Kommentar Vom Sterben der KiTas
Und jetzt das: Von heute auf morgen schließt die Krippe unseres zweijährigen Sohnes. Die leitende Erzieherin ist langfristig nicht arbeitsfähig. Der verbleibende Erzieher lässt sich kurz darauf krank schreiben, wenige Tage später reicht er die Kündigung ein. Der Todesstoß für eine kleine Elterninitiative wie der unseren.
Neue Erzieher zu finden ist in der aktuellen Personalmangel-Situation aussichtslos. Auch die Anforderungen des neuen „Gute-KiTa-Gesetzes“ erschweren ein Weiterbestehen unserer kleinen Einrichtung. Die Krisensitzung der Eltern, die die Krippe in kompletter Eigenregie als Verein betreiben, ergibt: Wir müssen schließen. Ein gut etabliertes Alltagskonstrukt für zwölf Familien bricht schlagartig zusammen.
Doch wie geht es nun weiter? Spätestens nach zahlreichen Telefonaten mit den ansässigen KiTas wird mir bewusst: Wir sind auf Unterstützung durch die Stadt und das Jugendamt angewiesen, sonst sieht es schlecht mit einem neuen Betreuungsplatz aus. Wie in vielen Städten platzen die Einrichtungen aus allen Nähten, Erzieherinnen und Erzieher kommen an Ihre Grenzen oder haben diese bereits überschritten.
Laut Bertelsmann-Stiftung wären 308.800 zusätzliche Fachkräfte notwendig, um in Deutschland den Betreuungsbedarf zu decken und einen kindgerechten Personalschlüssel zu erfüllen. Wie sich der aktuelle Notstand auf die Qualität der Betreuung auswirkt, wage ich nicht zu hinterfragen. Das KiTa-System ist komplett marode. Schuld sind offenbar nicht unbedingt die Gehälter, sondern die Arbeitsbedingungen, die den Personalnotstand stetig verschlimmern. Es ist ein Teufelskreis, den zu durchbrechen Bund, Länder und Kommunen weiter zur Verantwortung gezogen werden müssen - im engen Dialog mit den Einrichtungen und den Eltern.
Mein Mann und ich können inzwischen etwas durchatmen. Uns wurde eine Notbetreuung bewilligt. So hatte ich immerhin Zeit, diesen Text zu schreiben.
Yvonne Emard
Redakteurin Medical Tribune