Mühsame Suche nach Biomarkern bei Checkpoint-Inhibitoren

Autor: Josef Gulden

Mit Inhibitoren gegen CTLA4, PD1 und PD-L1 gibt es drei Ansatzpunkte. Mit Inhibitoren gegen CTLA4, PD1 und PD-L1 gibt es drei Ansatzpunkte. © Mirror-images – stock.adobe.com

Welche Faktoren beeinflussen die Pro­gnose von Patienten, die mit einer Immuntherapie behandelt wurden? Dieser Frage gingen chinesische Forscher in zwei Studien auf den Grund. Und kommen zu dem Ergebnis: Geschlecht, Alter und Allgemeinzustand sind nicht prädiktiv – wohl aber MUC16-Mutationen.

Die rasante Entwicklung der immunonkologischen Therapie entfachte in den vergangenen Jahren viel Euphorie. Allerdings profitiert nur ein relativ kleiner Anteil der Patienten langfristig von zum Beispiel PD1- und PD-L1-Antikörpern. Die Ergebnisse früher Studien lassen vermuten, dass es unter anderem von Genexpression und Tumormutationslast abhängt, wie Betroffene auf Checkpoint-­Inhibitoren ansprechen. Schon seit längerer Zeit diskutieren Forscher darüber, ob auch Geschlecht, Alter und Allgemeinzustand den Behandlungserfolg beeinflussen.

Dazu gibt es teils widersprüchliche Untersuchungen. Chinesische Kollegen um Dr. Dr. Fang Yang­­, Clinical Cancer Institute of Nanjing University führten deshalb zu diesem Thema eine großangelegte Literaturrecherche mit anschließender Meta­analyse durch.1

So sieht die Studienlage aus

Bisher war unklar, ob Männer tatsächlich – wie durch eine Studie suggeriert – einen größeren Nutzen von einer Immuntherapie haben als Frauen. Ähnliches gilt für das Alter: So deuten die Daten einer Studie darauf hin, dass Menschen über 65 Jahre mehr profitieren als jüngere. Andere Untersuchungen konnten dies wiederum nicht bestätigen. Ob der ECOG-Performancestatus das Outcome beeinflusst, war ebenfalls bis dato nicht belegt.

Resultate für alle Subgruppen ähnlich

Sie fanden 37 randomisierte klinische Phase-2/3-Studien mit insgesamt 23 760 Patienten. Diese waren entweder mit einem Checkpoint-Inhibitor oder einer Kontrollsubstanz behandelt worden. Die Hazard Ratio berechneten die Wissenschaftler separat für Subgruppen, die sie entsprechend Geschlecht, Alter (jünger als 65 Jahre im Vergleich zu mindestens 65 Jahre) und ECOG-Performancestatus (0 vs. ≥ 1) definierten. Weiterhin stratifizierten sie die Teilnehmer unter anderem nach Tumortyp, Therapielinie und immuntherapeutischem Medikament. Die Analyse ergab einen Überlebensvorteil sowohl für Männer als auch für Frauen (Hazard Ratio [HR] 0,75; 95%-KI 0,71–0,81 bzw. HR 0,79; 95%-KI 0,72–0,88). Ähnliches galt für die Personen jünger als 65 Jahre sowie für ältere Betroffene (HR 0,77; 95%-KI 0,71–0,83 bzw. HR 0,78; 95%-KI 0,72–0,84). Der Allgemeinzustand erwies sich ebenfalls nicht als prädiktiver Faktor: Sowohl Teilnehmer mit einem ECOG 0 als auch solche mit einem Wert von 1 oder höher profitierten von der Immuntherapie (HR 0,81; 95%-KI 0,73–0,90 und HR 0,79; 95%-KI 0,74–0,84). Den Wissenschaftlern zufolge gab es keine signifikanten Überlebensunterschiede zwischen den Geschlechtern, den Altersgruppen oder Personen mit unterschiedlichem Performancestatus (p = 0,25; I2 = 19,02 %; p = 0,94; I2 = 15,57 % und p = 0,74; I2 = 0 %). Gleiches galt für die verschiedenen Krebsarten, Behandlungslinien, spezifischen Medikamente oder Immuntherapiestrategien in den Interventionsarmen.

Fortgeschrittene Stadien ebenfalls behandeln

Geschlecht, Alter und Allgemeinzustand scheinen sich somit keinesfalls auf den Erfolg von Checkpoint-Inhibitoren auszuwirken, so das Fazit der Autoren. Die genannten Faktoren sollten kein Hinderungsgrund sein, Patienten in fortgeschrittenem Stadium mit den Substanzen zu behandeln. Die ähnlichen Überlebensvorteile in den Subgruppen ermutigen dazu, mehr Erkrankte einer Immuntherapie zuzuführen – und das unabhängig von Krebsart, Behandlungslinie, verwendetem Medikament und Interventionsstrategie, betonten die Autoren. Eine weitere Arbeitsgruppe um Dr. Lei Zhang­, Chinese Academy of Medical Sciences & Peking Union Medical College, fand hingegen einen prädiktiven Faktor für den Behandlungserfolg von Checkpoint-Inhibitoren: Nämlich MUC16-Alterationen.2 Schon zuvor gab es Hinweise darauf, dass Mutationen in diesem Gen unter anderem mit einem längeren Gesamtüberleben von Menschen mit Magenkrebs in Verbindung stehen. Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang in verschiedenen Kohorten. Die erste umfasste Daten zu 10 195 Menschen mit einem von 30 soliden Tumor­arten, die die Autoren aus dem Cancer Genome Atlas herauszogen. In zwei weiteren schlossen sie 56 Personen mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) und 145 Melanom-Patienten ein. In der ersten Gruppe fanden die Forscher MUC16-Mutationen bei knapp 20 % der Teilnehmer. Diese waren signifikant assoziiert mit einer höheren Mutations- sowie einer gesteigerten Neoantigenlast. Außerdem war bei diesen Patienten eine Tumormikro-Umgebung mit CD8- und PD-L1-positiven Immunzellen überrepräsentiert. In den beiden kleineren Kohorten korrelierten MUC16-Mutationen mit einem besseren Überleben. Für NSCLC-Patienten betrug die Hazard Ratio 0,34 (95%-KI, 0,12–0,99; p = 0,04) und für Menschen mit Melanom 0,57 (95%-KI, 0,36–0,90; p = 0,02). Diese Verbesserung persistierte den Forschern zufolge in der Hautkrebs-Gruppe auch nach Korrektur für weitere Faktoren wie Alter, Geschlecht und dominanten Mutationssignaturen (HR 0,57; 95%-KI 0,33–0,96; p = 0,04). Sollten sich die Ergebnisse in weiteren Populationen bestätigen lassen, könnten sich MUC16-Mutationen als ein zusätzlicher brauchbarer Biomarker für das Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren erweisen, schlussfolgern die Autoren.

Quellen:
1. Yang F et al. JAMA Netw Open 2020; 3: e2012534; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.12534
2. Zhang L et al. A.o.O.; 3: e2013201; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.13201