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Menschen mit Alkoholproblem aus der Abhängigkeit helfen

Der aktuelle Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung macht deutlich, dass schädlicher Alkoholkonsum und Abhängigkeit keine Randerscheinungen sind. Etwa jeder fünfte 18- bis 59-jährige Bundesbürger pflegt einen riskanten Konsum (Frauen > 0,33 l Bier oder > 0,125 l Wein/d; Männer > 0,5 l/d Bier oder 0,25 l/d Wein mit jeweils 2–3 trinkfreien Tagen/Woche).
Bei jeweils rund 3 % liegt ein schädlicher Gebrauch (Fortsetzung des Alkoholkonsums trotz bereits eingetretener negativer Folgen) oder eine Alkoholabhängigkeit vor. Pro Jahr stirbt in Deutschland einer von sieben Männern und eine von 13 Frauen an den Folgen des Trinkens, mahnen Dr. Jan Malte Bumb und Dr. Anne Koopmann vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.
Klinik und Labor genügen nicht für die Diagnose
Der klinische Eindruck des Patienten und die typischen Laborkonstellationen (Transaminasen, Gamma-GT, MCV, Carbohydrate-deficient transferrin) können einen Verdacht aufkommen lassen – entscheidend für die Diagnose ist aber das direkte Gespräch mit dem Patienten unter Berücksichtigung der Kriterien für Abhängigkeitserkrankungen (zum Beispiel nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, DSM-5 – s. Kasten).
Alkoholabhängigkeit/Alkoholkonsumstörung nach DSM-5
- Alkoholkonsum in größeren Mengen und länger als beabsichtigt
- hoher Zeitaufwand für Beschaffung, Konsum und Erholung von den Folgen
- anhaltender Wunsch (oder erfolglose Versuche), das Trinken zu verringern oder zu kontrollieren
- Craving oder starkes Verlangen nach Alkohol
- wiederholter Konsum, der zu einem Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen (Arbeit, Schule, Zuhause) führt
- fortgesetztes Trinken trotz dauernder sozialer Probleme, die dadurch ausgelöst oder verstärkt werden
- wiederholter Alkoholkonsum in Situationen, in denen er zu einer körperlichen Gefährdung führt
- Aufgabe oder Einschränkung von wichtigen sozialen, beruflichen oder Freizeitaktivitäten aufgrund des Alkoholkonsums
- fortgesetztes Trinken trotz Kenntnis von anhaltenden körperlichen oder psychischen Problemen, die wahrscheinlich dadurch bedingt sind oder verstärkt werden
- Toleranzentwicklung
- Entzugssymptome ≥ 2 Kriterien in 12 Monaten: Alkoholkonsumstörung
- 2–3 Kriterien: leicht
- 4–5 Kriterien: mittel
- ≥ 6 Kriterien: schwer
Symptome lindern nur unter täglicher Kontrolle
Zur Minderung von Entzugssymptomen ist in Deutschland Clomethiazol (meist 2 Kapseln alle 2–4 Stunden, maximal 24 pro Tag) zugelassen – allerdings nur für die stationäre Behandlung. Alternativ können Benzodiazepine (off label) oder die Kombination Tiaprid/Carbamazepin zum Einsatz kommen. Wichtig: tägliche ärztliche Kontrollen, um ggf. die Dosis anzupassen und frühzeitig auf Komplikationen zu reagieren. Bei starken Blutdruckerhöhungen im Rahmen des Entzugs hilft Clonidin. Zum Alkoholentzugsdelir kommt es relativ selten – es kann aber tödlich enden und muss daher immer stationär behandelt werden (u. a. mit Antipsychotika). Schon beim geringsten Verdacht auf eine Wernicke-Enzephalopathie (Ataxie, Augenmuskelstörungen, Bewusstseinsstörungen) sollten die Patienten über mindestens fünf Tage Thiamin-Kurzinfusionen (2 x 300 mg/d) erhalten. Nach der körperlichen Entwöhnung gilt es, eine geeignete Nachsorge zur Stabilisierung zu finden. Dies kann je nach Situation eine mehrmonatige stationäre Therapie sein – oder auch nur regelmäßige Termine in suchtmedizinischen Spezialambulanzen, Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen. Auch eine medikamentöse Rückfallprophylaxe kann in Erwägung gezogen werden (s. Tabelle). Die Psyche darf natürlich ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden – hier gibt es zahlreiche psychotherapeutische Behandlungsansätze, um Rückfällen vorzubeugen.Medikamentöse Rückfallprophylaxe | ||||
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Wirkstoff | Wirkweise | Einfluss von Alkohol | Dosierung | Sonstiges |
Acamprosat | Glutamatmodulator | erhöht nicht die Toxizität von Alkohol | < 60 kg: 4 x 333 mg > 60 kg: 3 x 666 mg | Beginn direkt nach Abklingen der Entzugssymptomatik, günstiges Nebenwirkungsprofil (initial Diarrhö), bei Niereninsuffizienz kontraindiziert |
Naltrexon | µ-Opiatrezeptorantagonist | erhöht nicht die Toxizität von Alkohol | 50–100 mg/Tag (für mindestens 12 Wochen) | gut verträglich (initial Übelkeit), nicht mit opioidhaltigen Pharmaka kombinieren! |
Disulfiram | blockiert Acetaldehyddehydrogenase → Anreicherung von Acetaldehyd bei Alkoholkonsum | unangenehme Symptome bei Alkoholkonsum (z.B. Kopfschmerz, Übelkeit, Flush, Erbrechen) | Tag 1: 1,5 g, Tag 2: 1 g, ab Tag 3: 0,5 g | durch den Arzt supervidierte Gabe im Rahmen eines individuellen Therapieversuches (off label wegen Rückgabe der Zulassung), zahlreiche Kontraindikationen (z.B. KHK, Herzrhythmusstörungen, zerebrale Durchblutungsstörungen, Hypothyreose) |
Nalmefen | partieller Opiatantagonist | zum Erreichen einer Trinkmengenreduktion zugelassen | bei Bedarf in Risikosituationen orale Einzeldosis 18 mg | nicht mit opioidhaltigen Pharmaka kombinieren! |
Baclofen | GABA-B-Rezeptor-Agonist | - | schleichende Eindosierung unter Monitoring des klinischen Zustandes (Beginn 15 mg/d bis max. 300 mg/d) | Einsatz off label, Vorsicht bei Nierenfunktionsstörungen |
Quelle: Bumb JM, Koopmann A. InFo Neurologie & Psychiatrie 2018; 20: 40-45
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