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Hämaturie unklarer Genese – Was sind Ihre Verdachtsdiagnosen?
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Der Fall
Patientin mit Mikrohämaturie unklarer Genese. 53 Jahre alt, starke Raucherin, diverse Vorerkrankungen:
▪ Reizblase mit Belastungsinkontinenz
▪ Hysterektomie
▪ Schwindel, Schwäche
▪ Subclavia Steal-Syndrom
▪ Aneurysmen
▪ Arterielles Rheuma
Anamnese
Die 53jährige Patientin berichtet darüber, seit 2 Jahren einen dunkleren Urin mit Mikrohämaturie zu haben, vom Hausarzt erfolgte deshalb die Überweisung zum Nephrologen. Die urologische Abklärung aufgrund der rezidivierenden Hämaturie erbrachte die Diagnose einer Reizblase mit Belastungsinkontinenz bei persistierender Hämaturie unklarer Genese. Ein Tumor konnte zystoskopisch weitestgehend ausgeschlossen werden. Im Weiteren berichtet sie über eine unklare Symptomatik, die erstmals vor 12 Jahren aufgetreten sei. Damals verspürte sie Schwindel und eine geminderte Kraft der oberen Extremitäten begleitet von einer Claudicatiosymptomatik. Dieses wäre auf der rechten Seite stärker ausgeprägt gewesen als auf der linken Seite. Diese Symptomatik ging einher mit einer allgemeinen Schwäche/Schlappheit und einer Gewichtsabnahme von 3kg in einer kurzer Zeit von ca. 3 Monaten.
Im Weiteren entwickelte die Patientin arterielle Verschlüsse (Verschluss A. subclavia links mit Subclavia Steal-Syndrom und hochgradige Stenose der rechten A. brachialis), welche zentral gestentet und mittels PTA behandelt wurden. Zudem litt sie unter zerebralen Aneurysmen (4mm großes Aneurysma der rechten A. cerebri media und der Mediabifurkation rechts), ED 2008. Das Arteria cerebri media-Aneurysma wurde radiologisch gecoilt. Im Rahmen der stationären Abklärung und Diagnostik wurde die Diagnose eines arteriellen Rheumas gestellt. Im Verlauf trat eine arterielle Hypotonie auf. Aktuell normotensiver Blutdruck. An weiteren Voroperationen sind eine Hysterektomie bei Gebärmuttersenkung erfolgt. Aktuell berichtet die Patientin weder über Dyspnoe,periphere Ödeme, urämische Symptome noch über Angina pectoris. Ihr Vater hatte eine arterielle Hypertonie und eine Leukämie mit 72 Jahren, die Mutter einen gutartigen Hirntumor. In der Familie sind keine weiteren kardiovaskulären oder nephrologischen Erkrankungen bekannt. Von Beruf war die Patientin Bürokauffrau, sie hat ein Sohn. In der persönlichen Anamnese gibt sie ca. 20 packetyears Nikotin an, gelegentlich Alkohol, selten Ibuprofen 800mg, zuletzt vor 1 Monat. Unauffällige Sexualanamnese. In der Systemanamnese gibt sie ein leichtes Schnarchen ohne Atemaussetzer an, gelegentlich Gelenkbeschwerden der Fingergelenke, Herzpalpitationen, der sporadisch gemessene Blutdruck liegt bei 130/80 mmHg, unauffällige Miktion und Stuhlgang bis auf eine leichte Inkontinenz bei Descensus uteri und eine rezidivierende Makrohämaturie/Mikrohämaturie. Bekannte Kontrastmittelallergie.
Körperlicher Untersuchungsbefund
- Patientin in gutem AZ und EZ, Größe 165 cm, Gewicht 67 kg, BMI 24,6 kg/m².
- Blutdruck am linken Oberarm gemessen im Sitzen 140/77 mmHg, Puls 68 /min.
- Blutdruck am rechten Oberarm gemessen im Sitzen 133/83 mmHg.
