Cartoon Medizin und Markt

LOLA hält das Hirn intakt

Dr. Angelika Bischoff

Ammoniakentgiftung forcieren, hepatische Enzephalopathie ausbremsen. Ammoniakentgiftung forcieren, hepatische Enzephalopathie ausbremsen. © iStock/FrankRamspott; MT

Die hepatische Enzephalopathie als Folge einer Leberzirrhose zeichnet sich durch eine hohe Morbidität und Mortalität aus. Als evidenzbasierte Therapieoptionen stehen Lactulose, Rifaximin und L-Ornithin-L-Aspartat, kurz: LOLA, zur Verfügung.

Die steigende Inzidenz der Leberzirrhose ist in erster Linie auf die übergewichtsbedingte Zunahme der hepatischen Steatosen zurückzuführen. Schon 70–80 % der adipösen Kinder weisen eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) auf. Die Bedeutung von Virushepatitiden als Ursache der Zirrhose hingegen hat abgenommen; diese Erkrankungen hat man heutzutage recht gut durch Impfungen und direkt antiviral wirkende Medikamente im Griff. Auch übermäßiger Alkoholkonsum spielt anteilsmäßig eine zunehmend geringere Rolle.

Dennoch müssen alle diese Ursachen und einige andere, seltenere Gründe wie die Hämochromatose differenzialdiagnostisch im Blick behalten werden, sagte Professor Dr. Dr. ­Manfred ­Gross vom Internistischen Klinikum München Süd.

„Unabhängig von der Ursache haben wir zehn bis zwanzig Jahre Zeit, um bei der Entstehung einer Leberzirrhose einzugreifen“, beschrieb der Referent. Bis dann zirrhosebedingte Komplikationen wie die hepatische Enzephalopathie eintreten, vergehen noch einmal fünf bis zehn Jahre. Diese Folgeerkrankung ist eine potenziell reversible Funktionsstörung des Gehirns, die sich aufgrund der unzureichenden Entgiftungsfunktion der Leber entwickelt, erläuterte der Experte. Durch Ammoniak, entzündliche Prozesse und oxidativen Stress werden eine Schwellung der Astrozyten und ein Hirnödem ge­triggert.

Messung des Ammoniakspiegels nicht sinnvoll

Die Symptome der manifesten Erkrankung reichen je nach Schweregrad von Müdigkeit, Rechenschwäche über Lethargie und Verwirrtheit bis hin zum Koma. Es gibt auch eine minimale Form, der man nur durch spezielle Testverfahren auf die Spur kommt. Aber auch die neuropsychometrischen Veränderungen der minimalen hepatischen Enzephalopathie sind keineswegs harmlos, stellte der Referent klar. Diese Patienten verursachen zum Beispiel deutlich mehr Verkehrsunfälle.

Bei entsprechendem Verdacht helfen Zahlenverbindungstest, Liniennachfahrtest oder Animal-Naming-Test, neuropsychiatrische Defizite frühzeitig aufzudecken. Den Ammoniakspiegel zu messen ist nicht sinnvoll, da er nicht gut mit dem Grad der hepatischen Enzephalopathie korreliert.

Keine Proteinrestriktion, keine Fastendiät!

Patienten mit hepatischer Enzephalopathie benötigen eine hochkalorische Ernährung, die reich an pflanzlichen Proteinen und Ballaststoffen ist, mit mindestens vier bis sechs Mahlzeiten täglich. Weil die Leber kein Glykogen mehr speichern kann, sollten die Patienten keine Fastenpausen machen. Ansonsten wird Muskeleiweiß abgebaut, um Energie zu gewinnen.

Zur Behandlung der Hirnfunktionsstörung stehen drei Medikamente zur Verfügung. Das synthetische Disaccharid Lactulose fördert die Säureproduktion durch Bifidumbakterien im Darm. Es kommt zu vermehrtem Wassereinstrom, was den Stuhlgang erleichtert und die Darmpassage beschleunigt. Durch den niedrigeren pH-Wert im Darmlumen kommt es zur Protonierung von Ammoniak zu Ammonium, das schlecht resorbiert wird. Zudem verringert sich der Anteil ammoniak-bildender Bakterien. Unterm Strich gelangt so weniger Ammoniak ins Blut. Lactulose kann akut eingesetzt werden, sie verringert auch die Rezidivrate. Doch in der Dauerbehandlung ist die Therapietreue infolge der gastrointestinalen Nebenwirkungen – Übelkeit, Meteorismus, Flatulenz – oft schlecht. Das schwer resorbierbare Antibiotikum Rifaximin moduliert das Darmmikrobiom in einer günstigen Weise. In der Folge wird u.a. weniger Ammoniak gebildet und die Endotoxinspiegel in der Pfortader sinken. Zugelassen ist das Medikament nur zur Sekundärprophylaxe. Seine Wirksamkeit wurde bislang lediglich in der Kombination mit Lactulose nachgewiesen. L-Ornithin-L-Aspartat (LOLA) aktiviert die Ammoniakentgiftungsfunktion der Leber, indem Ornithin den Harnstoffzyklus aktiviert und Aspartat die Glutaminsynthese in Leber, Gehirn und Muskulatur stimuliert. Über diesen dualen Wirkmechanismus wird mehr Stickstoff ausgeschieden, der Blutammoniakspiegel sinkt. Zu­gelassen ist der Wirkstoff zur Behandlung der akuten und latenten hepatischen Enzephalopathie. Im Krankenhaus erhalten die Patienten 20–40 g pro Tag intravenös. Die orale Dauertherapie erfolgt mit dreimal 6 g täglich. Auch bei minimaler hepatischer Enzephalopathie verbessert LOLA mentale Funktion und Alltagsaktivität, halbiert das Risiko für die Progression zur manifesten Erkrankung und senkt die Rezidivrate. Dies ist besonders wichtig, weil jeder Krankheitsschub das kognitive Defizit kumulativ vergrößert.

Interesse an CME-Fortbildung mit Medical Tribune?

Termine, Themen und Anmeldung unter:
www.medical-tribune.de/fortbildung oder per E-Mail:
veranstaltung@medical-tribune.de

Quelle: Medical Tribune Fortbildung kompakt Allge­meinmedizin/Innere Medizin am 26.09.2020 in München, unterstützt von Merz Pharmaceuticals GmbH

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Ammoniakentgiftung forcieren, hepatische Enzephalopathie ausbremsen. Ammoniakentgiftung forcieren, hepatische Enzephalopathie ausbremsen. © iStock/FrankRamspott; MT