HPV-positiver Zungengrundkrebs: okkulte Lymphknotenmetastasen als Marker für Prognose und Therapie?
Tabak- und Alkoholabusus gelten als klassische Risikofaktoren für oropharyngeale Plattenepithelkarzinome. Jedoch treten auch immer häufiger Tumoren auf, die mit dem humanen Papillomvirus (HPV) in Verbindung stehen. Als wichtiger Prognosemarker gilt der Befall kontralateraler Lymphknoten, er bestimmt maßgeblich das Staging und die Behandlung der Tumoren.
40 % haben kontralaterale Lymphknotenmetastasen
Anscheinend tritt bei einem HPV-assoziierten Oropharynxkarzinom ein zervikaler nodaler Befall häufiger auf als bei anderen Subgruppen. Ob dies stimmt und was das für die Therapie bedeutet, analysierten Wissenschaftler um Dr. Aisling S. Last vom Department of Otolaryngology–Head and Neck Surgery an der Washington University School of Medicine in St. Louis. Sie werteten die Daten von insgesamt 89 Patienten mit HPV-assoziiertem Plattenepithelkarzinom der Zungenbasis aus, die sich zwischen 2002 und 2018 einer transoralen OP und einer Neck-Dissection unterzogen hatten.
34 Teilnehmer litten unter einem kontralateralen nodalen Befall. Okkulte, also klinisch unauffällige kontralaterale Lymphknotenmetastasen traten in 15 von 70 Fällen auf (21,4 %). Das Risiko hierfür erhöhte sich, wenn der Primärtumor die Mittellinie überschritten hatte (Odds Ratio 6,23). Von den 55 Patienten mit N0-Stadium hatten nur zwei eine zusätzliche Bestrahlung der kontralateralen Nackenregion erhalten; in keinem Fall trat ein regionales Rezidiv auf. Die Nachbeobachtungsdauer lag zwischen elf Monaten und fünf Jahren, mit median 30 Monaten.
Mit etwa einem Fünftel ist der „okkulte“ Anteil relativ hoch, deckt sich aber mit den Ergebnissen einer Registerstudie auf Basis der National Cancer Database. Die Wissenschaftler sprechen sich im Falle klinisch unauffälliger kontralateraler Nackenregionen eines HPV-positiven Zungengrundkarzinoms entweder für eine elektive Neck-Dissection oder eine Radiotherapie aus. Fällt die pathologische Untersuchung der bei der Dissektion gewonnenen Lymphknoten negativ aus, dürfte der Patient von einer Bestrahlung keinesfalls profitieren. Als Desideratum erachten die Forscher den prospektiven Vergleich der funktionellen und onkologischen Konsequenzen beider Therapieoptionen.
Quelle: Last AS et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2019; DOI: 10.1001/jamaoto.2019.3277