- Blutdruck am rechten Oberarm gemessen im Stehen 131/83 mmHg, Puls 74 / min.
- SpO2 ohne Sauerstoff 98%.
- Integument und Skleren anikterisch, keine Effloreszenzen, kein Exanthem.
- Enoral feuchte rosige Schleimhäute, Zungengrundvenen nicht gestaut.
- Keine cervicale-, supraclaviculären-, axillären- und inguinalen Lymphadenopathie.
- Periphere Pulse beidseits kräftig palbabel, Peripherie warm, keine peripheren Ödeme.
- Herz/Kreislauf: kardiopulmonal kompensiert, Herztöne rein und rhythmisch, keine Halsvenenstauung, Carotiden frei, kein Perikardreiben.
- Lunge: Thorax symmetrisch, vesikuläres leises Atemgeräusch über allen Lungenfeldern, atemabhängig seitengleiche Verschieblichkeit der Lunge.
- Abdomen: Abdomen weich, indolent, keine Resistenzen, keine palpable Organomegalie, DGs regelrecht in allen vier abdominellen Quadranten.
- Bewegungsapparat: kein Wirbelsäulenklopfschmerz
- Nierenlager: beidseits nicht klopfschmerzhaft
- Neurostatus: Pupillen mittelweit, isocor , seitengleicher direkte und indirekte Lichtreaktion. Unauffälliger Hirnnervenstatus, grobneurologisch unauffällig
Abdominalsonographie von 2019:
- Leber: normal groß, homogene Binnenstruktur und Textur, keine Erweiterung der intrahepatischen Gallengänge, Randwinkel spitz, Gallenblase normal groß, keine Gallensteine, DHC nicht einsehbar
- Pankreas: nicht einsehbar
- Milz unauffällig, normal groß
- Rechte Niere: Niere orthotop gelegen, normal groß: 105 x 51 mm, Parencymbreite 18 mm; kein Aufstau, parapelvine unkomplizierte Nierenzyste 24 x 8 mm, glattberandet, keine Verkalkung und keine Binnenechos, keine Raumforderung, RI 0,75
- Linke Niere: Niere orthotop gelegen, normal groß: 102 x 49 mm, Parencymbreite 15 mm; kein Aufstau, keine Zysten, keine Raumforderung, RI 0,75
- Harnblase mit glatter Oberfläche, orthotop gelegen, unauffällige Wandverhältnisse, intraluminal keine path. Echostrukturen, normale Organgröße
- Aorta abdominales nicht beurteilbar.
Beurteilung:
Eingeschränkte Untersuchungsbedingungen bei abdomineller Adipositas und Darmgasüberlagerung und sehr engen Interkostalräumen. Altersentsprechende Nieren, unkomplizierte parapelvine Nierenzyste rechts, kein Harnaufstau bds. Keine Raumforderung, nach indirekten Kriterien kein Hinweis auf eine Nierenarterienstenose bds. In der weiteren Abdominalsonografie
unauffälliger Befund.
Beurteilung Niere:
- Die Nierenfunktion ist mit einer eGFR von 69ml/min/1,73 m2 anhand des Cystatin C/Kreatinin milde eingeschränkt. Das Kreatinin liegt aktuell bei 0,91mg/dl.
- In den Nierenvorwerten von 12/2008 zeigt sich ein Baselinekreatinin von 1,0 mg/dl, bei einer nicht bestimmten GFR. In der Folge zeigte sich weiterhin ein konstantes Kreatinin bis 10/2018 mit einem Kreatinin von 0,88 mg/dl und einer eGFR von 70 ml/min pro Körperoberfläche. Somit besteht eine normwertige Nierenfunktion.
