Morbus Crohn: Nägelkauen und Daumenlutschen als Risikofaktoren?
Daumenlutschen und Nägelkauen in der Kindheit gehen mit einer erhöhten Antigenbelastung und einer Modifikation der oralen Mikrobiota-Zusammensetzung einher. Nach der „Hygienehypothese“ könnte dies immunvermittelte Erkrankungen reduzieren. Für atopische Sensibilisierung, Asthma und Heuschnupfen ist tatsächlich bereits ein vermindertes Risiko bei diesen Angewohnheiten gezeigt worden. Offen war bisher die Frage, ob das auch für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) gilt.
Auch Daumenlutschen erscheint ungünstig
In einer retrospektiven Studie wurde dieser jetzt nachgegangen, wie Professor Dr. Niels Teich, niedergelassener Internist aus Leipzig, berichtete. 918 erwachsene CED-Patienten (57 % mit Morbus Crohn) und 918 im selben Haushalt aufgewachsene Geschwister ohne CED wurden gebeten, einen Fragebogen zu Umweltfaktoren im Kindes- und Jugendalter auszufüllen. Zusammengesetzter primärer Endpunkt war das Daumenlutschen/Nägelkauen zum Zeitpunkt der Einschulung und zu Beginn des Erwachsenenalters.
Das unerwartete Ergebnis: 49 % der CED-Patienten, aber nur 44 % der gesunden Geschwister gaben zum Zeitpunkt der Einschulung und/oder in der Adoleszenz gelegentliches oder häufiges Nägelkauen an. Die Sensitivitätsanalyse ergab, dass Nägelkauer bzw. Daumenlutscher sogar ein 22 % höheres Risiko für einen Morbus Crohn aufwiesen (50 % vs. 41 %). Vor allem das Nägelkauen im Jugendalter erwies sich als ungünstig. Für Colitis ulcerosa war kein erhöhtes Risiko nachweisbar (49 % vs. 48 %). Entgegen der Hygienehypothese scheint Daumenlutschen/Nägelkauen also keinen Schutz vor CED zu bieten, sagte Prof. Teich.
Quelle: DGVS digital: Best of DGVS (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten)