Durchblick bei sekundären Kopfschmerzen

Dr. Judith Lorenz

Oft lassen sich potenziell schwerwiegende Kopfschmerzursachen über Anamnese und klinische Untersuchung ausschließen. Oft lassen sich potenziell schwerwiegende Kopfschmerzursachen über Anamnese und klinische Untersuchung ausschließen. © fotolia/psdesign1

Oft lassen sich potenziell schwerwiegende Kopfschmerzursachen über Anamnese und klinische Untersuchung ausschließen. Bei „red flags“ kommt man um die Bildgebung nicht herum. Mitunter lohnt es sich aber auch, bei einer vermeintlich eindeutigen Migräne genauer hinzuschauen.

Seit elf Tagen leidet eine 42-Jährige mit bekannter Migräne ohne Aura unter starken rechts okzipitalen Kopfschmerzen. Die Patientin sieht keinen Unterschied zu typischen Migränebeschwerden. Belgeitsymptome wie Licht- und Lärmempfindlichkeit deuten ebenfalls darauf hin. Die Standardtherapie greift aber nicht, schreibt Privatdozent Dr. Franz­ Riederer­ von der Abteilung für Neurologie des Krankenhauses Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel in Wien.

Der Grund für die ungewöhnlich lang andauernden Beschwerden findet sich in der MRT: eine rechtsseitige Vertebralisdissektion im intrakraniellen Abschnitt ohne zerebrale Diffusionsstörung. Der Fall verdeutlicht, dass auch bei bekannter primärer Kopfschmerzursache an eine zusätzliche sekundäre Problematik gedacht werden sollte.

Nackenschmerz durchdissizierte Vertebralis

Neben Anamnese und klinischer Untersuchung ist grundsätzlich die Klassifikation der International Head­ache Society (IHS) hilfreich, so der Kollege. Gelingt eine eindeutige Zuordnung der Beschwerden anhand der Diagnosekriterien nicht, ist eine Bildgebung erforderlich. Ebenso bei klassischen „red flags“ (s. Kasten).

Wann einen Blick riskieren?

  • wesentliche Veränderung der Schmerzcharakteristik
  • plötzlicher Schmerz (so stark wie noch nie) oder Dauerkopfschmerz
  • Alter > 50 Jahre oder < 6 Jahre (Hinweis auf sekundäre Ursache)
  • Schmerz im Liegen stärker
  • Auslösung durch körperliche Aktivität oder Valsalva
  • fokale neurologische Zeichen (auch diskrete wie Horner-Syndrom), Anfälle, Bewusstseinsstörungen
  • Stauungspapille, Übelkeit, Erbrechen
  • Abgeschlagenheit, Fieber, Meningismus
  • anamnestisch Schlaganfall, intrakranielle Blutung, Malignom, HIV oder andere aktive Infektionen

Als wichtigstes Warnsymptom gilt das plötzliche Auftreten stärkster Kopfschmerzen, was unter anderem ein Zeichen für eine Subarachnoidalblutung sein kann. Dissektionen verursachen ebenfalls starke Kopf- bzw. Nackenschmerzen (Vertebralisdissektion), bei der Karotisdissektion kann ein Horner-Syndrom auffallen. Sinusvenenthrombosen manifestieren sich seltener durch einen plötzlichen Beginn, meist liegt eine subakute Symptomatik vor, so die Erfahrung des Autors. Typisch ist eher die Schmerzverstärkung im Liegen, die auch bei Hirntumoren beobachtet wird. Fokale neurologische Zeichen, epileptische Anfälle und Bewusstseinsstörungen deuten z.B. auf intrazerebrale Blutungen hin, können allerdings auch bei der Migräne mit Aura vorkommen. Bei erstmaligem Auftreten komplexer Auren sollte in jedem Fall eine Bildgebung erfolgen (vorzugsweise MRT), ebenso bei immer auf derselben Seite auftretenden und Hirnstammauren. Chronische Kopfschmerzen können ebenfalls nach einer radio­logischen Diagnostik verlangen, vor allem, wenn nach Schmerzmittelentzug keine Besserung eintritt.

Pathologien derHypophyse ausschließen

Unter chronisch versteht man gemeinhin eine Symptomatik, die länger als drei Monate und an 15 oder mehr Tagen pro Monat besteht. Die seltenen trigemino-autonomen Kopfschmerzen (z.B. Clusterkopfschmerz, SUNCT-Syndrom, paroxysmale Hemikranie) gehen mit typischen autonomen Symptomen wie Tränenfluss, Augenrötung oder Rhinorrhoe einher und lassen sich meist allein anhand der IHS-Klassifikation diagnostizieren. Dennoch ist eine Bildgebung zu empfehlen, um Pathologien der Hypophyse bzw. der hinteren Schädelgrube auszuschließen, so der Experte.

Quelle: Riederer F. J Neurol Neurochir Psychiatr 2017; 18: 158-162

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Oft lassen sich potenziell schwerwiegende Kopfschmerzursachen über Anamnese und klinische Untersuchung ausschließen. Oft lassen sich potenziell schwerwiegende Kopfschmerzursachen über Anamnese und klinische Untersuchung ausschließen. © fotolia/psdesign1