- In der Urindiagnostik konnte eine signifikante Proteinurie diagnostiziert werden. Eine Albuminurie konnte ausgeschlossen werden. Der U-Status wies eine deutliche Mikrohämaturie bei Leukozyturie auf. In der Urinkultur konnte E. coli nachgewiesen werden, weshalb eine Therapie mit Ciprofloxacin für 5 Tage begonnen wurde. Im Urinsediment zeigten sich keine Hinweise für eine nephritische Ursache. Proteinurie, Mikrohämaturie und Leukozyturie könnten im Rahmen eines Harnwegsinfektes interpretiert werden. Bei jedoch persistierender Makrohämaturie/ Mikrohämaturie wurde die Mikrohämaturie am ehesten Rahmen der Grunderkrankung interpretiert. Zur Quantifizierung der Proteinurie wurde mit der Patientin eine 24 Stundensammelurin Messung im Anschluss an die antibiotische Therapie vereinbart.
- Eine urämische Stoffwechsellage und somit eine Dialyseindikation bestand aktuell nicht.
- Sonographisch waren die Nieren altersentsprechend unauffällig bis auf eine parapelvine unkomplizierte rechtseitige Nierenzyste. In der Duplexsonographie beider Nieren konnten wir nach indirekten Kriterien eine Nierenarterienstenose als Ursache der chronischen
- Nierenerkrankung ausschließen.
- Die Elektrolyte und der Säure-Basenstatus sind ausgeglichen.
- Eine Anämie ist aktuell bei suffizienter Blutbildung und normwertigem Vitamin B12-Spiegel und Eisenstatus ausgeschlossen. Aufgrund eines Folsäuremangels wurde eine entsprechende Substitution begonnen und weitere Kontrollen empfohlen.
- Ein renal bedingter sekundärer Hyperparathyreoidismus mit konsekutivem Vitamin D-Mangel liegt aktuell nicht vor. Insgesamt besteht bei der Patientin eine normwertige stabile Nierenfunktion bei persistierender Makro/Mikrohämaturie am ehesten im Rahmen einer chronisch funktionellen Nierenerkrankung. Aufgrund der Persistenz und dem dringenden Abklärungswunsch der Patientin wurde entschieden eine weitere diagnostische stationäre Abklärung mittels Nierenbiopsie durchführen zu lassen.
Weitere Beurteilung:
- Der HbA1c von 5,4 % schließt aktuell einen Diabetes mellitus als weiteren kardiovaskulären Risikofaktor weitgehend aus.
- Der Lipid-Stoffwechsel ist bei entsprechendem Risikoprofile (V.a. Großgefäßvaskulitis, arterielle Hypertonie, AVK und CKD) nicht therapeutisch eingestellt. Hier ist eine Intensivierung der Therapie empfehlenswert mit Umstellung auf Rosuvastatin 20 mg/dl mit einem Ziel-LDL unter 70 mg/dl.
- Eine Hypertriglyzeridämie sowie eine Hyperurikämie als zusätzliche renale Risikofaktoren lassen sich aktuell nicht nachweisen.
Vorbefunde der stationären Diagnostik
Indikation: persistente Schmerzen im linken Arm, sowie Schwächegefühl und Schwindel
Arteria subclavia links
Perkutane transluminale Angioplastie (PTA) aufgrund persistierender Schmerzen im linken Arm.
Nieren
Geringfügige atherosklerotische Alterationen der infrarenalen Aorta. Bds. kräftige singuläre Nierenarterie mit leichter Stenosierung Abgang Segment links, keine nachgeschalteten Stenosen, kein Anhalt für eine fibromuskuläre Dysplasie.
Aortenbogen, rechter Arm
Leicht elongierter glattwandiger Aortenbogen, ca. 2 cm lange hochgradige Stenose im Abgangssegment der linken Arteria subclavia, retrograde Füllung der mäßig kaliberkräftigen linken Arteria vertebralis. Nach distal zunehmend kaliberreduzierte rechte Arteria axillaris und proximal über ca. 5 cm höhergradig stenosierte Arteria brachialis bei sonst unauffälligem Gefäßkaliber. Unauffällige Unterarmarterien.
