Akuter Durchfall: Antibiose erst bei bakterieller Infektion mit systemischer Entzündung nötig?

Dr. Elke Ruchalla

Im Regelfall sind akute Durchfallerkrankungen selbstlimitierend, nach durchschnittlich vier Tagen hat man sie überstanden. Im Regelfall sind akute Durchfallerkrankungen selbstlimitierend, nach durchschnittlich vier Tagen hat man sie überstanden. © iStock/bymuratdeniz

Bei akutem Durchfall sind meist Viren bzw. Bakterien oder deren Toxine am Werk, die im Darm die Rückresorption von Flüssigkeit stören. Oft reicht eine symptomatische Behandlung des Betroffenen aus, nur in bestimmten Fällen muss ein Antibiotikum her.

Eine akute Diarrhö liegt vor, wenn der Patient mehr als dreimal am Tag zur Toilette muss und der Stuhl eine breiige bis flüssige Konsistenz hat. Im Regelfall sind akute Durchfallerkrankungen selbstlimitierend, nach durchschnittlich vier Tagen hat man sie überstanden, erklären Dr. Carmen Monasterio von der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Freiburg und ihre Kollegen.

Verlust an Flüssigkeit und Elektrolyten ersetzen

Die Untersuchung von Stuhlproben auf Erreger ist nur bei Risikopatienten notwendig. Zu dieser Gruppe gehören Erkrankte mit besonders schweren Symptomen oder wesentlichen Begleiterkrankungen. Als weitere Indikation gelten Settings, in denen eine Infektionsgefahr für die Umwelt nicht ausgeschlossen werden kann, etwa Diarrhöen in Krankenhäusern und Pflegeheimen.

Therapeutisch sollte insbesondere darauf geachtet werden, verlorene Flüssigkeit und Elektrolyte ausreichend zu ersetzen. Handelt es sich um eine schwere Erkrankung, etwa mit Fieber oder blutigem Durchfall, raten die Experten auf jeden Fall davon ab, den Darm ruhigzustellen (z.B. mit Loperamid). Es besteht sonst die Gefahr eines toxischen Megakolons. Antibiotika sind – wenn überhaupt – nur bei bakteriellen Diarrhöen angesagt.

Virale Durchfallerkrankungen

Beim Stichwort Durchfallviren sind im Wesentlichen Noro- und Rotaviren gemeint. Noroviren befallen alle Altersgruppen und lösen starke Übelkeit mit Erbrechen und schweren Diarrhöen aus, meist bessern sich die Symptome nach zwei bis drei Tagen. Der Erreger ist hoch ansteckend und breitet sich innerhalb von eng zusammenlebenden Gruppen sehr schnell aus (Inkubationszeit 24–48 h). Das gilt in Heimen und Kliniken, aber auch auf Kreuzfahrtschiffen. Um der weiteren Ansteckung vorzubeugen, sind Hygienemaßnahmen das A und O. Der Virusnachweis erfolgt via RT-PCR, therapiert wird ausschließlich symptomatisch.

Vorsicht bei immungeschwächten Patienten: Bei ihnen kann die Infektion chronisch werden. Sie scheiden aber im Stuhl nur geringe Virusmengen aus, sodass die Ansteckungsgefahr geringer ist. Eine Behandlung mit Ribavirin könnte helfen.

Rotavirusinfektionen betreffen vor allem Kinder und sind ebenfalls höchst kontagiös. Auch ihre Therapie erfolgt symptomatisch – weswegen der Sinn einer gezielten Dia­gnostik von den Autoren infrage gestellt wird. Meist ist das Ganze nach etwa zwei bis sechs Tagen ausgestanden. Die Infektion lässt sich durch eine Impfung vermeiden.

Bakterielle Diarrhöen

Bakterielle Enteritiden werden meist durch kontaminierte Lebensmittel verursacht. Die Inkubationszeit beträgt wenige Stunden bis Tage. Eine Antibiose (siehe Tabelle) wird empfohlen, wenn zum Zeitpunkt des Nachweises die Beschwerden anhalten (Campylobacter) sowie generell, wenn bei nachgewiesener Infektion mit E. coli, Campylobacter, Salmonellen oder Yersinien Entzündungszeichen oder extraintestinale Manifesta­tionen auftreten.

