Gehirnerschütterung heilt langsamer als von Experten angenommen
Über 50 % der Sportler brauchen mehr als 14 Tage, um sich von einem milden Schädel-Hirn-Trauma zu erholen. Das haben Mediziner einer neuseeländischen Sportklinik festgestellt – und damit die Konsenserklärung der Concussion in Sport Group (CISG) infrage gestellt. Dieses Expertengremium geht davon aus, das mindestens vier von fünf Betroffenen schon nach sieben bis zehn Tagen symptomfrei sind.
Die Autoren um Dr. Stephen Kara von der Axis Sports Medicine Clinic in Auckland hatten 594 Patienten im Alter zwischen 7 und 64 Jahren, die beim Sport ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatten, in ihre Studie aufgenommen. Nach ausführlicher Beurteilung der Stoßverletzung sowie intensiven körperlichen und neurologischen Untersuchungen sollten die Patienten gemäß CISG-Empfehlung 24–48 Stunden Ruhe halten. Anschließend durften sie ihre täglichen Aktivitäten schrittweise wieder aufnehmen, sofern dies beschwerdefrei möglich war. 14 Tage nach dem Unfall bewerteten die Ärzte den Zustand der Patienten erneut.
Nur 45 % der Patienten waren zu diesem Zeitpunkt klinisch genesen. Die übrigen 55 % erhielten ein individuelles Trainingsprogramm, gegebenenfalls auch Physiotherapie. Nach weiteren zwei Wochen stieg der Anteil der Genesenen auf etwas mehr als drei Viertel, nach acht Wochen waren 94 % wieder gesund. Im Schnitt brauchten die Patienten damit rund 20 Tage, um sich zu erholen, und erst nach vier Wochen wurden die Quoten beobachtet, die laut CISG in der zweiten Woche hätten erreicht sein sollen.
Die weitere Analyse zeigte, dass Frauen und Patienten mit Migräne oder psychiatrischen Vorerkrankungen langsamer gesund wurden. Zudem verzögerte jede Woche, die bis zur Erstvorstellung verging, den Heilungsprozess merklich. Kinder und Jugendliche erholten sich dagegen in durchschnittlich 16–18 Tagen und damit – anders als von der CISG konstatiert – nicht langsamer als Erwachsene.
Quelle: Kara S et al. Clin J Sport Med 2020; 30: 96-101; DOI: 10.1097/JSM.0000000000000811