Hirnversorgende Gefäße
Sehr kräftige rechte Arteria vertebralis, unauffällige Darstellung der hinteren Hirnzirkulation, bds. hypoplastischer Ramus communicans posterior. Leichte arteriosklerotische Alterationen an der rechten Karotisgabel, jedoch hochgradige Abgangsstenose der rechten Arteria thyreoidea superior. Bds. mit ca. 3 mm ektatischer Abgang des Ramus communicans posterior an der ACI, unauffälliger Ramus communicans anterior. Ca. 4 mm großes, kugeliges/gelapptes Aneurysma in der Mediabifurkation rechts. Kein Nachweis von weiteren Gefäßmalformation, keine Stenosen. Unauffällige Parenchymanfärbung und zeitgerechte unauffällige venöse Drainage.
Rechtes Bein
Unauffällige Darstellung der Arteria iliaca externa sowie der Leit Arterien am oberen Unterschenkel.
Beurteilung:
- Hochgradige Abgangsstenose der linken Arteria subclavia. Stent-PTA empfohlen
- Hochgradige Stenose der rechten Arteria brachialis. Therapieversuch mittels PTA bei schlechter Prognose technisch möglich, zur Abklärung der Ätiologie dieser nicht arteriosklerotischen imponierenden Stenose sollte zuvor eine angiologische Untersuchung erfolgen.
- Ca. 4 mm großes Aneurysma der rechten Arteria cerebri media. Bei möglicherweise extrem geringem Rupturrisiko wurde die Patientin über die Möglichkeit einer technisch jedoch nicht tivialen endovaskulären Therapie mittels Coiling bzw. alternativ neurochirurgischer OP informiert.
Initiale angiologische Untersuchung:
Indikation: Patientin stellte sich zur angiologischen Untersuchung vor bei angiografischer Diagnose einer AVK der oberen Extremitäten. Subjektiv Schwindel, nicht sicher abhängig von der Armbelastung. Arm Claudicatio rechts mehr als links. Allgemeine Schwäche, Schlappheit, Gewichtsabnahme 3 kg, Nikotinabusus:
Befund:
Arteria radialis bds. nicht tastbar. Knöchelarterien Druck: Bei systemischem RR von rechts 100/80 mmHg, Knöchel und am linken Arm Arteria radialis 50 mmHg, Arteria ulnaris 80 mmHg rechts A radialis 120 mmHg, Arteria ulnaris 120 mmHg.
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Farbdoppler obere Extremität
Rechte Arteria Subclavia frei, langstreckige Stenose der proximalen Arteria brachialis bei verschmälertem Gefäßkaliber, arthritische Wandverdickung nachweisbar. Poststenotische Strömungskurve Arteria radialis. Links Stenose ab Abgang Arteria subclavia, retrograder Fluss Arteria vertebralis. Arthritische Wandverdickung infraklavikulär Arteria subclavia. Poststenotische Strömungskurve Arteria radialis. Keine Arteriitis in den Carotiden nachweisbar. Farbdoppler der extrakraniellen Halsarterien.
1 Monat später nach Therapiebeginn
Keine Stenose der Arteria carotis communis interna und externa bds., Arteria supratrochlearis bds. orthograd. Vertebralis rechts ohne pathologischen Befund.Links retrograd perfundiert. Keine Plaques, keine vaskulitischen Wandverdickungen. Im Farbdoppler obere Extremitäten: Stenose Arteria axillaris weiterhin nachweisbar, Vmax 2,5 m/s, Kollateralisierung über die Arteria thoracica lateralis lat. Weiterhin proximale Stenose der Arteria subclavia mit Steal-Phänomen der Arteria vertebralis. Echoarme Wandverdickung der Arteria subclavia rückläufig.
