AML: Senioren profitieren von Erhaltungstherapie

Josef Gulden

Azacitidin ist ein Analogon des Nukleosids Cytidin. Abhängig von der Formulierung unter­scheidet sich seine Wirksamkeit. Azacitidin ist ein Analogon des Nukleosids Cytidin. Abhängig von der Formulierung unter­scheidet sich seine Wirksamkeit. © Science Photo Library/Molekuul

Noch immer gestaltet sich die Behandlung von älteren Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) schwierig, denn Betroffene eignen sich meist nicht für eine intensive Therapie. Doch diese ist in der Regel erforderlich, um tiefe Remissionen zu erwirken. In einer Phase-3- Studie wurde nun deshalb orales Azacitidin als Erhaltungstherapie geprüft – mit positiven Ergebnissen.

Die Therapie der akuten myeloischen Leukämie (AML) erfolgt traditionell mit einer intensiven Induktions-Chemo­therapie, gefolgt von einer Konsolidierung. Jedenfalls, wenn sich Patienten hinsichtlich Alter und Allgemeinzustand dafür eignen. Bei sehr fitten Erkrankten kann sich eine allogene Stammzelltransplantation anschließen, die nicht risikolos, aber potenziell kurativ ist. Nur so lassen sich bislang in der Regel Remissionen erzielen.

Patienten, die schon die intensive Chemotherapie nicht vertragen haben, werden mit weniger aggressiven Protokollen, häufig mit hypomethylierenden Agenzien behandelt. Darüber hinaus gibt es neuerdings für einige Subgruppen mit definierten molekulargenetischen Defekten spezifische ziel­gerichtete Behandlungen, schreiben Professor Dr. Andrew­ H. Wei­ von der Monash University in Melbourne und Kollegen.

Für die Gruppe von Patienten, die keine Biomarker aufweisen und zwar eine intensive Chemotherapie, nicht aber eine Transplantation vertragen, wurden immer wieder hypomethylierende Agenzien im Anschluss an die Chemotherapie getestet. Dabei ergab sich ein gewisser Nutzen bezüglich des krankheitsfreien, nicht aber bezüglich des Gesamtüberlebens.

Orale Galenik beeinflusst Pharmakokinetik positiv

Das hypomethylierende Agens Azacitidin gibt es mittlerweile in einer oralen Galenik. Diese unterscheidet sich in der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von den parenteralen Formen. In einigen Studien war die orale Formulierung von Azacitidin sogar bei Patienten wirksam, die sich gegenüber der subkutanen oder intravenösen Gabe resistent gezeigt hatten.

Deshalb wurde es in der globalen Phase-3-Studie QUAZAR AML-001 als Erhaltungstherapie bei älteren AML-Patienten nach intensiver Chemotherapie getestet.

Die insgesamt 472 Patienten aus 23 Ländern waren im median 68 Jahre alt. Sie entwickelten auf eine Induktions-Chemotherapie – mit oder ohne anschließender Konsolidierung – eine komplette Remission. Binnen maximal vier Monaten bekamen sie an 14 Tagen der vierwöchigen Zyklen entweder Placebo oder 300 mg/d orales Azacitidin. Die Patienten, bei denen die Forscher während der dreimonatlichen Kontrollen ein Rezidiv mit 5–15 % Blasten gefunden hatten, konnten die Azacitidin-Gabe auf 21 Tage pro Zyklus verlängern. Primärer Endpunkt war das Gesamt­überleben.

Die mediane Behandlungsdauer war im Azacitidin-Arm mit 11,4 Monaten beinahe doppelt so lang wie im Placeboarm mit 6,1 Monaten. Das Gesamtüberleben erhöhte sich im Follow-up von 41,2 Monaten um rund zehn Monate von 14,8 Monaten auf 24,7 Monate (p < 0,001). Zudem wurde die rezidivfreie Überlebensdauer mehr als verdoppelt mit 10,2 Monaten im Vergleich zu 4,8 Monaten (p < 0,001). Der Nutzen dieser Erhaltungstherapie erstreckte sich den Autoren zufolge praktisch auf alle untersuchten Subgruppen.

Das Sicherheitsprofil

Die Forscher bewerteten die Verträglichkeit als relativ gut. Die häufigsten Nebenwirkungen in beiden Armen waren gastrointestinale Symptome vom Grad 1 oder 2, die problemlos kontrolliert werden konnten. An Grad-3/4-Nebenwirkungen traten lediglich Neutropenien im Verumarm häufiger auf (41 % vs. 24 %), während es zu Thrombozytopenien mit 22 % bzw. 21 % gleich häufig kam. Meist musste aufgrund einer Neutropenie die Dosis reduziert werden (13 % vs. 4 %). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität war während der Azacitidin-Behandlung stabil. Im Prüfarm starben neun Patienten (4 %), in der Kon­trolle zwei (2 %).

Regime könnte sich auch bei Jüngeren eignen

Diese Ergebnisse zeigen einen eindeutigen Vorteil der Erhaltungstherapie mit oralem Azacitidin bei älteren Patienten, die eine intensive Induktionstherapie, aber keine allogene Stammzelltransplantation tolerieren. Eine Phase-2-Studie hat auch bereits eine Wirksamkeit dieser Therapie bei jüngeren Patienten nach Transplantation wahrscheinlich gemacht, aber das muss noch in einem kontrollierten Setting überprüft werden.

Quelle: Wei AH et al. N Engl J Med 2020; 383: 2526-2537; DOI: 10.1056/NEJMoa2004444

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Azacitidin ist ein Analogon des Nukleosids Cytidin. Abhängig von der Formulierung unter­scheidet sich seine Wirksamkeit. Azacitidin ist ein Analogon des Nukleosids Cytidin. Abhängig von der Formulierung unter­scheidet sich seine Wirksamkeit. © Science Photo Library/Molekuul