Depression als Kostentreiber der Diabetestherapie?
Oft bleiben Depressionen unerkannt – oder werden zumindest nicht diagnostiziert. Betroffene mit Diabetes suchen dann möglicherweise wegen somatischer Symptome verschiedene Fachspezialisten auf. Inwiefern eine gezielte Behandlung der psychischen Erkrankung dazu beitragen könnte, Gesundheitskosten einzusparen, bleibt bislang unklar. Ein Team von Versorgungsforschern und Gesundheitsökonomen um Manuela Brüne von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat nun untersucht, inwieweit unter Diabetespatienten bei zusätzlicher Depression höhere Kosten entstehen. Sie bezogen sowohl eindeutig diagnostizierte Fälle als auch Menschen ein, die bei sich selbst eine Depression vermuteten.
Für ihre Untersuchung werteten die Forschenden Daten aus der 2013 in Deutschland durchgeführten Querschnittstudie DiaDec aus. Darin hatten mehr als 1600 zufällig ausgewählte Mitglieder einer gesetzlichen Krankversicherung mit bestehender Diabeteserkrankung einen Fragebogen zur psychischen Gesundheit ausgefüllt. Mithilfe ihrer Versicherungsdaten wurde zudem abgeglichen, ob im Jahr vor sowie nach der Befragung eine Depressionsdiagnose gestellt wurde, wie hoch die Versicherungsausgaben für den Patienten in diesem Zeitraum waren und wie sie sich zusammensetzten.
Die jährlichen Versicherungsausgaben für Menschen mit Diabetes und Depression lagen im Schnitt zwar etwa höher als jene von Diabetespatienten ohne komorbide Depression (5629 Euro vs. 3252 Euro). Der Anteil, der auf psychotherapeutische und psychopharmakologische Behandlungen entfiel, hatte jedoch nur geringfügig dazu beigetragen – sogar wenn die Kosten für diese Therapien selbst etwas angestiegen waren. Lediglich 6,4 % der Teilnehmenden hatten eine Psychotherapie erhalten, 22,7 % bekamen Antidepressiva. Allerdings merkt die Autorengruppe an, dass Letztere z.T. auch bei körperlichen Erkrankungen wie Neuropathien verschrieben werden.
Wie man in früheren Studien bereits beobachten konnte, entfiel der weitaus größere Teil der zusätzlichen Kosten auf die Behandlung somatischer Beschwerden. Der Schweregrad des Diabetes und dessen Komorbiditäten machten dabei das Gros aus.
Schon früh an psychische Störungen denken
Offen bleibe, ob die geringen Ausgaben für Psychotherapien und Psychopharmaka lediglich auf eine unzureichende Behandlung der Depressionen hindeuten. Vielleicht, so die Hoffnung der Forschenden, lassen sich die absehbar steigenden Kosten durch eine adäquate Früherkennung psychischer Störungen bei Diabetespatienten eindämmen.
Quelle: Brüne M et al. Diabetes Care 2021; 44: 407-415; DOI: 10.2337/dc19-2487