4 Monate später
Wieder mehr Kraft den Arm, jedoch zunehmende allgemeine Schwäche sowie vor wenigen Tagen aus der Ruhe heraus Schmerzen linksthorakal mit Engegefühl, ca. 2 Minuten anhaltend. Seit 1 Woche Infekt mit Laryngitis, unter antibiotischer Therapie regredient.
Fahrradergometrie:
Beginn bei 25 W, Steigerung um 25 W/2 min. Maximale Belastung 100 W über 1 Minute. Ruhe Herzfrequenz 94 die Minute, maximale Herzfrequenz 154 Minute. Ruhe RR 110/94 mmHg, maximaler RR 150 mmHg bei 100 W. Keine SD Senkung, keine Angina pectoris. Abbruch wegen Ausbelastung. Befund kein Nachweis einer signifikanten Koronarischämie, negativer Arbeitsversuch regelrechte Blutdruck und Frequenzverhalten.
Farbdopplerechokardiografie:
Keine pathologischen Befunde abgrenzbar
MR Angio der oberen Extremitäten bzw. des Aortenbogens 6 Monate später:
Indikation: Stenose Arteria axillaris rechts, Stenose oder Verschluss am Abgang Arteria subclavia links, Subclavia Steal-Syndrom Befund: 13 mm lange Signalabschwächung, angedeutete Signalauslöschung des Abgangs der Arteria subclavia links aus dem Aortenbogen in der arteriellen Phase. In der venösen Phase in den Quellbildern angedeutetes Restlumen. Der Befund spricht eher für eine hochgradige Abgangsstenose der Arteria subclavia links als für meinen kompletten Verschluss.
WAS IST/SIND DIE RICHTIGE/N DIAGNOSE/N?
Auflösung
Diagnosen
- Takayasu-Arteriitis,
- X-chromosomales heterozygotes Alport-Syndrom
Insgesamt besteht bei der Patientin eine normwertige stabile Nierenfunktion bei persistierender Makro-/Mikrohämaturie am ehesten im Rahmen einer chronisch funktionellen Nierenerkrankung. Aufgrund der Makro-/Mikrohämaturie bei hochgradigem V.a. Großgefäßvaskulitis (Takayasu-Arteriitis; zerebrale Aneurysmata, Blutdruckdifferenz zwischen den oberen Extremitäten, zentrale Verschlüsse bei AVK und Hypertonie) und dem dringenden Abklärungswunsch der Patientin, wurde entschieden eine Nierenbiopsie zur Abklärung einer möglichen renalen Beteiligung der Vaskulitis durchzuführen. In dieser zeigte sich das Syndrom der dünnen Basalmembran, In der genetischen Analyse konnte ein x-chromosomales heterozygotes Alport-Syndrom diagnostiziert werden. Hieraufhin Beginn einer Therapie mit RAAS Blockade, da auch die heterozygote Form mit einem Nierenfunktionsverlust im Laufe des Lebens einhergehen kann und diese durch eine RAAS Blockade vermindert/aufgehoben werden kann. Die Diagnose ist für die Familie von Bedeutung, da Frauen über ihr X-Chromoson die Erkrankung an ihre Söhne weitergeben können. Ebenfalls wurde eine Reevaluation der Großgefäßvaskulitis durchgeführt. Es zeigte sich weder ein aktueller Interventionsbedarf noch bedurfte es einer Therapieveränderung. Es sind weitere regelmäßige angiologische Verlaufskontrollen indiziert und die Fortführung der Kortisontherapie. Laborchemische Hinweise für eine andere akute vaskulitische Glomerulonephritis zeigen sich aktuell bei normwertigem Antikörper- Titer nicht. Eine weitere Differenzialdiagnose wäre eine NSAR-Nephropathie mit interstitieller Nephritis bei Z.n. NSAR-Einnahme Bei normwertiger Nierenfunktion ist aktuell keine renal bedingte Folgeerkrankungen im Rahmen einer renalen Anämie, metabolischen Azidose oder eines sekundären Hyperparathyreoidismus mit konsekutivem Vitamin D-Mangel nachweisbar. Zur Progressionshemmung der chronischen Nierenerkrankung ist eine gute Blutdruckeinstellung essentiell. Bei grenzwertig erhöhten Blutdruckwerten und der Verdachtsdiagnose einer kortisoninduzierten Hypertonie wurde der Patientin eine Langzeitdruckmessung empfohlen. Hierbei sollten mittlere Blutdruckwerte von 130/80mmHg angestrebt werden.
