Neue psychoaktive Substanzen Fahreignung bescheinigt trotz Drogenabusus
Wer seine Fahreignung aufgrund einer Drogenauffälligkeit überprüfen lassen muss, hat sich einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) zu unterziehen. Im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung und der Abstinenzkontrollen wird ein Drogenscreening durchgeführt. Problematisch ist, dass nach sogenannten neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) hierbei nicht routinemäßig gesucht wird. NPS sind synthetisch hergestellte Substanzen, die verschiedene, oft schwer vorhersehbare unerwünschte Nebenwirkungen wie Psychosen auslösen können. Sie ahmen die Wirkung von konventionellen Drogen durch eine leicht abgeänderte chemische Struktur nach. NPS sind u.a. im Internet als Kräutermischungen oder Badesalze frei verkäuflich und spielen auf dem europäischen Drogenmarkt in den letzten Jahren eine zunehmende Rolle.
Mehr als 1.000 Urin- und Haarproben analysiert
Rechtsmediziner um Dr. Anna Holzer, Ludwig-Maximilians-Universität München, haben nun die Rolle von NPS bei drogenbedingten Fahreignungsbegutachtungen anhand von Urin- und Haarproben untersucht. In der Studie wurden 1.037 Urin- und Haarproben von 949 Klienten aus Fahreignungsbegutachtungen nachträglich auf NPS untersucht. Bei 4,2 % der Proben konnten NPS nachgewiesen werden. Die positiv Getesteten waren meist Männer und wohnten auffällig häufig in Kleinstädten. Unter den 40 NPS-positiv getesteten Probanden haben zwei die MPU bestanden. 32 NPS-positive Probanden konnten das Abstinenzkontrollprogramm erfolgreich abschließen. Unterm Strich wurde also Personen eine Fahreignung bescheinigt, die weiterhin aktiv Drogen konsumierten. Diese falsch-negative Begutachtung kann eine weiterhin bestehende Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bedeuten. Eine Erweiterung des toxikologischen Untersuchungsspektrums zumindest auf die besonders häufig gefundenen synthetischen Cannabinoide bei Fahreignungsbegutachtungen wäre somit sinnvoll.
Quelle: Holzer A et al. Rechtsmedizin 2024; DOI: 10.1007/s00194-024-00688-7