Juckreiz, lass nach!

Viszeralmedizin 2023 Friederike Klein

Etablierte, zugelassene Medikamente zur Therapie des cholestatischen Juckreizes gibt es nicht. Etablierte, zugelassene Medikamente zur Therapie des cholestatischen Juckreizes gibt es nicht. © Prostock-studio - stock.adobe.com

Warum bei manchen cholestatischen Erkrankungen Pruritus entsteht, ist nicht geklärt. Egal welcher Genese: Cholestatischer Pruritus ist belastend und erfordert eine ­Therapie.

Etablierte, zugelassene Medikamente zur Therapie des cholestatischen Juckreizes gibt es nicht. Alle Optionen sind experimentell, erklärte PD Dr. Dr. ­Simon Hohenester­ von der Medizinischen Klinik und Poliklinik II der LMU München. Bei nicht-genetischen Cholestasesyndromen werden als Off-label-Optionen der ersten Wahl Bezafibrat (400 mg/d) oder – nur bei primärer biliärer Cholangitis (PBC) – Cholestyramin empfohlen. Der pan-PPAR-Agonist Bezafibrat führte in der placebokontrollierten BEZURSO-Studie bei etwa einem Drittel der teilnehmenden Patienten mit PBC und unzureichendem Ansprechen auf Ursodesoxycholsäure (UDCA) zu einem Komplettansprechen der PBC und reduzierte gleichzeitig die Juckreizintensität deutlich. Das Fibrat hatte allerdings auch bei jedem fünften Behandelten Myalgien zur Folge und es kam bei 5 % zu Nephro- und bei 6 % zu Hepatotoxizität. „Vertretbar“ nannte Dr. Hohenester das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Bezafibrat. Der Effekt der Substanz auf mittelschweren bis schweren cholestatischen Pruritus bei primärer oder sekundärer sklerosierender Cholangitis (PSC, SSC) und PBC wurde in der FITCH-Studie bestätigt. 45 % der mit Bezafibrat behandelten Patienten berichteten anhand einer visuellen Analogskala (VAS) mindestens eine Halbierung der Juckreizintensität, in der Placebogruppe war das nur bei 11 % der Fall. 

Der spezifische PPAR-Agonist Seladelpar normalisierte in der ENHANCE-Studie nicht nur die alkalische Phosphatase bei vielen Patienten mit PBC, sondern führte häufig auch zu einer Reduktion des Juckreizes. Die Studie musste allerdings früh beendet werden, weil unter Seladelpar in einer Studie in einer anderen Indikation relevante Sicherheitssignale beobachtet worden waren, die sich später als falsch herausstellten. Laut einer Pressemitteilung des forschenden Unternehmens, das Seladelpar entwickelt, bestätigt die Nachfolgestudie RESPONSE die Wirksamkeit der Substanz auf den cholestatischen Juckreiz. Hinweise auf eine prurituslindernde Wirkung gibt es auch für die PPAR-Agonisten Elafibranor und Saoglitazaar, sagte Dr. Hohenester und konstatierte: „Es scheint ein Substanzklasseneffekt zu sein.“

Einen anderen Wirkmechanismus hat Nalfurafin, ein κ-Opioid-Agonist, der in Japan zur Therapie bei hepatischem Juckreiz zugelassen ist. In einer randomisiert-kontrollierten Phase-3-Studie reduzierte Nalfurafin in zwei Dosierungen den hepatischen Juckreiz unterschiedlicher Ätiologie signifikant deutlicher als Placebo. In Deutschland ist Nalfurafin allerdings nicht verfügbar.

Eine neue Substanzklasse bei chronischem Pruritus stellen die Inhibitoren des ilealen Gallensäuretransports (engl. ileal bile acid transport, IBAT) dar. Bislang sind Vertreter dieser Substanzklasse zur Therapie des Alagille-Syndroms und der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase (PFIC) zugelassen, werden aber auch für andere Indikationen, u.a. PBC und PSC, weiterentwickelt. Odevixibat reduzierte bei Kindern mit PFIC nicht nur die Gallensäuren, sondern auch den Juckreiz signifikant im Vergleich zu Placebo, wobei der Effekt auf den Pruritus nicht dosisabhängig war. Auch Patienten mit Alagille sprachen in einer anderen Phase-3-Studie hinsichtlich des Juckreizes auf Odevixibat an, ergänzte Dr. Hohenester. Für Maralixibat bestätigte sich ebenfalls der juckreizmindernde Effekt bei Agille, PFIC und PSC, nicht aber bei PBC. „Einer für alle“ scheint also bei der Therapie des cholestatischen Pruritus nicht unbedingt zu gelten. 

Unabhängig von der Ätiologie sollten alle Patienten mit cholestatischem Juckreiz über Allgemeinmaßnahmen aufgeklärt werden. Die Hautpflege sollte der Hautbeschaffenheit angepasst werden und kann mit Menthol- oder Policanolzusatz erfolgen. Kühlende Umschläge oder kalte Bäder sowie eine eher niedrige Raumtemperatur können den Pruritus lindern. Entspannungs­übungen und Meditation helfen beim Coping. Betroffene sollten sich nur wohldosiert der Sonne aussetzen und bei der Ernährung potenzielle Trigger wie scharfes Essen meiden, riet Dr. Hohenester.

Quelle: Viszeralmedizin 2023

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