Aktuelle Medikation:
L-THYROX HEXAL 1 - 0 - 0 - 0 88 Mikrogramm Tabletten
ESOMEPRAZOL AbZ 40 mg 1 - 0 - 0- 0 magensaftr.Hartkapseln
FOLSAN 5 mg Tabletten 1 - 0 - 0 - 0 neu
ROSUVASTATIN Aristo 20 mg Filmtabletten 0 - 0 - 1 - 0 neu
Diagnosen:
- Takayasu-Arteriitis
- Chronische Nierenkrankheit im CKD Stadium 2
- Makrohämaturie im Rahmen des Syndroms einer dünnen Basalmembran (X-chromosomales heterozygotes Alport-Syndrom)
- Nichtrupturiertes zerebrales Aneurysma der rechten A. cerebri media (ED 06/08) im Rahmen der Takayasu-Arteriitis
- Z.n. Coiling -zerebrales Aneurysma in derMediabifurkation rechts (ED 2008)
- AVK [Arterielle Verschlusskrankheit] im Rahmen der Takayasu-Arteriitis mit
- Z.n. hochgradiger Abgangsstenose der linken A. subclavia (ED 2008)
- Z.n. hochgradiger Stenose der rechten A. brachialis
- Z.n. PTA der A. axillaris rechts
- Subclavia Steal-Syndrom links (ED 2009)
- Arterielle Hypertonie
- Hyperlipidämie
- Akuter Harnwegsinfektion durch E. coli
Die Diagnose Takayasu-Arteriitis wurde aufgrund der sonografischen Befunde vom Angiologen gestellt und begleitend eine Therapie mit Cortison und ASS 100 mg/Tag begonnen. Aufgrund eines erneuten Anstiegs der Entzündungszeichen unter Reduzierung der Kortisontherapie wurde 2008 einen Versuch mit Methotrexat begonnen, welcher bei Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen jedoch wieder beendet werden musste.
Takayasu-Arteriitis
Die Takayasu-Arteriitis ist eine chronische Vaskulitis, welche hauptsächlich die Aorta und ihre Hauptzweige betrifft. Zusätzlich betroffen sind die A. brachiocephalica, die Carotiden, die Arteria subclavia, die Arteria vertebralis, und die Arteria renales sowie die Koronararterien und die Pulmonalarterien. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, und meist jünger als 40 Jahre. Die Erkrankung kommt vor allem in Asien und Lateinamerika vor. Sie befällt häufig die Nierenarterien. Die Inzidenz liegt zwischen 24 und 68 %. Die Nierenarterien sind oft bilateral und häufig ostial und proximal betroffen. Gewöhnlicherweise besteht eine Coexistenz mit einer Stenose der perirenalen Aorta. Im Gegensatz dazu sind renovaskuläre Dilatationen und Aneurysmata rar. Die Diagnostik erfolgt mittels Computertomografie und Angiografie [1]. Die klinischen Symptome gehen mit einer Ischämie einher, bedingt durch die Stenosen, sowie Thrombosen. Im Weiteren kommt eine Pulslosigkeit vor, eine Aortenregurgitation, und kongestive Herzfehler, die zurückzuführen sind auf die Dilatation der aszendierenden Aorta. Ein akutes Fortschreiten verursacht eine Destruktion der Media in der Arterienwand, welches zu der Bildung von Aneurysmen oder Dissektionen von Aneurysmen mit Ruptur der entsprechenden Arterie führt. Die meisten Patienten weisen eine ischämische Symptomatik auf, der Puls ist in seiner Frequenz vermindert. Dies ist zurückzuführen auf die Obstruktionen der A. subclavia oder A. brachialis. Histologisch ist die Takayasu-Arteriitis charakterisiert durch eine Panarteriitis, welche alle Schichten der Arterienwand involviert. Zudem kommt es zu einer Intimafibrose mit zunehmender Verdickung und begleitend typischen atheromatösen Läsionen, Destruktion der medialen Muskulatur und der elastischen Schicht, sowie eine zelluläre Infiltrationen mit Kollagen und eine konsekutive Fibrose der Media und verdickter Adventitia mit zellulärer Infiltration um die Vasa vasorum. Die genaue Pathogenese der Takayasu Arteriitis ist unklar.
