Subklinische Hyperthyreose kann Herz, Knochen und Hirn unbemerkt schädigen

Dr. Andrea Wülker

Schon die subklinische Hyperthyreose kann klinische Konsequenzen haben. Schon die subklinische Hyperthyreose kann klinische Konsequenzen haben. © iStock/ChrisChrisW

Gerade bei älteren Menschen kann eine subklinische Hyperthyreose die kardiale und die Knochengesundheit negativ beeinflussen. Der Trend geht daher dahin, früh einzugreifen.

Eine 65-jährige Patientin wird wegen Osteoporose mit Bisphosphonaten behandelt und hat ein Vorhofflimmern in der Anamnese. Sie gibt keine schilddrüsentypischen Beschwerden an, der Puls liegt bei 80/min, das EKG bietet aktuell keine Auffälligkeiten. Doch ihr linker Thyroidealappen ist vergrößert, ihr TSH erniedrigt bei normalem T4. Wie behandeln Sie diese Frau?

Schon die subklinische Hyperthyreose kann klinische Konsequenzen haben, betonen Dr. Bernadette Biondi von der Abteilung für Klinische Medizin und Chirurgie der Universität Neapel und Kollegen. Ältere Menschen mit dieser Störung sind meist asymptomatisch, aber bei jüngeren können leichte adrenerge Symptome auftreten.

Manchmal fällt bei der körperlichen Untersuchung eine vergrößerte bzw. knotige Schilddrüse oder auch eine endokrine Ophthalmopathie auf, doch Tachykardie, Tremor und andere adrenerge Zeichen einer Schilddrüsenüberfunktion fehlen häufig. Der subklinischen Hyperthyreose liegt entweder eine erhöhte Produktion endogener Schilddrüsenhormone oder eine übermäßige Zufuhr exogener zugrunde.

In 40 % heizt der Basedow subklinisch ein

Zu den häufigen endogenen Ursachen der Schilddrüsenstörung zählen toxische Knotenstruma oder toxisches Adenom sowie der M. Basedow. Letzterer zeichnet in Populationen mit ausreichender Jodversorgung für 40 % der Fälle verantwortlich. Die exogene Variante liegt weitaus häufiger vor als die endogene, betonen die Autoren. Sie unterscheiden zwischen einer leichten subklinischen Hyperthyreose (Serum-TSH: 0,1–0,4 mU/l) und einer schweren subklinischen Hyperthyreose (Serum-TSH: unter 0,1 mU/l). Die schweren Fälle enden in der Regel in einer manifesten Überfunktion.

Die Diagnose basiert auf Laboruntersuchungen – wobei zu bedenken ist, dass auch andere klinische Situationen das TSH erniedrigen können. Dazu zählen u.a. schwere nicht-thyreoidale Erkrankungen, manche Medikamente (z.B. Dop­amin oder hohe Glukokortikoiddosierungen), psychiatrische Erkrankungen und Schwangerschaft (Ende des ersten Trimesters).

Mögliche klinische Konsequenzen

  • Progression zur manifesten Hyperthyreose
  • Kardiovaskuläre Erkrankungen
    Die schwere subklinische Hyperthyreose kann mit Sinustachykardie, diastolischer Dysfunktion und (supra)ventrikulären Extrasystolen einhergehen. Außerdem ist das Risiko für Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz, schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse und KHK-bedingten Tod bei diesen Patienten signifikant erhöht.
  • Osteoporose und Frakturen
    Patienten mit schwerer endogener subklinischer Hyperthyreose haben ein deutlich erhöhtes Risiko für osteoporotische Frakturen. Das gilt einigen Studien zufolge auch für leichte Störungen sowie für die exogene milde Überfunktion mit einem Serum-TSH unter 0,03 mU/l. Dann steigt zudem die frakturbedingte Mortalität.
  • Demenz
    Bei über 70-jährigen Patienten mit schwerer subklinischer Hyperthyreose zeigte eine prospektive Kohortenstudie ein höheres Demenzrisiko als bei gleichaltrigen Schilddrüsengesunden.

Bei jedem Zweiten erholt sich das TSH spontan

Bei Patienten mit TSH-Werten unter 0,1 mU/l ohne manifeste Schilddrüsenüberfunktion sollte man die Parameter nach 2–3 Monaten erneut bestimmen. Bei bis zu 50 % der Patienten erholt sich das TSH spontan, insbesondere wenn eine leichte subklinische Hyperthyreose vorlag. Falls das verminderte TSH persistiert, sollten weitere Untersuchungen zur Ursachenklärung erfolgen, beispielsweise eine Bestimmung von TSH-Rezeptor-Antikörpern, eine Farbdopplersonographie der Schilddrüse oder eine Szintigraphie. Es gibt kaum Daten dazu, wie sich eine Therapie bei Patienten mit zuvor nicht behandelter subklinischer Hyperthyreose auswirkt. Nicht kontrollierte Studien zeigten Besserungen verschiedener kardialer Parameter, wenn die Patienten mit Thyreostatika, Radiojod oder Betablockern behandelt wurden. Falls man sich zu einer Behandlung entschließt, lautet das Therapieziel, den TSH-Wert zu normalisieren. Da eine persistierende subklinische Hyperthyreose gerade bei älteren Menschen zu unerwünschten Effekten führt, empfehlen Fachgesellschaften eine Behandlung der schweren und eventuell auch der leichten subklinischen Hyperthyreose in der Altersgruppe über 65 Jahre, auch wenn es keine harte Evidenz für einen Nutzen gibt. Im eingangs geschilderten Fall bedeutet das: therapieren, wenn die Schilddrüse nicht von selbst ihre Arbeit nach 2–3 Monaten gebremst hat. Bei vorbestehender Hypothyreose sollte die Levothyroxindosis gesenkt werden. Die endogene subklinische Schilddrüsenüberfunktion kann mit Thiamazol oder Radiojod behandelt werden. Eine Operation bleibt Patienten mit großen Strumen und Kompressionssymptomen, begleitendem Hyperparathyreoidismus oder Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom vorbehalten. 

Quelle: Biondi B et al. N Engl J Med 2018; 378: 2411-2419

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Schon die subklinische Hyperthyreose kann klinische Konsequenzen haben. Schon die subklinische Hyperthyreose kann klinische Konsequenzen haben. © iStock/ChrisChrisW