Bitte 10 Euro mehr für den Hausbesuch: KBV sieht Honorarverhandlungen als Test für TSVG
Wie es im Referentenentwurf des geplanten „Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung“ (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) heißt, sollen Wartezeiten auf Arzttermine verkürzt, das Sprechstundenangebot erweitert sowie die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen verbessert werden. So sollen z.B. die Terminservicestellen jederzeit für Patienten telefonisch erreichbar sein und neben den bisherigen Facharzt- und Psychotherapieterminen auch Termine bei Haus- und Kinderärzten vermitteln sowie in Akutfällen eine direkte ärztliche Versorgung in einer offenen Praxis oder Notfallambulanz ermöglichen. Zudem müssen Vertragsärzte ihr Mindestsprechstundenangebot für gesetzlich versicherte Patienten von 20 auf 25 Wochenstunden erhöhen.
Wie der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am Tag nach einem Treffen von Mitgliedern der Vertreterversammlung, Vorständen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Berufsverbänden berichtete, kommen diese allesamt hinsichtlich des TSVG zu ähnlichen Einschätzungen. Dabei werden durchaus gute Ansätze gesehen. So wird die gemeinsame Notfallnummer 116 117 als zentrale Anlaufstelle für Patienten außerhalb der Sprechstunden positiv bewertet, ebenso die Koppelung der Vermittlung an die Terminservicestellen. Es gebe damit „statt Wildwuchs mehr Klarheit“, so Dr. Gassen. Eine vermehrte Inanspruchnahme der Notrufnummer sei auch bereits zu verzeichnen.
Es fehlt die Fantasie, wie die KV alles kontrollieren soll
Die jährlichen Mehrbelastungen der GKV für die vertragsärztliche Vergütung können sich je nach Ausgestaltung durch den Bewertungsausschuss auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag belaufen, heißt es im TSVG-Entwurf.
Wenn für Terminvermittlung, offene Sprechstunden, Sprechende Medizin etc. 500 bis 600 Mio. Euro zusätzlich fließen, bietet sich aus Sicht des KBV-Vorstandes tatsächlich die Chance auf mehr Versorgung. Lob deshalb für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die Notwendigkeit einer angemessenen Vergütung sehe – wenngleich damit noch nicht die Budgetierung vom Tisch sei.
Zudem bleibt der menschliche Faktor: Für Mehrleistung müssen auch ausreichend Ärzte vorhanden sein. „So etwas lässt sich nicht mit Geld, sondern nur über mehr Ärzteausbildung regeln“, bemerkte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister. „Ein Politiker müsste hier vorausschauend wie ein Waldbauer denken, das tut er aber nicht.“
Zu den offenen Sprechstunden äußerte er ebenfalls Skepsis. Er fürchtet, dass diese in der Regel nicht jenen Kranken zugute kommen, die schnell ärztliche Hilfe benötigen, „denn diese Menschen sollen und können nicht stundenlang im Wartezimmer sitzen“. Probleme sieht er auch für chronisch Kranke, für die die Praxen dann weniger freie Termine hätten: Das sei dann eine neue Diskriminierung von Patienten. Alles in allem rechnet Dr. Hofmeister beim Gesetzentwurf „mit viel Gegenwind für das Ministerium“. Aber er sieht auch Probleme für die KVen: „Wir haben noch keine Fantasie, wie wir das alles bürokratisch kontrollieren sollen.“ Das Gesetz bietet deshalb aus seiner Sicht „ein hohes Potenzial für enorme Schwierigkeiten“.
Ganz wesentlich für die Umsetzung wird sein, dass die Krankenkassen Leistungen adäquat vergüten. Bisher seien sie eher daran interessiert, nicht zu zahlen, moniert die KBV-Spitze. Sie sieht die Mitte August gestarteten Honorarverhandlungen deshalb auch als Test an. Zwar dürfen die Inhalte des TSVG-Entwurfs hier noch keine Rolle spielen, aber die Ergebnisse könnten zumindest andeuten, ob der GKV-Spitzenverband guten Willens ist.