Geschichte
Die Erstbeschreibung erfolgte 1908 von dem japanischen Ophthalmologen mit Mikito Takayasu in Fukuoka.Er untersuchte eine 21-jährige Patientin, die einen Augenhintergrund mit arteriovenösen Anastomosen um die Papille aufwies. Die Patienten, die dieselben Symptome aufwiesen, hatten zudem in beiden Radialarterien einen nicht palpablen Puls [2].
Renale Beteiligung
Die häufigste renale Beteiligung der Takayasu-Arteriitis ist eine renovaskuläre Hypertonie. Seltener manifestiert sich eine renale Beteiligung als glomerulärer tubulärer Schaden, langsam progressive chronisch funktionelle Nierenerkrankung oder akutes Nierenversagen. Es sind wenige klinische Reports verfasst über glomeruläre Veränderungen assoziiert mit einer Takayasu-Arteriitis. Hier ist die mesangiale Proliferation der dominierende histologische Befund. In einer 2007 von de Pablo et al. retrospektiv analysierten auf Nierenbiopsien aufbauenden Studie an 25 Autopsiepräparaten zeigten sich in 10 Fällen eine diffus mesangioproliferative Glomerulonephritis und in 4 Fällen eine andere Form einer glomerulären Nephritis: eine fokal segmentale Glomerulosklerose, eine global und fokale Glomerulosklerose, eine segmentale nekrotische Glomerulonephritis und eine Amyloidose. Zudem ist ein weiterer Fall eines 54-jährigen Patienten mit einer membranösen Glomerulonephritis beschrieben worden. Diese führten zu einem nephrotischen Syndrom. Die häufigste renale Beteiligung der Takayasu- Arteriitis ist eine Beteilung der Nierenarterien. Hier kommen Stenosen und Okklusionen am häufigsten vor. Klinisch zeigt sich meistens eine renovaskuläre Hypertonie und ischämische Nephropathie. Die Therapie besteht vor allem in Glukokortikoiden und einer immunsuppressiven Therapie, welche die Prognose deutlich verbessert. Die Diagnose erfolgt oft zu spät, da die Symptome diffus und unspezifisch sind. Die Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten in hat jedoch zu einer früheren Diagnose und effektiveren medikamentösen Therapie in der letzten Zeit geführt [3].
LITERATUR
1. Águeda AF, Monti S, Luqmani RA, Buttgereit F, Cid M, Dasgupta B, Dejaco C, Mahr A, Ponte C, Salvarani C, Schmidt W, Hellmich B: Management of Takayasu arteritis: a systematic literature review informing the 2018 update of the EULAR recommendation for the management of large vessel vasculitis. RMD Open. 2019 Sep 23;5(2):e001020
2. Numano F: The story of Takayasu arteritis. Rheumatology (Oxford). 2002 Jan;41(1):103-6
3. Li Cavoli G, Mulè G, Vallone MG, Caputo F: Takayasu‘s disease effects on the kidneys: current perspectives. Int J Nephrol Renovasc Dis. 2018 Aug 15;11:225-233
Dieser Beitrag ist ursprünglich erschienen in: Nierenarzt/Nierenärztin 1/2024
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