Statine verursachen viel seltener Myalgien als angenommen
Statine, oder auch HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren, hemmen die Cholesterinsynthese in den Hepatozyten. Doch dies allein führt, anders als häufig gedacht, nicht zur Cholesterinsenkung, erklären Dr. David S. Schade und seine Kollegen von der University of New Mexico. Erst durch die Erhöhung der Zahl der LDL-Rezeptoren in den Zellmembranen wird die Konzentration im Blut vermindert. Personen mit beschädigten oder fehlenden LDL-Rezeptoren haben daher einen zu hohen Cholesterinspiegel.
Das Dosis-Wirkungs-Verhältnis ist dabei nicht linear. Die Wirksamkeit der Cholesterinsenker nimmt nur langsam zu – um etwa 7 % bei verdoppelter Dosis. Der Grund: Die Erhöhung der Dosierung kurbelt die Produktion der Serinprotease PCSK9 an, wodurch hepatische LDL-Rezeptoren abgebaut werden und der Cholesterinspiegel wieder steigt. Statt also die Dosis zu ändern, sollten Sie deshalb besser frühzeitig mit anderen Substanzen kombinieren. Die Autoren empfehlen 10 mg Rosuvastatin plus 10 mg Ezetimib.
Neben der Hemmung der HMG-CoA-Reduktase verfügen Statine über eine weitere wichtige Wirkung: die Entzündungshemmung. Diese ist der Hauptgrund, warum die Substanzen bei akutem Koronarsyndrom beliebt sind. Die antientzündlichen Effekte setzen rasch ein und stabilisieren dadurch u.a. instabile Plaques. Der viel langsamer eintretende LDL-reduzierende Effekt spielt dabei keine Rolle.
Differenziert betrachten sollte man auch Nebenwirkungen. So verschlechtern Statine zwar die Glukosetoleranz und können bei prädiabetischer Stoffwechsellage einen Diabetes manifest werden lassen – die Diabetesinzidenz erhöht sich aber wohl nicht, die Krankheit beginnt lediglich früher. Der Nutzen der Cholesterinsenker übersteigt aber bei allen untersuchten Patientenpopulationen das Risiko einer möglicherweise vorgezogenen Diabetes-Entwicklung deutlich, fassen die Wissenschaftler die Studien zusammen.
Durch die Einnahme kann es zu Myalgien kommen – doch die Häufigkeit dieser Nebenwirkung wird deutlich überschätzt, so die Autoren. Vermutlich spiele der Nocebo-Effekt eine maßgebliche Rolle: Wer ein Statin erhält, rechnet bereits im Voraus damit, Muskelschmerzen zu bekommen, vermuten die Experten. Unter Simvastatin 80 mg scheinen Myalgien tatsächlich gehäuft aufzutreten. Vorbeugen kann man durch eine möglichst niedrige Dosierung, den Wechsel auf einen anderen Wirkstoff oder die Kombination mit einer extrahepatisch wirkenden Substanz.
Simvastatin 80 mg hat darüber hinaus auch ein vergleichsweise höheres Rhabdomyolyse-Risiko, weshalb die Substanz hoch dosiert eigentlich nicht mehr verordnet werden sollte, so die Autoren. Das ebenfalls hoch potente Rosuvastatin ist hier deutlich besser verträglich.
Ob Statine wie vereinzelt berichtet Depressionen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen oder sogar Alzheimer hervorrufen, scheint fraglich, diskutieren die Experten. Es gebe genauso viele Studien, die das widerlegen oder sogar günstige Effekte dokumentieren.
Quelle: Schade DS et al. Am J Med 2019; online first