Bei langwierigem Durchfall an Giardia lamblia denken!

Dr. Angelika Bischoff

Einmal im Magen-Darm-Trakt angelangt werden die Giardien schnell zum Problem. Einmal im Magen-Darm-Trakt angelangt werden die Giardien schnell zum Problem. © iStock.com/Eraxion

Ihr Patient klagt seit Wochen über Diarrhö und hat deutlich abgenommen? Chinolone hätten außerdem nicht geholfen? Dann sollten Sie eine Giardiasis in Erwägung ziehen. Das gilt nicht nur, wenn der Betroffene sich in einem Land mit schlechten Hygienebedingungen aufgehalten hat.

Giardia lamblia existiert in einer aktiven fortpflanzungsfähigen Trophozoitenform sowie in einer Zystenform, die über Monate im Darm überdauern kann und auch für die Übertragung verantwortlich ist. Die Infektion mit den Zysten erfolgt fäkal-oral von Mensch zu Mensch, z.B. durch Trinken von kontaminiertem Oberflächenwasser oder Verzehr verunreinigter Lebensmittel.

Im Duodenum entstehen aus jeder Zyste zwei Trophozoiten, die sich im Jejunum durch Zweiteilung weiter vermehren und sich mit ihren Haftscheiben an das Zottenepithel ansetzen. Der Bürstensaum atrophiert unter diesem „Trophozoitenteppich“, sodass eine Malabsorption entsteht. Im Ileum kapseln sich die Trophozoiten wieder in Zysten ein. Ein chronisch infizierter Mensch scheidet etwa 1–10 Milliarden Zys­ten pro Tag aus! Für eine Infektion genügen jedoch bereits 10–100 Zys­ten, unterstrich Dr. Vera Kömpf, Tropenklinik Tübingen.

Desinfektionsmittel machtlos

Händewaschen mit Seife nach jedem Toilettengang und vor jedem Essen sowie Abkochen und Filtern von Trinkwasser hilft präventiv. Eine chemische Desinfektion z.B. mit Micropur ist unwirksam!

Negativen Stuhltest bei Verdacht wiederholen

Die akute Erkrankung beginnt drei bis 25 Tage nach der Ansteckung mit Diarrhö, fettigen Stühlen, Bauchkrämpfen und Blähungen, manchmal auch mit Übelkeit und Erbrechen, nur gelegentlich Fieber. Die akute Phase dauert in der Regel zwei bis drei Wochen. Ein gesundes Immunsystem sorgt dafür, dass die meisten Patienten die akute Phase der Infektion von selbst überstehen und wieder genesen. Bei reduzierter Immunkompetenz und/oder schlechtem Ernährungszustand bzw. hoher Erregervirulenz kann sich eine chronische Infektion entwickeln mit anhaltenden Stuhl­unregelmäßigkeiten, abdominellen Beschwerden, Gewichtsverlust und Malabsorption. Im Stuhl lassen sich vor allem Zys­ten, selten auch Trophozoiten detektieren. Auch fäkale Antigennachweise mittels ELISA oder direkter Immunfluoreszenz mit monoklonalen Antikörpern sind verfügbar. Bleibt die Stuhluntersuchung trotz dringendem klinischem Verdacht negativ, empfiehlt es sich, diese bis zu insgesamt dreimal durchzuführen. Führt dies immer noch nicht zum Ziel, sollte eine Gastroduodenoskopie angeschlossen werden, bei der Duodenalsekret oder Schleimhautbiopsien zur histologischen Untersuchung gewonnen werden.

Gummibärchen statt Endoskopie?

Nichts für Feiglinge ist eine Methode zur Gewinnung von Duodenalsekret, die Dr. Johannes Schäfer, Tropenklinik Tübingen, mit einem kleinen Selbstversuch-Video vorführte. Man nehme ein Gummibärchen und einen ausreichend langen saugfähigen Faden. Man wickle das Gummibärchen an einem Ende gut fest und schlucke den Faden langsam. Dann fixiere man das obere Ende gut auf der Gesichtshaut. Die Zugwirkung der Peristaltik am Faden sollte nicht unterschätzt werden! Man warte einige Zeit, bis das Gummibärchen mutmaßlich verdaut ist. Am unangenehmsten sei das Zurückziehen des Fadens, an dessen distalem Ende sich nun Duodenalsekret befindet. In seiner Klinik hat er die Methode jedoch noch nicht eingesetzt.

Laktose meiden – auch Wochen nach Parasitenelimination

Die Therapie erfolgt mit 2 g Tinid­azol (Auslandsapotheke!) als Einzeldosis oder 500 mg Metronidazol zweimal täglich für fünf bis sieben Tage. Man sollte den Patienten auch raten, Laktose zu meiden, da sich eine erworbene Laktoseintoleranz entwickeln kann – auch noch Wochen bis Monate, nachdem die Parasiten verschwunden sind. Die Giardiasis ist eine meldepflichtige Erkrankung. Das RKI hat 2016 in Deutschland insgesamt 3484 Fälle registriert. Nur ein kleiner Teil davon wurde direkt aus dem Ausland importiert.

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Einmal im Magen-Darm-Trakt angelangt werden die Giardien schnell zum Problem. Einmal im Magen-Darm-Trakt angelangt werden die Giardien schnell zum Problem. © iStock.com/Eraxion