Gestörte Schilddrüsenfunktion sorgt für kardiale Probleme

Dr. Anja Braunwarth

Jetzt hat‘s das Herz am Hals. Jetzt hat‘s das Herz am Hals. © iStock/Shidlovski

Manifeste Hyper- und Hypothyreosen bekommen dem Herzen schlecht, weshalb man die Störungen rechtzeitig beheben sollte. Bei subklinischer Stoffwechsel­lage besteht aber nicht immer gleich Handlungsbedarf.

Je nachdem, ob nur der TSH-Wert den Normbereich verlassen hat oder auch die peripheren Schilddrüsenhormonwerte, unterscheidet man die subklinische von der manifesten Funktionsstörung. Abweichende TSH-Werte sind keine Seltenheit: Jeder zehnte Mensch bietet im Labor eine subklinische Hypothyreose, bis zu 12 % haben isoliert verminderte TSH-Werte.

Bei der subklinischen Hyperthyreose muss man differenzialdia­gnostisch nicht nur an Klassiker wie den M. Basedow denken. Zu den selteneren möglichen Ursachen gehören die Hypophyseninsuffizienz, Medikamente oder psychiatrische Erkrankungen, schreiben Dr. Ulrich Dischinger und Professor Dr. Martin Fassnacht von der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Würzburg. Die Wahrscheinlichkeit für eine spätere manifeste Überfunktion lässt sich aus der Höhe des TSH-Werts ableiten. Mit Spiegeln zwischen 0,1 und 0,29 mIU/ml liegt die Wahrscheinlichkeit über einen Zeitraum von sieben Jahren unter 1 %. Mit Werten < 0,1 mIU/ml klettert sie auf 20 %.

Hormonspiegel nach vier bis acht Wochen erneut messen

Für alle subklinischen Störungen gilt: Die einmalige Laborkonstellation genügt nicht für eine Diagnose, stattdessen müssen die Schilddrüsenparameter nach vier bis acht Wochen erneut bestimmt werden. Bestätigt sich eine subklinische Hyperthyreose (TSH < 0,1 ml/l), sollte man zuerst exogene und nicht primär thyreoidale Ursachen (z.B. T4-Überdosierung) ausschließen, ehe Sonographie, TSH-Rezeptor-Antikörpermessung und eventuell die Szintigraphie zum Einsatz kommen. Diese Untersuchungen werden bei der manifesten Überfunktion bereits initial eingesetzt. Bei der subklinischen Hypothyreose erfolgen Ultraschall und Thyreoperoxidase (TPO)-Antikörper-Test, die Szintigraphie spielt hier keine Rolle.

Die meisten Studien über den Zusammenhang zwischen pathologischen Schilddrüsenbefunden und dem Herzen haben nur Beobachtungscharakter. Sie können also keine Kausalität belegen, räumen die Autoren ein. Dennoch lässt sich festhalten, dass diese Veränderungen Einfluss auf das kardiovaskuläre System nehmen. So steigt das Mortalitätsrisiko mit zunehmendem fT4 erheblich an. 10–25 % der Patienten mit manifester Hyperthyreose haben ein – oft permanentes – Vorhofflimmern, das schlecht auf Konversionsversuche anspricht. Allerdings gelingt es bei 55–75 % der Betroffenen, durch eine Normalisierung des Stoffwechsels die dauerhafte Rückkehr in den Sinusrhythmus zu erzielen – vorausgesetzt, die Rhythmusstörung hat keine anderen Ursachen.

Kausale Assoziation mit pulmonaler Hypertonie?

Die Effekte von T4 bzw. T3 (siehe Kas­ten) bergen auch die Gefahr, eine Herzinsuffizienz zu induzieren oder zu verschlimmern. Im Gegensatz zur klassischen Kardiomyopathie ist bei der Hyperthyreose der Auswurf vermehrt und der systolische Blutdruck erhöht. Außerdem besteht eine größere atriale Arrhythmiegefahr. Für die manifeste Hypothyreose und schwerere subklinische Störungen (TSH mindestens 10 mIU/l oder < 0,10 mIU/l) ließ sich ein vermehrtes Risiko für ein akutes Herzversagen zeigen.

