Akne und Ernährung: Pudding lässt Pickel sprießen

Ulrike Viegener

Antibiotika aufzutragen, wird nicht mehr empfohlen. Besser zu Retinoiden oder Benzoylperoxid greifen. Antibiotika aufzutragen, wird nicht mehr empfohlen. Besser zu Retinoiden oder Benzoylperoxid greifen. © fotolia/frank29052515

Nachdem es jahrzehntelang verneint wurde, sollen Ernährungsaspekte bei der Akne jetzt doch relevant sein. Insulinresistenz und Hyperinsulinämie scheinen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Akne zu spielen.

Nicht jeder Pickel ist gleich eine Akne. Fast alle Jugendlichen haben im Verlauf der Pubertät mit Akneläsionen zu tun, eine klinisch relevante Akne, die eine medizinische Behandlung erfordert, besteht aber nur in 15 bis 30 % der Fälle. Jungen und Mädchen sind gleich häufig betroffen, allerdings sind schwere Formen öfter beim männlichen Geschlecht zu finden.

In 10 bis 40 % der Fälle – auch hier schwanken die Literaturangaben – persistieren die Hautläsionen bis über das 25. Lebensjahr hinaus. Chronisch schubartige Verläufe bis zum Ende des zweiten oder sogar dritten Lebensjahrzehnts werden immer häufiger gesehen, schreiben Dr. Mirjam Nägeli und ihr Kollege vom Universitätsspital Zürich. Es gibt auch Fälle, bei denen die entzündliche Hauterkrankung nach der Pubertät überhaupt erst beginnt, wobei dies bei Frauen öfter als bei Männern zu beobachten ist. Laut einer kürzlich publizierten Querschnittsstudie leiden 5 % der Frauen und 3 % der Männer im Alter zwischen 40 und 49 an einer Akne.

Charakteristisch für das Krankheitsbild sind Komedonen, was für die differenzialdiagnostische Abgrenzung wichtig ist. Zu beachten ist auch, dass Komedonen bei manchen Aknepatienten die einzig vorhandenen Effloreszenzen sind.

Vor allem drei Pathophänomene spielen eine Rolle:

  • eine verstärkte Talgdrüsenaktivität mit Seborrhö
  • eine follikuläre Verhornungsstörung
  • inflammatorische Reaktionen auf eine Hyperkolonisation mit Propionibacterium acnes

Androgene induzieren eine Proliferation follikulärer Keratinozyten und führen zu einer Vergrößerung der Talgdrüsen sowie zu einer vermehrten Sebumexkretion. Allein den Androgenen die Schuld zuzuweisen, wäre aber falsch. Nach neueren Erkenntnissen dürften an der Akneentstehung weit mehr Faktoren beteiligt sein.

Milch und Brot macht Wangen rot

Jahrzehntelang hieß es, Ernährungsfaktoren seien für die Akneentstehung nicht relevant. Diese Auffassung hat man – durch neue Studien gestützt – inzwischen verlassen: Insulinotrope Nahrungs- und Genussmittel, die bei typisch westlicher Ernährungsweise zahlreich vertreten sind, gelten als ungünstig. Vor allem
  • Milch und Milchprodukte, die einen hohen IGF-1-Gehalt aufweisen, sowie
  • kohlenhydratreiche Kost mit hohem glykämischem Index führen offenbar zu einer pathologischen Steigerung von – in der Pubertät ohnehin erhöhten – Wachstumssignalen.
Eine niedrigglykämische Diät scheint geeignet, die Entzündungsaktivität der Haut­läsionen zu reduzieren.

Vor allem Insulin und IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1) stehen als Mitverursacher im Verdacht. Akne wird inzwischen als metabolisches Syndrom der Haut gedeutet, da Insulinresistenz und Hyperinsulinämie offenbar auch bei der entzündlichen Dermatose eine zentrale Rolle spielen. Damit erscheint auch die Ernährungsfrage in ganz neuem Licht (s. Kasten).

Auch Rauchen verstärkt möglicherweise hormonell bedingte Aknestimuli. Vor allem kleinzystische Akneformen werden oft bei Rauchern gesehen, allerdings sind die Daten nicht einheitlich.

Topische Behandlung

Bei fast jeder Akne besteht die Basistherapie in der topischen Anwendung von Retinoiden (Adapalen, Tretinoin). Diese beeinflussen die perifollikuläre Verhornung und verhindern so die Entstehung von Mikrokomedonen. Die Retinoide müssen deshalb flächendeckend – nicht nur auf einzelne Läsionen – aufgetragen werden. Nach Abheilung der Effloreszenzen soll die Behandlung mindestens sechs Monate fortgeführt werden.

Benzoylperoxid (BPO) besitzt einen leicht verhornungsregulierenden Effekt sowie eine gute antibakterielle Wirkung, ohne dass die Gefahr einer Resistenzentwicklung besteht. Bei leichten Akneformen kann dieses Topikum allein, bei schwereren Formen in Kombination mit Retinoiden angewendet werden. Eine topische Monotherapie mit Antibiotika wird angesichts der Resistenzproblematik nicht mehr empfohlen. Eine topische Kombinationstherapie mit Antibiotika und Retinoiden, BPO oder Azelainsäure soll nicht länger als 12 Wochen erfolgen.

Bei mittelschweren bis schweren Akneformen kann – mit Blick auch auf die Adhärenz – gleich von Beginn an eine topische Behandlung mit Fixkombinationen synergistischer Wirkstoffe (z.B. Adapalen/BPO, BPO/Clindamycin) sinnvoll sein. Die Patienten sollten darüber aufgeklärt werden, dass mit einer deutlichen Besserung des Hautbildes frühestens nach vier Wochen konsequenter Therapie zu rechnen ist.

Systemische Therapie

Diese ist bei schweren Akneformen sowie bei starker Vernarbungstendenz indiziert. Mittel der Wahl sind die Antibiotika Lymecyclin (1 x 300 mg) und Doxycyclin (2 x 50 mg), die ein bis drei Monate lang gegeben werden. Parallel sollte eine topische Therapie mit Retinoiden bzw. BPO erfolgen.

Bei unzureichendem Effekt wird für mindestens sechs Monate Isotretinoin oral angewendet, das als einziges Medikament verhornungsregulierend, sebosuppressiv und antientzündlich wirkt. Isotretinoin wird einschleichend dosiert. Eine begleitende topische Therapie wird nicht empfohlen, wohl aber die Anwendung rückfettender Pflegeprodukte, um einer Austrocknung der Haut vorzubeugen. Eine Schwangerschaft muss wegen der stark teratogenen Wirkung sicher ausgeschlossen sein. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Isotretinoin und erhöhter Suizidalität sei bislang nicht gesichert, so die Autoren.

Quelle: Nägeli M et al. Schweiz Med-Forum 2017; 17: 833-837

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