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Kranke Schilddrüse spielt im Alter Versteck

Der Alterungsprozess macht nicht vor dem endokrinen System halt: Bei 10 % der über 80-Jährigen steigt der TSH-Wert auf mehr als 4,5 mU/l. Der basale TSH-Spiegel und das freie T3 (fT3) im Serum sinken, während die inaktive Form (reverse T3, rT3) sich erhöht. Nur der Gesamt- sowie fT4-Wert stagniert, schreibt Professor Dr. Klaus-Dieter Palitzsch, Chefarzt der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie und Innere Medizin am Klinikum Neuperlach in München.
In der Praxis gestaltet es sich oftmals schwierig, diese physiologischen Veränderungen von pathologischen zu unterscheiden. So können veränderte Symptome im höheren Lebensalter eine Schilddrüsenerkrankung maskieren (s. Tabellen). Auch schwerwiegende Komorbidiäten und Medikamente, z.B. Lithium oder Amiodaron, führen nicht selten zu einer Fehleinschätzung.
Ursache ist nicht selten eine falsche Hormondosis
Eine manifeste Hypothyreose zeichnet sich durch erniedrigte fT3 und fT4 und erhöhtes basales TSH aus. Altershypothyreosen treten am häufigsten im Rahmen einer Autoimmunthyreoditis vom Typ Hashimoto, einer inadäquat durchgeführten Substitutionstherapie mit Schilddrüsenhormonen, nach Schilddrüsenoperationen, Radiojodbehandlungen oder Thyreostatikatherapien auf. Sie haben einen schleichenden Verlauf.
Die Symptome werden fälschlicherweise häufig für alterungsbedingte Prozesse gehalten. Eine Hypothyreose verändert das Lipidprofil und erhöht dadurch das Risiko für eine Arteriosklerose sowie für kardiale Funktionsstörungen und neurophysiologische Veränderungen.
Der Autor rät, die Hormonsubstitution langsam mit initial 25 mg Levothyroxin pro Tag zu beginnen und nach vier bis sechs Wochen um 12,5–25 mg bis zum Ziel- und subjektiven Wohlfühlbereich des Patienten zu steigern. Bei über 60-Jährigen sollte der TSH-Spiegel zwischen 3–4 mU/l liegen, bei über 75-Jährigen zwischen 4–6 mU/l. Ob bereits im Falle einer subklinischen Hypothyreose eine Substitutionstherapie sinnvoll ist, wird bis dato kontrovers diskutiert. Falls keine Behandlung erfolgt, empfehlen Expertengruppen eine halbjährliche bis jährliche Kontrolle.
Zeichen einer Hyperthyreose | |
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≤ 50 Jahre | ≥ 70 Jahre |
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Bei Überbehandlung droht Herzinsuffizienz
Selbst asymptomatisch wirkt sich die Schilddrüsenüberfunktion auf das Herz und das Skelettsystem aus und kann unbehandelt zu einer linksventrikulären Hypertrophie bis hin zur Herzinsuffizienz und erhöhten Mortalität bzw. zu einer Osteoporose führen.Fachgesellschaften raten, Patienten über 60 Jahre mit einem TSH von weniger als 0,1 mU/l definitiv zu behandeln – falls sie herzkrank sind schon ab 0,4 mU/l. Eine Behandlung mit Thyreostatika (20–30 mg) dient in Kombination mit einem β-Blocker nur als Übergangsbehandlung, bis eine risikoarme Radiojodtherapie (Erfolgsquote 80–95 %) oder Schilddrüsenoperation durchgeführt werden kann. Eine thyreostatische Dauertherapie gilt als absolute Ausnahme für alte Menschen mit Kontraindikationen gegen die übrigen Behandlungsoptionen.
Quelle: Palitzsch KD. internistische praxis 2017; 58: 51-64
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