Kombipräparate machen HIV-Therapie sehr wirksam

Dr. Barbara Kreutzkamp

Dass HI-Viren massenhaft T-Zellen zerstören, kommt dank moderner Therapie­möglichkeiten kaum noch vor. Dass HI-Viren massenhaft T-Zellen zerstören, kommt dank moderner Therapie­möglichkeiten kaum noch vor. © iStock/urfinguss

Die antiretrovirale Therapie beschert Patienten mit einer HIV-Infektion eine fast normale Lebenserwartung, und das bei guter Lebensqualität und fehlender Infektiosität. Möglich machen das hochwirksame Medikamentenkombinationen.

Die moderne antiretrovirale Therapie (ART) umfasst eine Kombination von Medikamenten, die aufgrund verschiedener Wirkmechanismen dem HI-Virus gleich auf mehreren Ebenen Paroli bieten, schreiben Privatdozentin Dr. Clara Lehmann vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung in Köln und Kollegen. Standard bei der Initialtherapie ist derzeit die Kombination von drei Medikamenten, bestehend aus zwei nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren plus einem Integrase-Inhibitor oder einem pharmakologisch geboosterten Protease-Inhibitor oder einem nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitor.

Die Dreierkombis werden heute oftmals als Fixpräparate angeboten, sodass der Patient nur noch eine Tablette täglich schlucken muss. Aktuellen Studien zufolge sind auch bestimmte duale Therapien der konventionellen Therapie durchaus ebenbürtig.

Mit den 2015 veröffentlichten Ergebnissen der START-Studie ist nun auch die Diskussion um den optimalen Therapiestart beendet. In jedem Fall sollte die Behandlung möglichst früh beginnen. Dabei dürfen aber durchaus einige Wochen vergehen, schreiben die Autoren. Manche HIV-Patienten bräuchten diese Zeit, um die Diagnose zu verarbeiten und sich für die lebenslange ART zu entscheiden. Nur bei Schwangeren sei zum Schutz von Mutter und Kind größere Eile geboten.

Therapiebeginn

Vor Therapiebeginn sollte eine Resistenztestung durchgeführt und Patienten mit fortgeschrittenem Immundefekt bei Erstdiagnose, die sogenannten „Late Presenter“, auf opportunistische Infektionen wie z.B. Tuberkulose untersucht werden. Zwar sollte auch in diesen Fällen – außer bei einer Kryptokokkose – die ART umgehend beginnen, allerdings unter engmaschiger Kontrolle der CD4-Zellzahl. Die könne bei diesen Patienten im Rahmen eines Immunrekonstitutionssyndroms (IRIS) nämlich rasch ansteigen, wodurch sich die klinische Symptomatik verschlechtere, erläutern die Infektiologen. Die Auswahl der Kombination orientiert sich u.a. an den Ergebnissen des Resistenztests, an Komorbiditäten und zu erwartender Adhärenz.

Liegen bestimmte zusätzliche Infektionen wie Hepatitis C oder Tuberkulose vor, sind boosterfreie Regimes indiziert. Bei den zunehmend älter werdenden Patienten limitieren kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteo­porose und eine mögliche Niereninsuffi­zienz den Einsatz mancher Medikamente. Zudem besteht auch ein Interaktionsrisiko mit anderen Arzneimitteln oder Phytopharmaka wie Johanniskrautpräparaten. Eine Übersicht hierzu findet sich auf hiv-druginteractions.org.

Therapieumstellung

Ein virologisches Versagen ist heute nur noch sehr selten. Eher sind – ausreichende Therapietreue vorausgesetzt – Resistenzen oder auch Arzneimittelwechselwirkungen wahrscheinlich. Therapieumstellungen aufgrund von Nebenwirkungen sind aufgrund der guten Verträglichkeit der Sub­stanzen nur selten notwendig. Gastrointestinale Beschwerden und milde ZNS-Störungen zu Behandlungsbeginn verschwinden meist nach zwei bis vier Wochen.

Erst bei länger andauernden Unverträglichkeiten wird das verdächtige Medikament ausgetauscht. Allzu häufig wechseln Ärzte allein aus Sorge vor unerwünschten Effekten auf Lipid- und Knochenstoffwechsel oder auf die Nieren virologisch erfolgreiche und gut verträgliche Medikamente aus, berichten die Autoren. Manchmal passiere das allein geleitet von Marketingaussagen.

Medikamentöse Prävention

Die gut verträglichen antiviralen Wirkstoffe sind mittlerweile auch für die HIV-Infektionsprophylaxe nutzbar. Eine Postexpositionsprophylaxe mit Tenofovirdisoproxil/Emtricitabin (TDF/FTC) plus Raltegravir oder Darunavir, beginnend innerhalb von maximal 72 Stunden und täglich über 30 Tage hinweg genommen, verhindert eine HIV-Infektion mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit.

Mit der täglichen Einnahme von TDF/FTC ist bei strenger Indikationsstellung eine Präexpositionsprophylaxe möglich. Denkbar ist auch die anlassbezogene Einnahme von TDF/FTC frühestens 24 Stunden und spätestens 2 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr und dann über 2 Tage danach. Der IPERGAY-Studie zufolge sinkt dadurch das Ansteckungsrisiko um 97 %.

Quelle: Lehmann C et al. Internist 2019; 60: 411-419; DOI: 10.1007/s00108-019-0564-0

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Dass HI-Viren massenhaft T-Zellen zerstören, kommt dank moderner Therapie­möglichkeiten kaum noch vor. Dass HI-Viren massenhaft T-Zellen zerstören, kommt dank moderner Therapie­möglichkeiten kaum noch vor. © iStock/urfinguss