Antibiotikatherapie bei bakteriell bedingten Diarrhöen
Erreger
Indikation
Medikament
Dosis
Campylobacter

langer Verlauf,

Begleiterkrankungen, systemische Entzündung

Azithromycineinmalig 1 g
Ciprofloxacin (2. Wahl)2x 500 mg/d über 3 Tage
Salmonellensystemische Entzündung, Immunsuppression, Dialysepatienten, relative Indikation bei Implantaten oder GefäßerkrankungenCiprofloxacin

2 x 500 mg/d für 5–7 Tage

Anmerkung: bei anhaltender Ausscheidung (> 3 Monate) evtl. für vier Wochen

Ceftriaxon2 g/d für 5–7 Tage
Shigellennachgewiesene InfektionAzithromycin500 mg/d 3–5 Tage
Ciprofloxacin1 g/d für 3–5 Tage
C. difficileunkomplizierter Verlauf, ggf. schon vor LabornachweisMetronidazol3x 400 mg/d p.o. bzw. 3 x 500 mg/d i.v., mindestens 48 h über Symptomende hinaus
schwerer Verlauf/Rezidiv, ggf. schon vor LabornachweisVancomycin oral

4x 125–250 mg/d, mindestens 48 h über Symptomende hinaus

 

Pulstherapie (bei Sporen) 2 Wochen 4 x 125 mg/d, 1 Woche 2 x 125 mg/d, 1 Woche 125 mg/d, 2 Wochen 125 mg alle 2–3 Tage alternativ: Fidaxomicin oral

Campylobacter führt hierzulande die Liste der Diarrhöverursacher an. Den Keim fängt man sich oft über nicht ausreichend gegartes Geflügel ein. Als Komplikationen der Infektion drohen reaktive Arthritiden, Myo­karditiden oder das Guillain-Barré-Syndrom. Dazu kommt die Gefahr, ein postentzündliches Reizdarmsyndrom mit chronischen Durchfällen zu entwickeln. Auch mit Salmonellen steckt man sich meistens über Geflügel und Produkte mit rohen Eiern an. Eine antibiotische Therapie sollte auf Patienten mit Bakteriämie, schwerer systemischer Infektion, Immunsuppression oder Dialysepflicht begrenzt werden, da sie leichte Krankheitsverläufe nicht abkürzen und dazu führen kann, dass wesentlich länger Salmonellen ausgeschieden werden. Infektionen durch Shigellen sind in Deutschland relativ selten. Im Gegensatz zu Erkrankungen durch Salmonellen oder Campylobacter verlaufen sie oft wesentlich schwerer und sollten daher immer antibiotisch behandelt werden. Clostridioides difficile kann zur ganz normalen Darmflora gehören. Wird das mikrobielle Gleichgewicht im Darm durch eine Therapie mit Antibiotika (vor allem mit biliär eliminierten) gestört, vermehrt sich der Keim mitunter unverhältnismäßig, die von ihm gebildeten Toxine führen zu Durchfällen.

PPI- und Antibiotikatherapie als Risikofaktoren

Besonders gefährdet sind Patienten mit Immunschwäche und solche, die einen Protonenpumpeninhibitor erhalten. Früher traten C.-difficile-Infektionen zumeist nosokomial auf. Immer häufiger finden sie sich aber auch im ambulanten Bereich – mit begünstigt durch die zunehmende Antibiotikaeinnahme.

Meldepflicht beachten

Eine namentliche Meldepflicht besteht bei Infektionen mit allen genannten Durchfallerregern außer C. difficile. Eine durch diesen Keim bedingte Erkrankung muss nur bei schwerem Verlauf oder Tod gemeldet werden.

Clostridioides-Toxine lassen sich im Stuhl nachweisen – aber Achtung: Die Proben müssen gekühlt aufbewahrt oder innerhalb von zwei Stunden untersucht werden. Besteht der starke klinische Verdacht auf eine C.-difficile-Diarrhö, sei es vertretbar, die Antibiose bereits vor Eintreffen der mikrobiologischen Befunde zu beginnen, so die Experten. Nicht selten kommt es zu Rezidiven, weshalb man vorhandene Risikofaktoren möglichst ausschalten sollte, etwa PPI bzw. andere Antibiotika absetzen. Können selbst ausgefeilte Antibiotikaschemata Rückfälle nicht verhindern, hilft evtl. eine Stuhltransplantation (Mikrobiota-Transfer).

Quelle: Monasterio C, Hartl C, Hasselblatt P. „Akute und chronische Durchfallerkrankungen: Differenzialdiagnose und Therapie“, Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 1325-1336; DOI: 10.1055/a-0944-8523; © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York

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Im Regelfall sind akute Durchfallerkrankungen selbstlimitierend, nach durchschnittlich vier Tagen hat man sie überstanden. Im Regelfall sind akute Durchfallerkrankungen selbstlimitierend, nach durchschnittlich vier Tagen hat man sie überstanden. © iStock/bymuratdeniz