Fibromyalgie: Patienten darüber aufklären, dass ihre Symptome ungefährlich sind

Dr. Dorothea Ranft

Die Schmerzen tauchen  meist an den Gelenken und im Rücken- sowie Brustbereich auf. Die Schmerzen tauchen meist an den Gelenken und im Rücken- sowie Brustbereich auf. © maya2008 – stock.adobe.com

Auch wenn Patienten mit Fibromyalgie in der Praxis oft schwierig sind, sie bilden sich ihre Beschwerden nicht ein. Ein Arzt fordert deshalb, Betroffene als schmerzkrank anzusehen und entsprechend zu behandeln.

Nur für Betroffene, nicht für Ärzte, ist eine Fibromyalgie hart, setzte sich Professor Dr. Markus Gaubitz, Universitätsklinik Münster, für Erkrankte ein. Das Syndrom beeinträchtigt laut dem Rheumatologen die Patienten stärker als die rheumatoide Arthritis. Oft erschweren Fehldiagnosen den Weg zur Besserung. Dazu zählen die Borreliose (z.B. isolierte IgM-Titer) ebenso wie die Spondylitis ankylosans (8 % der Bevölkerung sind HLA**-B27 positiv) und die rheumatoide Arthritis (Rheumafaktoren-Nachweis bei gesunden Älteren) bzw. die Psoriasis-Arthritis (unklarer Rheumascan).

Als Kernsymptome des Fibromyalgiesyndroms (FMS) gelten chronische Schmerzen in mehreren Körperregionen, Schlafstörungen bzw. nicht-erholsamer Schlaf. Die Betroffenen leiden an Müdigkeit und fühlen sich erschöpft (körperlich und/oder geistig), heißt es in der frisch überarbeiteten S3-Leitlinie der Deutschen Schmerzgesellschaft. Mit einer somatoformen Schmerzstörung ist die FMS nicht gleichzusetzen, auch wenn viele daran leiden.

Viele nutzen aktivitäts- und ruhebasierte Selbsttherapien

Die chronischen Schmerzen haben fast immer verschiedene Ursachen (mixed pain). Das spricht dafür, dass die Erkrankung eine periphere Komponente hat, also manchmal NSAR oder Coxibe helfen. Außerdem haben MRT-Studien gezeigt, dass FMS-Patienten eine veränderte Schmerzverarbeitung haben, manche Strukturen werden zu stark aktiviert, andere hingegen zu stark gehemmt. Es handelt sich also keinesfalls um eine eingebildete Krankheit.

Wie Betroffene mit dem FMS umgehen, zeigen Daten des „German fibromyalgia consumer reports“ mit mehr als 1600 Teilnehmern. An erster Stelle (ca. 95 %) stand das aktivitätsbasierte Selbstmanagement, gefolgt von einem ruhebasierten (ca. 82 %), anscheinend wurden beide oft kombiniert. 56 % nutzten einfache Analgetika – z.B. NSAR, Paracetamol, ASS, Metamizol –, 17,6 % nahmen schwache und immerhin 8,4 % sogar starke Opioide ein.

Die aktuelle Leitlinie empfiehlt, wenn möglich einen Psychosomatiker oder einen Psychiater hinzuzuziehen. Schließlich gibt es oft Hinweise für seelische Begleitsymptome wie Angst oder Depression, psychosoziale Stressoren und erhöhte biographische Belastungen. Der Experte rät, den Patienten aufzuklären, dass FMS keine organischen Ursachen hat und die Beschwerden ungefährlich sind. „Sie sorgen allerdings dafür, dass das Leben bis zum Tod weniger schön wird“, wie es Prof. Gaubitz ausdrückte.

Therapeutisch steht ein Ausdauertraining (Trocken- und/oder Wassergymnastik) mit Abstand an erster Stelle. Es sollte zwei- bis dreimal die Woche mindestens 30 Minuten erfolgen. Eine Cochrane-Analyse fand nur eine leichte Reduktion von Schmerz­intensität, Fatigue und Steifigkeit. Verhaltenstherapie kann ebenfalls helfen. Etwas zu tun ist immer besser als nichts, betonte der Rheumatologe aus Münster.

Was die medikamentöse Therapie betrifft, empfiehlt die Leitlinie den zeitlich begrenzten Einsatz von Amitriptylin (10–50 mg/Tag). Ein passagerer Einsatz von Duloxetin (60 mg/Tag) kommt bei begleitender Major Depression und/oder Angststörung infrage, Pregabalin (150–450 mg/Tag) temporär bei komorbiden generalisierten Angststörungen.

Auf starke Opioide und NSAR verzichten

Für alle drei Pharmaka herrscht ein starker Konsens, aber nur geringe Evidenz. Verzichten sollte man auf starke Opioide und NSAR, Letztere können im Falle somatischer Schmerzen allerdings phasenweise helfen, so der Referent.

Professor Gaubitz bat zum Schluss inbrünstig: „Auch wenn sie in der Praxis manchmal schwierig sind, sollte man Patienten mit FMS nicht als Provokation betrachten, sondern als schmerzkranke Menschen mit dem Anspruch auf Verständnis und Linderung ihrer Beschwerden.“ 

Quelle: 47. Kongress der DGRh*

* Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie
** Human Leukocyte Antigen

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Die Schmerzen tauchen  meist an den Gelenken und im Rücken- sowie Brustbereich auf. Die Schmerzen tauchen meist an den Gelenken und im Rücken- sowie Brustbereich auf. © maya2008 – stock.adobe.com