Was Triiodthyronin im Körper macht

Bei manifester Hyperthyreose steigert T3 den Ruhepuls, das Schlagvolumen, die myokardiale Kontraktilität sowie die Ejektionsfraktion (EF). Darüber hinaus verringert es die renale Perfusion und aktiviert damit das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). In der Hypothyreose kommt es zur Erhöhung von systemischem vaskulärem Widerstand und Nachlast, wodurch kardiale Kontraktilität und EF sinken. Der periphere arterielle Widerstand nimmt zu, der Blutdruck steigt. Die herabgesetzte Aktivität des RAAS sowie Reduktion von Blutvolumen und Vorlast tragen zur Minderung der EF bei. Da T3 normalerweise auch die Sekretion von Erythropoetin fördert, kann sich durch die Unterfunktion eine normochrome, normozytäre Anämie entwickeln. Zudem ändert sich der Fettstoffwechsel mit Erhöhungen von Gesamtcholesterin und LDL.

Die manifeste Hypothyreose ist zudem mit einer erhöhten KHK-Mortalität verbunden. Studien zur subklinischen Unterfunktion ergaben dagegen widersprüchliche Resultate. Klinisch relevant ist der Zusammenhang nach Einschätzung der Autoren wahrscheinlich erst bei TSH-Werten über 10 mIU/l. Einen kausalen Zusammenhang vermuten die Experten darüber hinaus zwischen pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) und überaktiver Schilddrüse. Dafür spricht unter anderem, dass sich die PAH in der Euthyreose wieder zurückbilden kann. In der exogenen Pathogenese hat nach wie vor Amiodaron große Bedeutung. Bei 15–20 % der Betroffenen beeinträchtigt das Medikament die Schilddrüse und kann dabei sowohl zur Hypo- als auch zur Hyperthyreose führen. Schwächelt die Drüse, kann man substituieren und die antiarrhythmische Therapie fortsetzen. Bei einer amiodaroninduzierten Hyperthyreose raten die Autoren zum Absetzen, falls es aus kardiologischer Sicht vertretbar ist. Was die Therapie angeht, besteht natürlich kein Zweifel am Sinn der L-Thyroxingabe bei manifester Unterfunktion. Bei der subklinischen Hypothyreose herrscht noch Uneinigkeit. Die Würzburger Kollegen konstatieren eine aktuell etwas zu großzügige Verordnung des Hormons. Sie selbst starten damit erst ab einem TSH-Wert von 10 mIU/l. Die subklinische Hyperthyreose in Begleitung einer Herzerkrankung verlangt ein differenziertes Vorgehen. Beruht ein konstantes TSH zwischen 0,1 und 0,39 mIU/l auf einer Autonomie, wird die Radiojodtherapie empfohlen. Steckt ein M. Basedow dahinter, setzt man bei Patienten unter 65 Jahren Betablocker ein, bei älteren eine thyreostatische Therapie. Die Operation bietet bei gro­ßer Struma, Verdacht auf Malignom oder begleitendem Hyperparathyreoidismus eine Option. 

Schutzmaßnahme funktioniert nicht

Eine besondere Situation stellt das Low-T3-Syndrom dar. Dieser isolierte T3-Abfall findet sich gehäuft bei (kardial) schwer kranken Patienten, man vermutet dahinter einen physiologischen Adaptationsmechanismus zum Schutz von Herz und Kreislauf. Statt vor Schaden zu bewahren, erhöht diese T3-Minderung die Mortalität. Gerade für Dialysepatienten ließ sich ein Zusammenhang des Syndroms mit dem plötzlichen Herztod belegen.

Quelle: Dischinger U, Fassnacht M. Internist 2018; 59: 668-673

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