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Früherkennung von Alzheimer bringt nichts außer Übertherapien

Grundsätzlich berge jeder Versuch, eine Erkrankung im präklinischen Stadium zu erkennen, das Risiko von Überdiagnose und Übertherapie. Schließlich wisse man ja nicht, ob sich das Leiden überhaupt jemals manifestieren wird, stellen Dr. Kenneth M. Langa und Dr. James F. Burke von der Universität Michigan klar. In besonderem Maße gelte das aber für die Frühdiagnostik einer Alzheimer-Demenz.
Wende man die heutigen Bildgebungs- und Biomarker-Technologien auf breiter Basis an, ließen sich bei etwa 30 % der über 50-Jährigen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn nachweisen, betonen die beiden Autoren. Und das, obwohl keinerlei kognitive Einschränkungen bestehen. Die meisten dieser Menschen würden aber sterben, ohne dass sich tatsächlich eine Demenz bei ihnen zeige: Eine 60-jährige Frau mit Amyloid-Nachweis hat ein Risiko von 31 %, später dement zu werden. Bei einem 60-jährigen Mann sind es nur 23 %.
Verschiedene gegen Amyloid gerichtete Antikörper seien zurzeit in der Entwicklung. Gehe man von den üblichen Preisen aus und würde man nur die Hälfte der Menschen mit präklinischer Alzheimer-Demenz behandeln, bedeute das allein für die USA jährliche Mehrkosten von 100 Milliarden US-Dollar, rechnen Dr. Langa und Dr. Burke vor. Eine immense Summe, wenn man bedenkt, dass sich in den USA die jährlichen Ausgaben für alle Medikamente zusammengenommen auf etwa 333 Milliarden US-Dollar belaufen.
Die Autoren haben noch ein weiteres Problem ausgemacht: Die Studien zu den potenziellen Alzheimer-Medikamenten hätten als primären Endpunkt in der Regel Veränderungen in kognitiven Tests über drei Jahre, nicht aber die Manifestation der Demenz. Es gebe also bisher keinerlei Belege, dass diese Therapien tatsächlich funktionieren.
Antidementiva sind bei leichten Symptomen nutzlos
Die präklinische Diagnose der Alzheimer-Krankheit dürfte zudem dazu führen, dass Patienten und ihre Angehörigen vehement eine Medikation einfordern. So wurde vor Kurzem gezeigt, dass ein Amyloid-Nachweis im Positronenemissionstomographen mit einer Verdopplung der Einnahme von Antidementiva einherging. Und das, obwohl es keine Evidenz für einen Effekt dieser Medikamente bei leichter kognitiver Beeinträchtigung gibt.
Quelle: Langa KM, Burke JF. JAMA Intern Med 2019; doi: 10.1001/jamainternmed.2019.2629
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