Chronischer Pruritus: Capsaicincreme gegen juckende Haut

Dr. Elke Ruchalla

Wenn ein Juckreiz mindestens sechs Wochen anhält, ist er chronisch. Wenn ein Juckreiz mindestens sechs Wochen anhält, ist er chronisch. © iStock/shayneppl

Schauen Sie sich bei Patienten mit chronischem Juckreiz die Haut genau an. Bereits ihr Zustand weist darauf hin, wo die Ursache zu suchen ist. Um den Pruritus zu lindern, muss man nicht gleich Tabletten schlucken.

Chronisch nennen Experten einen Juckreiz dann, wenn er sechs Wochen oder länger anhält. Spätestens dann sollten Sie auf Spurensuche gehen. Ein genauer Blick auf den Patienten hilft zur ersten Einschätzung, erklären Dr. Vincent­ Hoffmann vom Vivantes Klinikum im Friedrichshain in Berlin und seine Kollegen.

  • Beim Pruritus auf unveränderter Haut wirkt die Haut insgesamt gesund. Im Allgemeinen besteht eine internistische Erkrankung.
  • Bei Pruritus auf entzündlicher Haut sehen Sie dagegen entzündliche Läsionen. Es steckt meist eine primäre Dermatose dahinter.
  • Beim Pruritus bei chronischen Kratzläsionen schließlich erkennen Sie juckende Papeln, Knötchen oder Plaques, die unterschiedlich aussehen und unterschiedlich verteilt sind.

Beim Juckreiz ohne weitere Hautveränderungen sind den Autoren vor allem der neuropathische und der nephrogene Pruritus wichtig. Die neuropathische Form beginnt oft an einer umschriebenen Stelle des Körpers, z.B. an den Streckseiten der Arme oder am Rücken. Die Patienten beschreiben die Empfindungen als Stechen, Brennen oder Kribbeln. Häufig bessern sich die Beschwerden, wenn sie die Haut kühlen.

Capsaicincreme wirkt erst nach ein paar Tagen

Sie können Capsaicincreme verschreiben. Fangen Sie mit einer niedrigen Konzentration an – die Experten empfehlen 0,025 % – und gehen Sie damit ggf. hoch, wenn sich eine Besserung abzeichnet. Die kann allerdings ein paar Tage auf sich warten lassen. Bereiten Sie den Patienten darauf vor, dass er zunächst drei bis vier Tage cremen muss, bevor der Juckreiz nachlässt. Ist eine systemische Therapie notwendig, kommen Gabapentinoide oder Antidepressiva infrage.

Bei nephrogenem Pruritus besteht eine schwere chronische Nierenerkrankung, die mitunter dialysepflichtig ist. Vor allem, wenn die Blutwäsche das erste Mal notwendig wird, kann das quälende Jucken auftreten, und am stärksten ist es, so schildern Betroffene, während oder unmittelbar nach der Behandlung. Helfen kann eine Therapie mit UV-Licht. Gerade bei älteren Patienten ist das schonender als Medikamente. Wenn indiziert, kommen auch hier Gabapentin oder Pregabalin zum Einsatz, jeweils unmittelbar nach der Dialyse und nicht an dialyse­freien Tagen.

Mit Juckreiz zur Physio?

Bei neuropathischem Pruritus kann auch eine Physiotherapie Erfolg bringen. Der Juckreiz wird in diesen Fällen auf eine Kompression der dorsalen Spinalnervenwurzeln in den oberen thorakalen Segmenten zurückgeführt. Dementsprechend können Dehnungsübungen für die Muskeln von Brust und Schultergürtel Verspannungen lösen und so die Beschwerden bessern.

Besteht der Juckreiz schon länger als die Hautprobleme?

Der Pruritus auf entzündlich veränderter Haut kann bei nahezu jeder Dermatose auftreten. Typisch sind das atopische Ekzem und die chronische Urtikaria. In der Anamnese ist die Frage wichtig, ob der Juckreiz gemeinsam mit den Hautläsionen aufgetreten ist oder schon zuvor. Bei der Untersuchung hilft die Art der Läsionen bei der Differenzialdia­gnose. Juckende Papeln, urtikarielle Veränderungen und aufgekratzte Läsionen können ein Frühwarnzeichen für ein bullöses Pemphigoid darstellen. Grundsätzlich ist es ratsam, diese Patienten zum Dermatologen zu überweisen.

Herzrhythmusstörungen ausschließen

Ein Pruritus mit chronischen Kratzläsionen ist meist ein Zustand, der aus allen Krankheitsbildern der beiden erstgenannten Gruppen entstehen kann. Das Jucken hat sich quasi verselbstständigt und die eigentliche Ursache ist oft nicht mehr erkennbar. Wenn Sie sich der Diagnose sicher sind, sollten Sie eine multimodale und interdisziplinäre Therapie einleiten. Medikamentös kommen Antihistaminika, Steroide (systemisch oder lokal), Capsaicin und Immunmodulatoren infrage. Ebenso können Antidepressiva wie Paroxetin oder Mirtazapin helfen. Zuvor sollten Sie aber ein EKG anfertigen, um Herzrhythmusstörungen ausschließen zu können.

Quelle: Hoffmann V et al. Akt Dermatol 2019; 45: 294-305; DOI: 10.1055/a-0711-9717

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Wenn ein Juckreiz mindestens sechs Wochen anhält, ist er chronisch. Wenn ein Juckreiz mindestens sechs Wochen anhält, ist er chronisch. © iStock/shayneppl