Über Hitzeerkrankungen aufklären und im Notfall richtig handeln
Die Zahl der Hitzetoten steigt. So kam es im Rekordsommer 2003 europaweit zu 25 000 bis 70 000 vorzeitigen Todesfällen. Zwischen Juni und August selbigen Jahres verstarben in Frankfurt am Main proportional gesehen die meisten Personen bei Temperaturen oberhalb von 32 °C. Tropenmediziner Dr. Fritz Holst aus Marburg erklärte, worin sich verschiedene Hitzeerkrankungen unterscheiden, was im Notfall zu tun ist und wie man Reisewillige richtig berät.
Erschöpft oder geschlagen?
Bereits bei der Hitzeerschöpfung kommt es vor, dass Betroffene umkippen. Deutlich häufiger klagen sie über Durst, Übelkeit und Kopfschmerzen. In der körperlichen Untersuchung fallen Tachykardie und Hypotonie auf. Die Körperkerntemperatur steige nur leicht auf 38–39 °C an, erklärte Dr. Holst, was auch die Abgrenzung zum wesentlich ernsteren Hitzschlag erlaube. Der nämlich sei durch Körpertemperaturen von über 40,5 °C gekennzeichnet. Auch träten bei ihm Synkopen deutlich häufiger auf. Neben Tachykardie und Hypotension zählen progrediente Ataxie, Dysarthrie und deutliche Koordinationsstörung zu den weiteren klinischen Zeichen eines Hitzschlags.
Psoriasis und Medikamente können Schwitzen vermindern
Folgt keine adäquate Therapie, kommt es zu Verwirrtheit, Halbseitenlähmung und epileptischen Anfällen. Betroffene können das Bewusstsein verlieren und ins Koma fallen. In den späteren Stadien schwitzen sie auch nicht mehr.
Erstversorgung bei Hitzschlag
- passiv kühlen (Schatten aufsuchen)
- Kleidung entfernen
- Temperatur messen (erst rektal, dann oral)
- Kaltwasserbad, Besprühen mit Wasser
- evaporative Kühlung (Luft zufächeln, Ventilator) mit dem Ziel, die Temperatur innerhalb 30 min. unter 39 °C zu bekommen (Enzephalopathie!)
- intravenös Flüssigkeit zuführen (1–2 l NaCl-Lösung in der ersten Stunde)
- Abtransport in die Klinik
„Und bitte keine fiebersenkenden Mittel geben!“, mahnte der Marburger Kollege. „Die bringen die Temperatur nicht runter, beeinträchtigen aber Nieren- und Leberfunktion.“ Stationär wird dann die Körpertemperatur überwacht, Flüssigkeit substituiert und der Patient systematisch auf unter 39 °C abgekühlt.
Bei hohen Temperaturen gründlich aufklären
Hitzschlag und Hitzeerschöpfung könne man in der Regel gut vorbeugen, indem man einige Dinge beachte, erinnerte der Kollege. Besondere Vorsicht müsse auf Reisen gelten. Was viele Patienten nicht wissen: Psoriasis, Sklerodermie und Sonnenbrand können die Aktivität der Schweißdrüsen mindern. Genauso wie einige gängige Medikamente, allen voran Betablocker, Benzodiazepine, ASS, Diuretika, Psychopharmaka und Antihistaminika. Zudem beeinträchtigen chronische Erkrankungen wie Adipositas, Herzinsuffizienz und Diabetes sowie die persönliche Fitness die individuelle Anfälligkeit für Hitzeerkrankungen. Ein weiterer Rat: Eng anliegende Kleidung erhöht die Wärmeentwicklung, deshalb möglichst luftig anziehen. Und den Hut nicht vergessen.
In den Wanderrucksack gehören im Sommer vier bis fünf Liter Wasser
Im Erschöpfungsfall ist man nach 30 Minuten wieder fit
Vor allem Ältere ab ca. 60 Jahren sollten sich vor einem längeren Aufenthalt in heißen Gebieten akklimatisieren, am besten über sechs bis zwölf Tage hinweg. Dadurch nimmt das Blutvolumen zu, die Schweißareale vergrößern und die Gefäße erweitern sich, sodass die körpereigene Kühlung schon bei niedrigeren Temperaturen und mit größerem Schweißvolumen beginnt. Zudem verliert der Körper dann weniger Elektrolyte. Hitzeerschöpfung und Hitzschlag lassen sich früh an einem roten Gesicht, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit sowie leichter Verwirrtheit erkennen. Dann heißt es, umgehend den Schatten aufzusuchen. Am besten lehnen sich Betroffene an, strecken die Beine aus und trinken ausreichend. „Bei einer Erschöpfung fühlt man sich nach 30 Minuten wieder soweit fit, dass man weitergehen kann“, erklärte Dr. Holst. Ist man sich nicht sicher, sollte man stets wie bei einem Hitzschlag vorgehen: im Schatten bleiben und weiter abkühlen, Wasser über Kopf und Körper, Kleidung entfernen, Luft zufächeln.Quelle: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin