Wenn die Schilddrüse Ärger am Hals hat

Dr. Andrea Wülker

Können Thyreostatika nicht helfen, muss die Schilddrüse raus. Können Thyreostatika nicht helfen, muss die Schilddrüse raus. © fotolia/Werner

Wenn die Schilddrüsenfunktion gestört ist, steckt in den meisten Fällen eine Autoimmunerkrankung dahinter. Ultraschall und eine Antikörperanalyse geben Aufschluss darüber, ob es sich um eine Hashimoto-Thyreo­iditis oder einen Morbus Basedow handelt. Die Behandlung richtet sich vor allem nach der Schilddrüsenfunktion.

Die häufigste Autoimmunerkrankung der Schilddrüsen ist die Hashimoto-Thyreoiditis (HT). Ihre Pathogenese ist nicht vollständig geklärt. Faktoren wie ein hohes Alter sowie die Aufnahme von zu viel Jod und zu wenig Selen scheinen bei genetisch prädisponierten Menschen die Entstehung der Erkrankung zu fördern, schreiben Dr. Stephanie Allelein vom Universitätsklinikum Düsseldorf und Kollegen. In Europa nimmt die Prävalenz offenbar zu.

Bei der HT wird das Schilddrüsengewebe überwiegend durch autoreaktive zytotoxische T-Zellen zerstört. Zudem bilden sich Autoantikörper gegen Thyreo­peroxidase (TPO). Diese sind in Deutschland bei rund 7 % der Bevölkerung nachweisbar.

Zu Beginn der Erkrankung wird bei einem Teil der Hashimoto-Patienten eine Freisetzungshyperthyreose mit entsprechenden klinischen Zeichen der Schilddrüsenüberfunktion beobachtet. Anschließend infiltrieren autoreaktive T-Zellen die Schilddrüse, die allmählich das Schilddrüsengewebe abtöten. Bei manchen Patienten kommt es zu einer Atrophie.

Mit zunehmender Zerstörung des Organs produziert es immer weniger Schilddrüsenhormon, sodass sich innerhalb von Monaten bis Jahren schleichend eine latente und schließlich eine manifeste Hypothyreose entwickeln kann. Die Symptome der (latenten) Unterfunktion variieren stark: Die Beschwerden reichen von Müdigkeit, Depression, Kälteintoleranz, trockener Haut, Gewichtszunahme und Bradykardien bis hin zum Myxödem.

Szintigraphie meist nicht nötig

Eine Ultraschalluntersuchung der Glandula thyreoidea kann schon den ersten Hinweis auf eine HT geben. Typische Befunde sind ein echoarmes Parenchym mit spärlicher Vaskularisierung. Besteht die Erkrankung schon länger, finden sich zusätzlich ein inhomogenes Gewebe und ein kleines Schilddrüsenvolumen. Eine Szintigraphie ist normalerweise nicht nötig, auch eine Feinnadelpunktion und zytologische Untersuchung sind in der Regel nicht indiziert.

Wichtig ist eine Überwachung der Schilddrüsenhormone. Anfangs kann eine (latente) Hyperthyreose mit erniedrigtem TSH-Wert und normalen fT3- und ggf. leicht bis mäßig erhöhten fT4-Werten vorliegen. Im Lauf des Autoimmunprozesses entwickelt sich eine Hypothyreose mit erhöhten TSH-Spiegeln und die peripheren Schilddrüsenhormone nehmen ab. Zur weiteren Abklärung bei Hypothyreose oder bei typischem Ultraschallbefund sollten die TPO-Antikörper bestimmt werden. Typisch für die Hashimoto-Thyreoiditis sind erhöhte TPO- und seltener Thyreoglobulin-spezifische Antikörper.

Besteht bei der HT Therapiebedarf (s. Kasten), werden reine Levo­thyroxinpräparate bevorzugt, da T3-Präparate (auch in Kombination mit T4) verstärkt Nebenwirkungen hervorrufen können. Das Ziel der medikamentösen Behandlung ist ein TSH-Wert im Normbereich.

Wann Sie einen Hashimoto behandeln müssen

  • manifeste Hypothyreose
  • TSH-Wert über 8-10 µU/ml
  • TPO-Antikörper stark erhöht (fünf- bis zehnfach)
Die zweithäufigste autoimmune Schilddrüsenerkrankung ist der Morbus Basedow. Auch bei dieser Thyreopathie ist die Ätiologie nicht geklärt. Die Prädisposition ist polygenetisch. Der M. Basedow ist durch eine antikörpervermittelte Hyperthyreose gekennzeichnet: TSH-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK) binden an den N-terminalen Teil des TSH-Rezeptors, der dadurch in den meisten Fällen stimuliert wird. Infolgedessen kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von T3 und T4. Außer der Hyperthyreose kann als häufigste extrathyreoidale Basedow-Manifestation die typische Orbitopathie auftreten. Patienten mit M. Basedow klagen über Symptome der Schilddrüsen­überfunktion wie Gewichtsabnahme, Wärmeintoleranz, Durchfall, Nervosität und Tachykardie. Die endokrine Orbitopathie kann sich durch ein periorbitales Ödem, Augenbrennen, Sicca-Symptomatik oder vermehrten Tränenfluss bemerkbar machen.

Hormone alle zwei bis vier Wochen kontrollieren

Sonographisch finden sich beim M. Basedow häufig ein erhöhtes Schilddrüsenvolumen sowie ein diffus echoarmes, inhomogenes Parenchym mit deutlicher Hypervaskularisation. Eine Schilddrüsenszintigraphie ist für die Diagnostik meist nicht notwendig, da der Nachweis von TRAK sehr sensitiv und hochspezifisch ist. Anhand der TRAK-Werte lässt sich auch der Krankheitsverlauf voraussagen: Je stärker diese erhöht sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv. Eine manifeste Schilddrüsenüberfunktion erfordert eine Behandlung. Als Screeningparameter eignet sich der basal erniedrigte TSH-Wert. Für die initiale Therapie empfehlen die Autoren die Gabe von Thyreostatika vom Thioamidtyp (Thiamazol oder Carbimazol) oder von Propylthiouracil. Diese hemmen dosisabhängig die Synthese der Schilddrüsenhormone. Je nach Ausprägung der Hyperthyreose gibt man zu Beginn der Therapie üblicherweise:
  • Thiamazol 10–30 mg täglich
  • Carbimazol 15–45 mg täglich
Im Verlauf richtet sich die Dosis nach den freien peripheren Schilddrüsenhormonen, die man ein- bis zweimal pro Monat kontrollieren sollte. Zu den schwersten Nebenwirkungen durch Thyreostatika zählen Agranulozytose und Hepatitis, die meist in den ersten vier bis sechs Behandlungswochen auftreten. Daher sollten gerade zu Beginn der Therapie das Differenzialblutbild und die Leberwerte kontrolliert werden. Erfordert die Hyperthyreose z.B. aufgrund einer Tachykardie eine symptomatische Therapie, sollten selektive Betablocker verabreicht werden. Wenn trotz adäquater thyreostatischer Behandlung innerhalb von 12 bis 18 Monaten keine Remission erreicht wird, soll eine ablative Therapie des M. Basedow mit Radiojodtherapie oder Thyreoidektomie durchgeführt werden.

Quelle: Aus der Fachliteratur
Allelein S et al. Internist 2017; 58: 47-58

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