Delir: Die fünf Basismaßnahmen der nicht-medikamentösen Therapie
Unbestritten haben Pharmaka wie Haloperidol oder Dexmedetomidin einen festen Platz in der Therapie des Delirs. Der zentrale und nach Auffassung von Privatdozent Dr. Sebastian Reith, Medizinische Klinik III am St.-Franziskus-Hospital Münster, primäre Baustein im Behandlungskonzept ist jedoch die nicht-medikamentöse Therapie. Sie sieht folgende fünf Basismaßnahmen vor.
1. Patienten früh mobilisieren
Gemäß aktueller Leitlinien ist es am wichtigsten, den Patienten frühzeitig zu mobilisieren – und sei es nur passiv. Denn gerade bei bettlägerigen Personen schwinden die Muskeln schnell, was den weiteren Behandlungserfolg beeinträchtigt. Physio- und Ergotherapie sollten daher täglich auf dem Programm stehen. Bei Intensivpatienten empfiehlt es sich, Tuben und Katheter zeitgerecht zu entfernen. Das erleichtert und fördert die Mobilisierung.
2. Orientierung verschaffen
Als Risikofaktor für die Entwicklung eines Delirs gilt die ungewohnte Umgebung eines Krankenhauses. Sie erschwert die räumliche und/oder zeitliche Orientierung des Kranken. Große Uhren im Patientenzimmer und eine klare, verständliche Kommunikation vonseiten des Pflegepersonals können dem entgegenwirken. Diese Maßnahmen bringen allerdings wenig, wenn der Kranke nicht richtig sieht oder hört. Achten Sie daher unbedingt darauf, dass er seine Brille bzw. sein Hörgerät auch trägt.
3. Gehirn auf Trab halten
Krankenhausaufenthalte sind monoton und stellen keine hohen geistigen Anforderungen an die Patienten. Entsprechend schnell lassen Denkvermögen und Kognition nach. Schon regelmäßige Gespräche können dem entgegenwirken, so Dr. Reith. Am besten reden Ärzte und Pflegekräfte deutlich mit den Betroffenen: Zeit, Ort und aktuellen Behandlungsplan immer wieder ins Gedächtnis rufen und über den klinischen Status informieren.
4. Tag-Nacht-Rhythmus fördern
Gerade auf der Intensivstation ist an einen ungestörten Nachtschlaf kaum zu denken. Dafür sorgen therapeutische Intervention rund um die Uhr, nächtliche Neuaufnahmen, Notfälle, wechselnde Lichteinflüsse und störende Geräusche. Um die Belastung für den Patienten zu reduzieren bzw. eine bessere Schlafqualität und verlängerte kontinuierliche Schlafphasen zu erreichen, eignen sich u.a. Augenmasken und Ohrstöpsel. Soweit es geht sollte das Personal Hintergrundgeräusche ausschalten und Gespräche möglichst leise führen.
5. Richtig sedieren und beatmen sowie Schmerzen nehmen
Dr. Reith rät dazu, Patienten nur ziel- und bedarfsorientiert zu analgosedieren und zu beatmen sowie bevorzugt auf Beatmungsverfahren zu setzen, die die Spontanatmung in unterschiedlichem Maß zulassen bzw. unterstützen. Primär seien die Schmerzen der Kranken anzugehen, außerdem gelte es, Stress und Ängste zu begrenzen.
Wenig Evidenz für die Pharmakotherapie
Quelle: Reith S. Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: 1629-1635; DOI: 10.1055/a-0826-2780