Hypertonie Stimmungshoch bei hohem Blutdruck

Autor: Annette Kanis

Schlägt die eigene Psyche Hypertoniepatienten ein Schnippchen und überspielt die negativen gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Erkrankung? (Agenturfoto) Schlägt die eigene Psyche Hypertoniepatienten ein Schnippchen und überspielt die negativen gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Erkrankung? (Agenturfoto) © makibestphoto – stock.adobe.com

Manch einer ist mit seinem mäßig erhöhten Blutdruck richtig gut drauf und fühlt sich psychisch fit. Aber Achtung: Möglicherweise steckt das sogenannte Verstärkungslernen hinter der guten Stimmung und dieser Patient ist gerade unterwegs in seine manifeste Hypertonie.

Gute Laune und euphorischer Tatendrang in Kombination mit hohem Blutdruck? Das ist keine Seltenheit bei Hypertoniepatienten, sie fühlen sich mit ihren erhöhten Werten subjektiv oft gar nicht so schlecht.

Eine Studie des Leipziger Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften bestätigt nun, dass ein aktuell erhöhter systolischer Blutdruckwert mit weniger depressiven Symptomen, größerem Wohlbehagen und geringerer emotionsbezogener Gehirnaktivität verbunden ist. Dies ermittelte ein Autorenteam um Dr. Lina Schaare anhand der psychologischen und medizinischen Daten von rund 500.000 älteren Menschen aus der UK Biobank. Zu Studienbeginn betrug das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer 58 Jahre, gut die Hälfte waren Frauen.

Die Wechselbeziehungen sind durchaus komplex

Schlägt also die eigene Psyche Hypertoniepatienten ein Schnippchen und überspielt die negativen gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Erkrankung? Ganz so einfach ist das nicht, denn die psychische Gesundheit und die des Herz-Kreislauf-Systems stehen in komplexer Beziehung zueinander – was zu durchaus widersprüchlichen Effekten führen kann. So liefert die Studie der Max-Planck-Wissenschaftler noch ein ganz anderes Ergebnis: Die Hypertonie als Krankheit geht mit mehr depressiven Symptomen und einem geringeren Wohlbefinden einhergehen. Dieser Zusammenhang zeigt sich schon Jahre vor der eigentlichen Diagnose.
Diese auf den ersten Blick gegensätzlichen Ergebnisse geben nach Ansicht der Autoren wichtige Hinweise darauf, wie psychische Faktoren die Behandlung von Hypertoniepatienten erschweren können. Die ist zum Beispiel der Fall, wenn sie ihre Medikamente nicht einnehmen, weil diese auf die Stimmung drücken.

Die Forscher beschreiben zudem ein sogenanntes Verstärkungslernen bei Menschen, die sich bei einem höheren Blutdruckwert psychisch und auch körperlich – mit dem Blutdruck steigt auch die Schmerzschwelle – gut fühlen. Sie halten zwar Schmerz und Stress besser aus, doch auf lange Sicht werden sie eine manifeste Hypertonie entwickeln, erklären Dr. Schaare und Kollegen. Um sowohl Depressionen als auch eine Hypertonie künftig besser behandeln zu können, müsse man demnach die komplexe Wechselbeziehung von Psyche und Körper verstärkt in den Blick nehmen.

Quelle:
1. Schaare HL et al. Nat Commun 2023; 14: 1953; DOI:10.1038/s41467-023-37579-6
2. Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft