
CAR-T-Zellen und bispezifische T-Zell-Engager im direkten Vergleich

Sie haben dasselbe Ziel, bedienen sich aber unterschiedlicher Mechanismen: Sowohl chimäre Antigenrezeptor (CAR)-T-Zellen als auch bispezifische T-Zell-Engager (BiTE) dirigieren cytotoxische T-Zellen zu spezifischen Oberflächenproteinen auf Krebszellen. Der BiTE Blinatumomab ist ein CD3-rekrutierendes bispezifisches Antikörper-Konstrukt, das sich gegen CD19 auf B-Zellen richtet. Es dient somit als Adaptermolekül zwischen T- und B-Zellen. CAR-T wiederum werden aus T-Zellen hergestellt und genetisch so verändert, dass sie chimäre Antigenrezeptoren auf ihrer Oberfläche exprimieren. In ihren Vorträgen gingen Professor Dr. Marion Subklewe, LMU Klinikum München, und Professor Dr. Catherine Thieblemont, Hôpital Saint-Louis – Université de Paris, auf Vor- und Nachteile der beiden Therapien sowie auf neue Entwicklungen ein.
Das spricht für BiTE
Prof. Subklewe tendierte eher zu den BiTE und begann ihren Vortrag mit den Limitationen von CAR-T-Zellen. Eine sei die lange Zeitspanne von 17 bis 54 Tagen zwischen erstem Patientenkontakt und der eigentlichen Therapie. In der TRANSCEND-Studie erhielten 50 der 344 Teilnehmer keine Infusion – hauptsächlich aufgrund einer Krankheitsprogression und Todesfällen. Außerhalb von Studien kann die Zeit bis zur Behandlung sogar noch länger sein, betonte die Expertin. Zudem wurde in fast allen CAR-T-Zell-Studien über Out-of-Specification-Produkte berichtet, die mitunter das Ansprechen verringern können. Diese Nachteile seien bei den BiTE nicht gegeben, denn dabei handele es sich um ein gebrauchsfertiges Medikament ohne Variabilitäten in der Herstellung.
Auch hinsichtlich der Sicherheit hätten die BiTE einige Vorteile zu bieten. In der TOWER-Studie ähnelten sich beispielsweise die Raten neurologischer Komplikationen von mindestens Schweregrad 3 mit 9,4 % vs. 8,3 % zwischen Blinatumomab und einer Chemotherapie. Zytokinfreisetzungssyndrome (CRS) hingegen waren mit 4,9 % vs. 0 % etwas häufiger.1 Im Gegensatz dazu traten CRS von mindestens Schweregrad 3 in drei CAR-T-Zell-Studien bei 2–22 % der Patienten auf. Neurotoxizitäten (mind. Grad 3) wurden bei 10–32 % der Teilnehmer beobachtet. Allerdings müsse bedacht werden, dass die verschiedenen Studien unterschiedliche Grading-Skalen nutzten, so Prof. Subklewe. Weiterhin gebe es unter CAR-T-Zell-Therapien mehr hämatologische Toxizitäten wie Neutropenien als unter BiTE, berichtete die Referentin.
Diese Nachteile sind allerdings in Relation zur Wirksamkeit zu setzen. In der TOWER-Studie erreichten rund 44 % der Patienten mit rezidivierter/refraktärer akuter lymphatischer Leukämie unter einer BiTE-Therapie eine komplette Remission mit einer vollständigen, partiellen oder inkompletten hämatologischen Erholung (CR/CRh/CRi). Das Gesamtüberleben war im Prüfarm mit 7,7 Monaten vs. 4 Monate signifikant länger als in der Kontrolle und die Studie wurde aufgrund der guten Ergebnisse frühzeitig beendet. In der ELIANA-Studie, in die junge rezidivierte/refraktäre ALL-Patienten eingeschlossen worden waren, betrug die CR/CRi-Rate nach drei Monaten wiederum 81 %. Median lebten die Erkrankten 19,1 Monate.2 Prof. Subklewe betonte, dass die Patienten der TOWER-Studie mit etwas mehr als 40 Jahren vs. 11 Jahre wesentlich älter waren als in ELIANA. In einer Studie mit Erwachsenen im medianen Alter von 44 Jahren, die ein CD28-CAR-T-Konstrukt erhalten hatten, betrug das Gesamtüberleben wiederum 12,9 Monate.3
Das spricht für CAR-T-Zellen
CAR-T-Zellen befürwortet Professor Dr. Catherine Thieblemont. Die Limitation der langsamen Herstellung könne zukünftig umgangen werden, denn es sei mittlerweile teilweise möglich, diese innerhalb eines Tages zu produzieren. Gegenüber den BiTE bieten die CAR-T den Vorteil einer einmaligen Infusion und sie benötigen keine Ramp-up-Phase. Weiterhin sei die Wirksamkeit beeindruckend, so die Referentin: Die Gesamtansprechraten bei Patienten mit rezidivierten/refraktären Lymphomen reichen in verschiedenen Studien von 52 % bis 83 %. Auch die Daten zum Gesamtüberleben (OS) seien beachtlich. Beispielsweise betrug die OS-Rate nach einem Jahr der JULIET-Studie 49 % bei allen Teilnehmern und 90 % bei Patienten mit komplettem Ansprechen.4 Ähnlich gute Ergebnisse liefern Real-Life-Daten, berichtete Prof. Thieblemont. In Frankreich ließen sich Ein-Jahres-Raten von 67 % beobachten.
Die Expertin sprach weiterhin über künftige Verbesserungen, die hinsichtlich der CAR-T-Zell-Therapie zu erwarten seien. Als Beispiel nannte sie die Qualität der T-Zellen zum Zeitpunkt der Apherese: Diese könne die Ex-vivo-Expansion beeinflussen. Zurzeit wird in drei Studien geprüft, ob eine frühere Sammlung der CAR-T schon während der Zweitlinientherapie das Produkt verbessert. Weiterhin gebe es weiterentwickelte Konstrukte, z.B. solche der dritten und vierten Generation. Die der Dritten enthalten zwei kostimulatorische Domänen: CD28 und OX40 oder 4-1BB. CAR-T der vierten Generation werden „T cells redirected for antigen-unrestricted cytokine-initiated killing“, kurz TRUCK, genannt. Sie beinhalten neben einer intrazellulären kostimulatorischen Domäne Genkassetten für Zytokine.
Interessante Daten stammen auch aus der Phase-1-Studie Alexander, in der Forscher eine duale CD19/CD22-CAR-T-Zell-Therapie mit Pembrolizumab beim rezidivierten/refraktären diffus großzelligen B-Zell-Lymphom prüften. Die Ansprechrate betrug 65 % und 51 % der Teilnehmer erreichten eine komplette Remission. 16 der 22 Erkrankten zeigten keine Progression.5
Übersicht zu BiTE und CAR-T-Zellen | ||
---|---|---|
BiTE | CAR-T | |
FDA-Zulassung | Blinatumomab: pädiatrische und erwachsene Patienten mit r/r akuter ALL, MRD+ ALL (erste oder zweite Remission) |
|
EMA-Zulassung | Blinatumomab: pädiatrische (> 1 Jahr) Patienten mit r/r Ph- ALL und Erwachsene mit r/r ALL, Erwachsene mit MRD+ Ph- ALL (erste oder zweite Remission) |
|
Applikation | kontinuierliche Infusion für 28 Tage | einmalig per Infusion |
Design | rekombinantes lösliches Protein | retro- oder lentiviral-transduzierte CAR-T-Zellen |
Verfügbarkeit | gebrauchsfertig | 17 bis 54 Tage nach CAR-T-Transfusion |
r/r = rezidiviert/refraktär; ALL = akute lymphatische Leukämie; MRD = minimale Resterkrankung; Ph = Philadelphia-Chromosom; DLBCL = diffus großzelliges B-Zell-Lymphom; PMBCL = primär mediastinales großzelliges B-Zell-Lymphom, MCL = Mantelzell-Lymphom |
Fazit
Zusammenfassend seien sowohl CAR-T als auch BiTE innovative Therapien, mit denen Lymphome und andere maligne Erkrankungen erfolgreich behandelt werden können, sagte Prof. Thieblemont. Zukünftig müssen Biomarker identifiziert werden, die voraussagen, welche Patienten mehr von CAR-T und welche mehr von BiTE profitieren, schloss Prof. Subklewe. Quellen:
1. Kantarjian H et al. N Engl J Med 2017; 376: 836-847; DOI: 10.1056/NEJMoa1609783
2. Maude SL et al. N Engl J Med 2018; 378: 439-448; DOI: 10.1056/NEJMoa1709866
3. Park JH et al. N Engl J Med 2018; 378: 449-459; DOI: 10.1056/NEJMoa1709919
4. Schuster SJ et al. N Engl J Med 2019; 380: 45-56; DOI: 10.1056/NEJMoa1804980
5. Ramakrishnan A et al. 62. ASH Annual Meeting (virtual); Abstract 600
Subklewe M, Thieblemont C. 3rd European CAR T-cell Meeting (virtual); Session V
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