Forum Hausärztinnen: „Jede Kollegin, die sich in die Berufspolitik einbringt, ist ein Erfolg!“

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

In Niedersachsen kämpfen Hausärztinnen mittels zweier Foren für ihre Interessen. In Niedersachsen kämpfen Hausärztinnen mittels zweier Foren für ihre Interessen. © Iryna – stock.adobe.com

Hausärztinnen sehen ihre Belange ­berufspolitisch oft übergangen. Seit einigen Jahren gründen sie daher eigene Foren innerhalb des Deutschen Hausärzteverbandes. In Niedersachsen vertreten gleich zwei solcher ­Netzwerke die Interessen der Medizinerinnen.

Die Zukunft der Medizin ist fraglos weiblich. Schon jetzt schreiben sich mehr Frauen als Männer in das Studienfach ein, Tendenz steigend. In der ärztlichen Berufspolitik sind sie allerdings stark unterrepräsentiert, sie fühlen sich in ihren Interessen wenig berücksich­tigt. Um diesen Missstand zu beheben, haben Hausärztinnen 2016 innerhalb des Deutschen Hausärzteverbands das „Forum Hausärztinnen“ gegründet.

Allgemeinmedizinerinnen sind an den Foren sehr interessiert

Die Mitglieder entwickeln politische Forderungen, netzwerken intensiv und bieten verschiedene Coachings für Ärztinnen in allen Ausbildungsstufen. Weitere solcher Foren sind aufgrund des gro­ßen Interesses auf Landesebene entstanden. Recht neu gegründet: Die Hausärztinnen-Foren in Braunschweig und Niedersachsen.

Die Hausärztinnen in Niedersachsen haben ihr Forum im August 2019 gegründet. Die Arbeit ist erfolgreich gestartet: Bei bislang zwei Treffen diskutierten 35 Mitglieder aktuelle berufspolitische Themen aus frauenspezifischer Perspektive. „Wir erleben bereits jetzt eine große Aufmerksamkeit für unsere Positionen in den verschiedenen Gremien“, berichtet Dr. Kristina Spöhrer, die Sprecherin des Forums. „Das beflügelt unsere weitere Arbeit.“

Beispielsweise fordern die Haus­ärztinnen – wie andere Gremien auch – eine grundlegende Veränderung des Bereitschaftsdienstes. Allerdings ergänzen sie die Debatte um die Perspektive der Medizinerinnen: Der Bereitschaftsdienst muss in ihren Augen vor allem familienfreundlicher werden.

Medizinischer Fahrer für Bereitschaftsdienst gefordert

Erreicht werden könnte dies laut Forum durch eine Basisvergütung von 50 Euro pro Stunde. Dies erhöhe die Chance, einen qualifizierten Vertreter bezahlen zu können. Eine einfachere Suche nach einem Vertreter wiederum erlaube es, die Lebenssituation zu berücksichtigen und erhöhe somit die Familienfreundlichkeit, argumentiert Dr. Spöhrer.

Außerdem geben die Hausärztinnen zu bedenken, dass viele Kolleginnen sich unwohl fühlen, wenn sie allein in möglicherweise gefährlichen Gebieten unterwegs sind, um Patienten zu versorgen, die ebenfalls suspekt sein können. Um die Gefahr zu reduzieren, fordert das Forum die Bereitstellung eines medizinisch geschulten Fahrers.

Ein großes Ziel aller Hausärztinnen-Foren ist es, mehr Kolleginnen für die Arbeit in Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung zu gewinnen, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Bei ihrem letzten Treffen besprachen die niedersächsischen Hausärztinnen daher auch die Struktur und die Aufgaben der Selbstverwaltung. „Jede Kollegin, die sich durch das Forum aktiv in die Berufspolitik und die Gremien einbringt, ist ein großer Erfolg!“, erklärt Dr. Spöhrer. Sie selbst ist sowohl im Bundesforum der Hausärztinnen als auch im Geschäftsführenden Vorstand des Hausärzteverbandes Niedersachsen aktiv.

Die Mitglieder des Forums wollen sich künftig vier mal pro Jahr in unterschiedlichen Regionen Niedersachsens treffen. Welche Themen sie dann diskutieren, hängt zum einen vom jeweiligen berufspolitischen Geschehen ab, zum anderen aber auch von den Wünschen der Haus­ärztinnen. So wird es beim nächsten Treffen in Oldenburg um verschiedene Organisationsformen der Arbeit im ambulanten Sektor gehen, etwa um Gemeinschaftspraxis, inhabergeführtes MVZ und Jobsharing.

Mentoring-Programm soll das Netzwerken erleichtern

Dem Forum sei es zudem wichtig, Interessierten gute und viele Kontaktmöglichkeiten zu bieten, meint Dr. Spöhrer. Daher soll mit dem Hausärztinnen-Forum in Hamburg ein Mentoring-Programm geschaffen werden, Details sind allerdings noch nicht ausgearbeitet.

Das Hausärztinnen-Forum Braunschweig gründete sich im Februar mit 27 Mitgliedern. Die Stadt liegt zwar innerhalb Niedersachsens, die Aufteilung in zwei ärztliche Bezirke ist jedoch historisch ­gewachsen.

Bei der Gründungsveranstaltung ging es vor allem um Grenzüberschreitungen von Patienten gegenüber Ärztinnen. Häufig würden sie verlangen, sofort versorgt und insbesondere emotional betreut zu werden, berichtet Dr. Ilka Aden, die Sprecherin des Forums. Das „Nein“ der Medizinerinnen werde oft nicht akzeptiert. Künftig will das Forum Schulungen veranstalten, bei denen Ärztinnen und Medizinische Fachangestellte lernen können, mit Grenzüberschreitungen umzugehen.

Das Forum plant, sich in Fragen der Arbeitsbedingungen von Ärztinnen vor allem an KV und Ärztekammer zu wenden. „Es gilt, ein Bewusstsein zu schaffen: Wir können langfristig die medizinische Versorgung nicht sicherstellen, wenn nicht die Ärztinnen der Primärversorgung angemessen unterstützt werden“, betont Dr. Aden.

Medical-Tribune-Bericht

Dr. Kristina Spöhrer, Sprecherin des Forums Hausärztinnen in Niedersachsen Dr. Kristina Spöhrer, Sprecherin des Forums Hausärztinnen in Niedersachsen © Deutscher Hausärzte­verband, Landesverband Niedersachsen
Dr. Ilka Aden, Sprecherin des Forums Hausärztinnen in Braunschweig Dr. Ilka Aden, Sprecherin des Forums Hausärztinnen in Braunschweig © Deutscher Hausärzte­verband, Landesverband Braunschweig