Diabetes: Ticken Betazellen von Kindern und Jugendlichen anders?

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Ticken die Betazellen von Kindern und Jugendlichen anders als bei Erwachsenen? Ticken die Betazellen von Kindern und Jugendlichen anders als bei Erwachsenen? © iStock/Rawpixel

Typ-2-Diabetes rückt inzwischen massiv in immer jüngere Altersgruppen vor. Bei Kindern und Jugendlichen ist die Insulinresistenz ausgeprägter als bei Erwachsenen und der Betazell-Funktionsverlust schreitet rascher voran. Leider kann eine frühe Therapie mit Insulin und/oder Metformin daran nichts ändern.

Das RISE-Studienprogramm (Restoring Insulin Secretion) umfasst mehrere Untersuchungen. Eine davon schloss 355 Erwachsene und 66 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren ein, die eine gestörte Glukosetoleranz oder einen frühen Typ-2-Diabetes aufwiesen. Durchgeführt wurde ein zweistufiger hyperglyk­ämischer Clamptest1 und ein oraler Glukosetoleranztest2. Es zeigte sich, dass die Jugendlichen eine um fast 50 % geringere Insulinempfindlichkeit aufwiesen – in jedem korrespondierenden BMI-Level.

Der hyperglykämische Clamp

Der hyperglykämische Clamp ist der Goldstandard zur Testung der Betazell-funktion. Dem Patienten wird dabei kontinuierlich Glukose infundiert, sodass die Plasmaglukosekonzentration akut um 125 mg/dl über das Nüchternniveau angehoben wird. Je mehr Glukose benötigt wird, um den Wert über mehrere Stunden konstant zu halten, umso besser sind die Insulinsensitivität und die glukoseinduzierte Insulinsekretion der Betazellen.

Hyperresponsivität könnte den Unterschied erklären

Als Marker für die Betazellfunktion wurden bei den Untersuchungen die akute C-Peptid-Antwort und das C-Peptid im Fließgleichgewicht ermittelt. Die C-Peptid-Antwort bei den Kindern und Jugendlichen fiel übermäßig hoch in Relation zur Insulinempfindlichkeit aus und auch höher als bei den Erwachsenen. Die Hyperresponsivität der Betazellen könnte einen fundamentalen Unterschied in der Pathogenese des Typ-2-Diabetes zwischen Jugendlichen und Erwachsenen darstellen, betonte Professor Dr. Silva A. Arslanian, Children’s Hospital of Pittsburgh. Möglicherweise erkläre dies auch die raschere Progression des Typ-2-Diabetes, weil die Betazellen durch die übermäßige Response schneller erschöpfen.

Gelingt auch bei den Kindern eine Funktionsverbesserung?

Durch Behandlung mit Metformin und Insulin hat man bei Erwachsenen mit gestörter Glukosetoleranz oder frühem Typ-2-Diabetes die Betazellfunktion bessern können. Deshalb wurden im Rahmen des RISE-Studienprogramms auch 91 Kinder und Jugendliche mit gestörter Glukosetoleranz bzw. frühem Typ-2-Diabetes randomisiert mit beiden Medikamenten – den einzigen für diese Altersgruppe zugelassenen – behandelt.3 Eine Gruppe von 44 Kindern und Jugendlichen erhielt zunächst für drei Monate Insulin glargin, titriert auf einen Nüchternblutzucker im Normalbereich (80–90 mg/dl). Anschließend bekamen diese Kinder Metformin (ti­triert auf 2 x 1000 mg) für neun Monate. Eine zweite Gruppe von 47 Kindern wurde über zwölf Monate nur mit Metformin behandelt.

Möglicherweise andere Medikamente erfolgreich

Es stellte sich heraus, dass sich weder die Insulinresistenz noch die Betazellfunktion unter einem der beiden Therapieregimes besserte. Nach zwölf und nach 15 Monaten konnte man keine signifikanten Unterschiede in Betazellfunktion, BMI, HbA1c, Nüchternblutzucker oder Glukosetoleranz feststellen. Die Betazell-Dysfunktion verschlechterte sich mit der Zeit trotz Intervention. Wie Professor Dr. Kristen Nadeau, University of Colorado, Anschutz Medical Campus, ausführte, braucht man möglicherweise bei Kindern und Jugendlichen andere Medikamente, um die Insulinresistenz zu vermindern und den Betazellverlust aufzuhalten.

Quellen:
1. The RISE Consortium. Diabetes Care 2018; doi.org/10.2337/dc18-0244
2. The RISE Consortium. Diabetes Care 2018; doi.org/10.2337/dc18-0243
3. The RISE Consortium. Diabetes Care 2018; doi.org/10.2337/dc18-0787

78th Scientific Sessions der ADA