Thromboseprophylaxe: Kompressionstrümpfe bieten nach elektiven Eingriffen keine Vorteile

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Ohne Kompressionsstrümpfe geht es auch. Ohne Kompressionsstrümpfe geht es auch. © tibanna79 – stock.adobe.com

Wer nach einer OP niedermolekulares Heparin bekommt, braucht nicht zusätzlich Kompressionsstrümpfe. Das zumindest deuten aktuelle Ergebnisse aus Großbritannien an.

Patienten mit erhöhtem Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) erhalten nach elektiven Operationen meist eine pharmakologische plus mechanische Thromboseprophylaxe. Basis für dieses Vorgehen bilden allerdings überwiegend ältere Studien.

Nun liegen die Ergebnisse einer neuen randomisiert-kontrollierten Multizenterstudie vor. Bei Patienten mit erhöhtem VTE-Risiko haben Kompressionsstrümpfe zusätzlich zu einer Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin (LMWH) nach einem elektiven Eingriff keinen zusätzlichen Nutzen. Sie führen im Gegenteil sogar möglicherweise zu mehr Komplikationen.

Einbezogen in die Nichtunterlegenheitsstudie waren 1858 vor einem Eingriff stehende Erwachsene mit einem mäßigen bis hohen VTE-Risiko, die randomisiert entweder LMWH oder LMWH plus Kompressionskniestrümpfe erhielten. Primäres Studienziel waren neu aufgetretene, per Bildgebung nachgewiesene VTE mit oder ohne Symptome oder eine Lungenembolie innerhalb von 90 Tagen nach dem Eingriff.

Es genügt die Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin

Solche Ereignisse traten bei 1,7 % der Patienten in der LMWH-Gruppe und bei 1,4 % in der LMWH-Kompressionstrumpf-Gruppe auf. Damit bestätigt sich die Nichtunterlegenheit der alleinigen LMWH-Therapie aus Sicht von Joseph­ Shalhoub­ vom Imperial College Healthcare NHS Trust in London und Kollegen. Auch bei der Auswertung von Patienten-Subgruppen (älter vs. jünger als 65 Jahre oder mäßiges vs. hohes Risiko) ergaben sich keine Vorteile für das zusätzliche Strümpfetragen.

Auf eine Kompressionsstrumpfverordnung kann deshalb vermutlich verzichtet werden, so das Fazit der Autoren – auch, weil dadurch unnötige Kosten entstehen. Allerdings sollte beachtet werden, dass in der vorliegenden Studie Patienten ausgeschlossen waren, bei denen nach ihrer Krankenhausentlassung weiterhin eine pharmakologische VTE-Prophylaxe indiziert war. Dazu gehören z.B. Patienten nach Gelenk­ersatz-Operationen.

Quelle: Shalhoub J et al. BMJ 2020; 369: m1309; DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.m1309