floege von der Uniklinik der RWTH Aachen. Er sprach von einer „auffälligen Liebe des Virus für die Niere“. Sie betreffe auch Personen, die vor der Infektion nierengesund waren. Für die Prognose bedeutet das nichts Gutes: Das Auftreten von Nierenschäden ist mit einem deutlich schlechteren Outcome assoziiert. Zudem weisen COVID-19-Patienten häufig erhebliche Eiweißverluste auf, wodurch das Risiko für Gerinnungsstörungen und damit für thromboembolische Ereignisse steigt.
Wer bereits vor Kontakt mit SARS-CoV-2 nierenkrank ist, gilt als besonders gefährdet für eine Infektion und anfällig für schwere Verläufe der Erkrankung. In der Extremform sind das jene Dialysepatienten, die dreimal die Woche per Taxi oder Krankentransport in die Praxis kommen müssen und dort Kontakt zu Arzt und Pflegepersonal haben, erklärte der Kollege. Häufig leben sie in Pflegeeinrichtungen – ein zusätzliches Risiko.
Dialysepflichtige Menschen sind „eine Gruppe, auf die wir im höchsten Maße aufpassen müssen“, warnte der Experte. Entsprechende Maßnahmen umfassen beispielsweise, sie vorübergehend nicht per Sammeltransport zur Dialyse zu bringen und, sofern möglich, separate Dialyseeinheiten für SARS-CoV-2-Infizierte anzubieten.
Zu den rund 100 000 Dialysepatienten in Deutschland kommen Millionen von Menschen hinzu, die eine stark eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen, sowie Millionen von Patienten unter Immunsuppressiva. Bisher habe deren Versorgung hierzulande trotz der Pandemie aber ganz gut geklappt. Nur vereinzelt kam es zu Ausbrüchen.
„Allerdings können wir nicht so weitermachen, wie wir bisher agieren“, warnte Prof. Floege. Momentan sitzen in den Notaufnahmen nur noch eine Handvoll Menschen, die Patienten gehen von sich aus nicht ins Krankenhaus oder in die Praxis – aus Angst vor Infektionen. Sollte dies so weitergehen, droht eine Unterversorgung, mahnte auch Professor Dr. Christoph Sarrazin vom St. Josefs-Hospital und Leberzentrum Wiesbaden, der dasselbe Phänomen bei Patienten mit behandlungsbedürftigen gastroenterologischen und hepatologischen Erkrankungen beobachtet. Sogar die Zahl der Herzinfarktpatienten sei in den letzten Wochen deutlich zurückgegangen, berichtete Professor Dr. Sebastian Schellong vom Städtischen Klinikum Dresden – und zwar in einer Größenordnung von 20–30 %.
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Quelle: Online-Pressekonferenz – DGIM*
* Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin