Für stark vorbehandelte Erkrankte werden neue Optionen ausgelotet

ASH 2022 Dr. Miriam Sonnet

Alle bei einer Studie vorgestellten Wirkstoffe zeigten eine vielversprechende Effektivität bei stark vorbehandelten Patient:innenpopulationen.
Alle bei einer Studie vorgestellten Wirkstoffe zeigten eine vielversprechende Effektivität bei stark vorbehandelten Patient:innenpopulationen. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

An Studien zu neuen Substanzen für Personen mit rezidiviertem/refraktärem Multiplem Myelom mangelt es nicht. Zu dreien davon – Modakafusp alfa, ein mittels NEX-T hergestelltes CAR-T-Zell-Konstrukt sowie Mezigdomid – wurden aktuelle Daten präsentiert. Alle Wirkstoffe zeigten eine vielversprechende Effektivität bei stark vorbehandelten Patient:innenpopulationen.

In mehreren Studien werden neue Substanzen für das rezidivierte/refraktäre Multiple Myelom (r/rMM) getestet – darunter ein Verstärker der angeborenen Immunantwort, eine CAR-T-Zell-Therapie und ein oraler Cereblon-E3-Ligase-Modulator.

Modakafusp alfa

Modakafusp alfa weist eine einzigartige Struktur und einen dementsprechenden Wirkmechanismus auf. Die Substanz besteht aus zwei abgeschwächten IFNalpha2b-Molekülen, die an den Fc-Anteil eines CD38-Antikörpers fusioniert wurden. Das erlaubt es, IFNalpha gezielt zu verabreichen. Prof. Dr. Dan T. Vogl, University of Pennsylvania, Philadelphia, und sein Team testeten die Substanz erstmals in einer Phase-1/2-Studie bei 100 stark vorbehandelten Patient:innen mit
r/rMM.1 Die Teilnehmenden hatten median bereits sieben vorangegangene Therapien erhalten. 75 % waren triple-class-refraktär und zuvor fünf Substanzklassen ausgesetzt gewesen. Während der Dosiseskalationsphase erhielten 56 Personen unterschiedliche Regime bzw. Dosierungen. Zwei davon – 1,5 mg/kgKG alle vier Wochen und 0,4 mg/kgKG alle drei Wochen – wurden in die Expansionsphase mit 44 Erkrankten übernommen. 

Der Referent bezifferte die Ansprechrate (ORR) unter der Dosierung 1,5 mg/kgKG alle vier Wochen mit 43 %; davon erreichten 30 % der Teilnehmenden mindestens ein sehr gutes partielles Ansprechen (VGPR). Für die CD38-Antikörper-refraktären Personen betrug die ORR 39 % und 27 % für diejenigen mit einer gegen BCMA gerichteten Substanz vorbehandelten Erkrankten. Die BCMA-naive Gruppe erreichte eine ORR von 60 %. Das mediane PFS belief sich auf 5,7 Monate.

Zusammenfassend weise Modakafusp alfa eine vielversprechende Aktivität beim stark vorbehandelten Multiplen Myelom auf, so Prof. Vogl. Zurzeit werden Patient:innen in eine randomisierte Extensionsstudie eingeschlossen, um Fixdosierungen von 1,5 mg/kgKG und 3,0 mg/kgKG zu vergleichen und diejenige Dosierung mit dem optimalen Risiko-Nutzen-Profil zu etablieren. In weiteren Studien sollen mögliche Kombinationspartner wie Daratumumab evaluiert werden.

Nebenwirkungsprofil von Modakafusp alfa

Die Mehrheit (n = 30) der Betroffenen erhielt 1,5 mg/kgKG alle vier Wochen, berichtete der Referent. 87 % brachen die Behandlung mit diesem Schema ab, darunter 73 % aufgrund einer Krankheitsprogression und 15 % aufgrund von Nebenwirkungen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren hämatologischer Natur wie Thrombozytopenien und Neutropenien (jeweils 73 %). Diese traten hauptsächlich in den ersten beiden Zyklen auf. Ein Erkrankter erlitt eine schwere Blutung (Grad 3) und vier entwickelten Infektionen vom Schweregrad 3. Neben Infusionsreaktionen (meist Grad 1/2), die bei 37 % der Patient:innen auftraten, gab es keine Nebenwirkungen, die typischerweise im Zuge einer IFNα-Therapie auftreten, betonte Prof. Vogl.

CC‑98633/BMS-986354

Bei CC‑98633/BMS-986354 handelt es sich um ein gegen BCMA gerichtetes CAR-T-Zell-Produkt, das über dasselbe Konstrukt wie Orvacabtagen-autoleucel (Orva-Cel) verfügt. Es wird mittels NEX-T-Prozess hergestellt, was die Produktionszeit verkürzen und die Wirksamkeit erhöhen soll. Das Konstrukt wurde in einer Phase-1-Studie geprüft, in die Personen mit r/rMM und median fünf Vortherapien eingeschlossen waren. In der Dosiseskalationsphase erhielten sie drei unterschiedliche Dosierungen. Die Expansionsphase umfasste zusätzlich 23 Erkrankte (insgesamt 47), die mit 40 x 106 CAR-T-Zellen behandelt wurden, berichtete Prof. Dr. Dr. Luciano ­Megala Costa, University of Alabama at Birmingham.2 

83 % aller 65 Teilnehmenden entwickelten Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder 4. Dabei handelte es sich vor allem um Neutropenien (50,8 %), Anämien (29,2 %) und Thrombozytopenien (36,9 %). Ein Zytokinfreisetzungssydrom erlitten 81,5 % der Betroffenen, in einem Fall erreichte es einen Grad 3/4. ICANS wiesen 9,2 % auf, mit ebenfalls einem Grad-3/4-Ereignis.

Mit der Dosierung von 40 x 106 CAR-T-Zellen sprachen 93 % der Patient:innen an; 51,2 % erzielten mindestens eine VGPR. Die ORR mit den anderen Dosierungen von 20 x 106 und 80 x 106 CAR-T-Zellen betrug jeweils 100 %, mit ≥ VGPR-Raten von 85,7 % und 90,9 %. Rückschlüsse über eine Assoziation zwischen Tiefe des Ansprechens und Dosierung ließen sich nicht ziehen, betonte der Experte. Die Differenzen in den verschiedenen Gruppen resultierten wahrscheinlich aus der unterschiedlichen Follow-up-Zeit. Bei 38 Teilnehmenden konnte der MRD-Status bestimmt werden; 25 waren drei Monate nach der Infusion MRD-negativ.

Verglichen mit Orva-Cel sei CC‑98633/BMS-986354 geringfügiger differenziert. Nach Stimulation zeigte das Produkt eine höhere antigenspezifische Zytokinproduktion. Zudem wies es mit einer Dosierung von 40 x 106 CAR-T-Zellen eine rund 10-fach höhere Proliferationskapazität sowie eine robuste zelluläre Expansion auf.

Mezigdomid

Der orale Cereblon-E3-Ligase-Modulator Mezigdomid wird in Kombination mit Dexamethason bei r/rMM-Erkrankten in der Phase-1/2-Studie CC-92480-MM-001 untersucht. Wie Prof. Dr. Paul G. Richardson vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston berichtete, betrug die für die Phase 2 empfohlene Dosierung 1 mg täglich für 21 Tage mit anschließender einwöchiger Pause.3 Bereits in der Dosiseskalationsphase wurde eine ORR von 54,5 % erzielt. Die Teilnehmenden waren gegenüber einem Immunmodulator, einem CD38-Antikörper und einem Proteasom-Inhibitor refraktär.

101 Betroffene wurden in Phase 2 eingeschlossen und median 7,46 Monate nachbeobachtet. 10 Personen befinden sich noch immer in Therapie. 90,1 % brachen die Behandlung ab, davon 60,4 % aufgrund eines Krankheitsprogresses. Acht Patient:innen starben, darunter fünf an Nebenwirkungen. 88,1 % unterbrachen die Therapie mindestens einmal, bei 31,7 % musste die Dosierung von Mezigdomid mindestens einmal reduziert werden.

Hauptsächlich kam es zu hämatologischen Nebenwirkungen, sagte der Referent – darunter Neutropenien vom Grad 3/4 in 75,3 % der Fälle. Mit 15,9 % traten Pneumonien vom Grad 3/4 laut Prof. Richardson relativ selten auf. Die ORR belief sich insgesamt auf 40,6 %, bei Erkrankten mit Plasmozytom auf 30 %. Am bes­ten schnitten Betroffene mit einer vorangegangenen Anti-BCMA-Therapie ab (ORR 50 %). Das mediane PFS betrug 4,4 Monate und die mediane Dauer des Ansprechens für Personen mit ≥ VGPR 9,2 Monate.

Mezigdomid wird zurzeit in Kombination mit anderen Myelom-Standardtherapien geprüft, schloss der Referent. Zudem testen Forschende Mezigdomid plus Bortezomib/Dexamethason und Carfilzomib/Dexamethason in zwei Phase-3-Studien.

Quellen:
1. Vogl DT et al. 64. ASH Annual Meeting; Abstract 565
2. Costa LJ et al. 64. ASH Annual Meeting; Abstract 566
3. Richardson PG et al. 64. ASH Annual Meeting; Abstract 568

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Alle bei einer Studie vorgestellten Wirkstoffe zeigten eine vielversprechende Effektivität bei stark vorbehandelten Patient:innenpopulationen. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com